Christian Schulze Icking-Riddebrock (55) hat rund sechs Hektar Hanf im Norden von Ahaus gepflanzt. Der Acker zieht Jugendliche magisch an, die ein Selfie mitten zwischen den charakteristischen Pflanzen machen wollen.

© Stephan Rape

Hanfplantage gedeiht in Ahaus – Drogenproduktion in Averesch?

rnBesondere Zwischenfrucht

Sechs Hektar Hanfpflanzen stehen im Norden von Ahaus auf einem Acker. Völlig legal, denn ein Landwirt experimentiert dort gerade. Auch die Polizei hatte das Feld schon im Visier.

Ahaus

, 21.10.2021, 18:08 Uhr / Lesedauer: 3 min

Fast schon aufdringlich unauffällig stehen die Pflanzen auf einem Acker im Norden von Ahaus. Gut 1,50 Meter groß, tiefgrün und mit auffälligen, ja schon charakteristischen, siebenfingrigen Blättern. Hanfpflanzen. Ein ganzer Acker voller Hanfpflanzen. Sollte da ein Landwirt ganz groß in die Drogenproduktion eingestiegen sein?

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Christian Schulze Icking-Riddebrock muss laut lachen. Der Landwirt hat das Feld angelegt. „So offensichtlich wäre das ja schon fast wieder eine gute Tarnung, oder?“, fragt er gut gelaunt. Und gibt zu: „Ja klar, das ist Hanf.“ Gut sechs Hektar hat er angepflanzt. Im nächsten Jahr plant er sogar, die Fläche noch zu verdoppeln.

Keine Verwechslung möglich: Auf sechs Hektar Fläche gedeihen im Ahauser Norden die Hanfpflanzen. THC enthalten sie trotzdem nicht.

Keine Verwechslung möglich: Auf sechs Hektar Fläche gedeihen im Ahauser Norden die Hanfpflanzen. THC enthalten sie trotzdem nicht. © Stephan Rape

„Die Pflanzen haben aber keinen THC-Wirkstoff“, sagt er. Erst dieser Stoff, der eben aus Hanf gewonnen wird, lässt sich später zu Marihuana oder Cannabis verarbeiten. In den Pflanzen von Christian Schulze Icking-Riddebrock wurde er aber herausgezüchtet.

Polizei hat schon nach dem Hanffeld gefragt

Tatsächlich habe die Polizei schon auf dem Hof der Familie angehalten und nach den Pflanzen gefragt. Die Beamten seien dann nach einigen Erklärungen aber relativ schnell wieder abgezogen.

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Schließlich sei die Anpflanzung ja auch komplett dokumentiert. „Da sind gut und gerne zwei Tage Arbeit am Schreibtisch für draufgegangen“, überschlägt Christian Schulze Icking-Riddebrock. An mehreren Stellen sei der Anbau registriert und genehmigt worden. Etwa bei der Landwirtschaftskammer. Denn die Herkunft und Art der Pflanzen musste er exakt nachweisen. Und dabei natürlich zuallererst, dass sie keinen Wirkstoff enthalten. „Der lässt sich bei diesen Pflanzen auch nicht mehr hineinzüchten“, fügt er hinzu.

Hanf soll zusätzliche Erlöse als Zwischenfrucht einbringen

Also welchen Nutzen hat der Hanf? „Ich hab ihn als Zwischenfrucht ausgesät“, erklärt der 55-jährige Landwirt. Zwischen zwei Hauptfrüchten – Getreide oder Mais beispielsweise – würde er ohnehin eine Zwischenfrucht säen. „Normalerweise Raps oder Senf“, sagt Christian Schulze Icking-Riddebrock. Der Hanf sei nun ein Experiment.

Die Saatkosten seien nicht exorbitant höher. „Ungefähr das Doppelte des herkömmlichen Preises“, erklärt er weiter. Der Vorteil sei aber, dass er einige hundert Euro pro Hektar Einnahmen erzielen könne. Wenn der Hanf gut wächst, können die Fasern in der Textilindustrie verwendet werden.

„Dazu muss aber auch wirklich alles klappen“, sagt der Wessumer. Er kenne Kollegen, die hätten elf Hektar gesät, konnten am Ende aber nur einen Hektar ernten. „Dann rechnet sich das Ganze natürlich nicht mehr“, fügt er hinzu. Auf seinem Acker könne aber wohl nicht mehr allzu viel passieren. Die Pflanzen hat er Anfang August kurz nach der Ernte ausgesät. Mit der Ernte rechne er nach den ersten tieferen Frösten in einer Trockenphase. „Vielleicht im Februar“, sagt er.

Ernte wird in Ostdeutschland zu Fasern verarbeitet

Ein Lohnunternehmer werde die Pflanzen dann mähen und zu Ballen pressen. Die werden dann gesammelt und zum Verwerter nach Ostdeutschland gebracht. Denn noch ist der Hanf hier in der Region recht selten. „Ich weiß von einem Landwirt in Rhede und von einigen Kollegen im Teutoburger Wald, die das auch anpflanzen“, sagt er. Es sei eben noch ein Experiment.

Sollte das alles nicht klappen, könne er die Pflanzen immer noch unterpflügen. Denn auch so haben sie einen großen Vorteil für ihn: Die Nährstoffe werden nicht so leicht aus dem Boden ausgewaschen. Und er kann die Flächen einmal mehr düngen. „Und die Gülle unterzubringen ist ja auch immer ein Problem“, sagt er.

Sein Sohn habe ihn auf die Idee gebracht. In einem Fachmagazin habe der über den Hanfanbau für die Textilindustrie gelesen. „Und die Pflanze passt in unser System“, sagt er. Sie nehme ihm keine Frucht weg. Auch wenn es sich bei dem Hanf natürlich ganz klar um ein Nischenprodukt handele. „Wenn das jetzt jeder machen will, ist der Markt bald zu“, macht er deutlich. Auch würden sich längst nicht alle Flächen für den Hanf eignen.

Hanf käme für etwa 30 Hektar Fläche in Frage

Christian Schulze Icking-Riddebrock bewirtschaftet rund 100 Hektar landwirtschaftliche Flächen, betreibt Ackerbau und Schweinemast. Für den Hanf kommen bestenfalls etwa 30 Hektar in Frage. Ob er die in Zukunft aber komplett mit Hanf bepflanzen will, lässt er im Moment noch offen. Das funktioniere auch nicht in jedem Jahr.

Derweil wird eine Gruppe ganz besonders von dem Acker angezogen: Jugendliche, die Selfies mitten zwischen den Hanfpflanzen machen wollen. „Die laufen mir richtige Gänge in den Acker“, sagt Christian Schulze Icking-Riddebrock. Für einen Moment zuckt ihm ein mürrischer Gesichtsausdruck um die Mundwinkel. Denn jeder Meter der Pflanzen, der plattgetrampelt wird, fehlt am Ende bei der Ernte. Aber damit müsse er eben leben. Dennoch möchte er niemandem auf die Nase binden, wo genau der Acker liegt.

Insgesamt sei er allerdings fast verwundert, wie wenig Resonanz der Hanfacker ausgelöst hat. Nur vereinzelt hätten ihn Nachbarn oder Radfahrer auf die Pflanzen angesprochen. „Vielleicht, weil die Menschen einfach keinen Blick für die Natur mehr haben“, sagt er. Schließlich seien die Pflanzen ja schon sehr auffällig.