
© Markus Gehring
Gut gemachte Klassiker begeistern im „Haus im Flör“
Restaurant-Check
Im „Haus im Flör“ geht der kulinarische Blick schon wegen der internationalen Hotelgäste über den regionalen Tellerrand. Der Küchenchef wagt bei seinen Gerichten die Verbindung. Und punktet.
Ein Dienstagabend im Januar. Vom gut gefüllten Parkplatz am „Haus im Flör“ laufen wir eilig durch Wind und Regen zur Eingangstür und haben nur einen kurzen Blick für das Walmdach-Gebäude übrig. Macht einen gemütlichen Eindruck. Drinnen werden wir freundlich vom Service begrüßt und zu unserem reservierten Tisch geführt.

Nicht überladen eingedeckt sind die Tische im Restaurant. Der schottische Landhausstil wird mit Bildern und weiteren Antiquitäten abgerundet, jede Eckbank hat eine eigene Kaminuhr. © Markus Gehring
So ganz kann ich auf Anhieb das Interieur nicht einordnen. Es vermittelt aber direkt ein behagliches Gefühl mit seiner gelungenen Mischung aus gediegen und modern. Die Tische sind nicht überladen: Besteck, Servietten, Salz und Pfeffer und eine schlanke Vase mit einer einzelnen Rose. Keine Kerzen – aber mir fehlen sie nicht. Auf der in warmen Rot-Gold-Tönen bezogenen Eckbank an unserem Tisch steht eine alte Kaminuhr, an der Wand hängen kleine Ölgemälde. „Schottischer Landhausstil“ erfahre ich später. Ein Hauch vom schottischen Moor – passt gut zum nahe gelegenen Naturschutzgebiet Wacholderheide in Ottenstein-Hörsteloe.
Wir nehmen Platz und empfinden es als angenehm, dass der Abstand zwischen den Tischen genügend groß ist. Und nicht zu groß, um nicht mitzubekommen, dass es an einem der Nachbartische international zugeht. Dass Hotelgäste aus aller Welt im Haus im Flör zu Gast sind, ist der Speisekarte anzumerken. Der in den USA auf keiner Karte fehlende Caesar Salad fehlt ebenso wenig wie ein Thai-Curry-Gericht. Der Küchenchef verstehe es, seine internationalen Erfahrungen mit regionalen Spezialitäten in Einklang zu bringen, heißt es auf der Internetseite.
So überlegt meine Begleitung auch ernsthaft, gewohnte Pfade zu verlassen und statt seiner Lieblings-Vorspeise Rinderfilet-Carpaccio mal Thunfisch-Carpaccio mit Tom-Yam-Dressing auszuprobieren. Um am Ende doch auf Reibeplätzchen mit Räucherlachs, Zwiebelringen und Sahnemeerettich umzuschwenken. Caesar Salad oder eine Suppe – diese Entscheidung steht bei mir an. Das Pendel schlägt zur Waldpilzsuppe aus.

Duftete und schmeckte intensiv: die Waldpilzsuppe. © Anne Winter-Weckenbrock
Der Gruß aus der Küche wird schon kurz nach den ersten Getränken serviert und stillt den ersten Appetit. Er weckt schon einmal Vorfreude auf das Können des Kochteams, denn wir sind schon von der fein-schaumigen Kräuterbutter mit einer interessanten Geschmacksnote begeistert. Was sie genau ausmacht, können wir nicht herausschmecken. Aber genau deswegen geht man ja ins Restaurant: um überrascht zu werden.
Gerade als ich denke, dass vier Scheiben Baguette zu wenig sind für die Menge an Griebenschmalz und die Kräuterbutter, serviert die freundliche Kellnerin die Vorspeisen und bringt auch noch Baguette nach. In der Not geht es auch oft ohne Brot, aber nicht bei Schmalz und Butter.

Die Ringe aus roten Zwiebeln runden das Geschmackserlebnis ab bei der klassischen Räucherlachs-mit-Reibeplätzchen-Vorspeise. © Anne Winter-Weckenbrock
Die Waldpilzuppe duftet intensiv, und der Geschmack bestätigt den ersten sinnlichen Eindruck. Lecker, und nicht zu cremig. Die Croutons hätten nicht sein müssen, aber das ist ja Geschmackssache.
Meine Begleitung ist nach dem ersten Bissen von seiner anfänglichen Skepsis befreit: Ringe aus roten Zwiebeln passen perfekt zum Gericht. Der Räucherlachs ist üppig, aber nicht zu üppig, auf zwei frisch zubereiteten, dünnen Reibeplätzchen verteilt und ich habe Mühe, meiner Begleitung eine Probiergabel abschwatzen zu können. Vielleicht ist das Probieren vom Nachbarteller laut Knigge verboten, aber fürs Genießen umgehe ich solche Verbote gern.

Dunkles Holz bestimmt den Thekenbereich, die Spirituosen werden sparsam ins rechte Licht gesetzt. © Markus Gehring
Bei der Wahl der Hauptgänge – die Auswahl ist passend groß, nicht zu viel, nicht zu wenig – bleiben wir auch bei den Klassikern und lassen die Winterkarte links liegen. Wild-Liebhaber wären da sicher auf ihre Kosten gekommen, aber weil meine Begleitung ja schon aufs Carpaccio verzichtet hat, kommt jetzt das Pfeffersteak vom Rinderfilet an die Reihe. Das Thai-Curry mit Kokosmilch, gebratenenen Scampi und Lachs lacht mich an, aber das Zanderfilet gewinnt am Ende. Dies wird auf Steckrübenpüree und mit frittierten Möhren angeboten – hört sich interessant an. Dass meine Begleitung vor lauter Appetit auf Rinderfilet gar nicht so genau nach den Beilagen geschaut hat und erst Minuten später seine Bestellung von Röstkartoffeln auf Pommes ändert, ist für den Service kein Problem.

Das Zanderfilet auf einem Bett aus Steckrübenpüree und mit frittierten Möhren. Für den optischen Eindruck war der Dill gut, für den kulinarischen Genuss spielte er ebenso wie das Dekostück keine Rolle. © Anne Winter-Weckenbrock
Die Empfehlung für ein Viertel Weißburgunder, den wir uns zum Hauptgang teilen, passt. Der Wein ist fruchtig, trocken, die Säure gut eingebunden. Und passt hervorragend zu meinem Zander. Zwei Filets sind auf Steckrübenpüree gebettet, die gestreiften frittierten Möhren sind darüber drapiert und passen sich farblich an. Der grüne Dill setzt einen Kontrapunkt. Zusammen mit einem frittierten Dreieck bildet er die Deko. Kein großer Schnickschnack – reicht auch.
So kross wie sie aussieht, ist die Kruste ums Zanderfilet auch. Das Filet ist zart geblieben und zusammen mit der Sauce mit leichter Weißweinnote eine Wucht. Das Steckrübenpüree hat eine schöne Konsistenz und passt bestens zum Fisch. Allein die frittierten Möhren treffen nicht meinen Geschmack: Sie haben in der Fritteuse wohl ordentlich Fett gezogen, wie mir scheint. Ich schiebe sie zur Seite.

Das Rinderfiletsteak in Pfeffersauce war auf den Punkt medium gebraten und von hervorragender Qualität. © Anne Winter-Weckenbrock
Nichts bleibt übrig auf dem Teller meiner Begleitung. Die Pommes werden heiß und frisch serviert und halten aus, dass erst das Fleisch im Fokus steht. Es ist perfekt medium gebraten, so wie es sein sollte, und von hervorragender Fleischqualität. Die Pfeffersauce ist handwerklich ebenfalls exzellent zubereitet. Die Portion ist groß genug für den echten Genuss.
Der Salatteller hätte nach meinem Empfinden noch optisch etwas mehr hermachen können. Blattsalate sind mit Streifen von Möhren, Paprika und Gurke verfeinert, das Dressing schmeckt frisch und lecker. Davon durfte auch ich mich überzeugen.

Keine Überraschungen, alles einfach lecker und gut: Die Syltr Rote Grütze mit Bourbon-Vanillesauce und einer Kugel Rahmeis. © Anne Winter-Weckenbrock
Nachtisch muss sein für den Restaurantcheck. Auch wenn es regional zugeht auf der Karte, die klassische Herrencreme fehlt. Was mich nicht stört, aber meine Begleitung aus dem Rheinland hätte sich sicher die ihm lieb gewordene münsterländische Spezialität „made im Haus im Flör“ geordert. So ist er gespannt auf die Käsevariation, die wir als Tirol-Fans oft im Urlaub genießen.
Ich will sommerliche Gefühle wecken und wähle die Sylter Rote Grütze mit Bourbon-Vanillesauce und Rahmeis. Die Sauce kann ich optisch nicht von der Sauce zum Fisch unterscheiden, stelle ich amüsiert fest. Da täuscht die Optik natürlich gewaltig. Ein feines Vanillearoma in der Sauce zur frischen Roten Grütze und sahnigem Eis – einfach, aber gut gemacht und lecker.

Die Käsevariationen boten zu wenig Überraschung. Aber das Vollkornbrot passte hervorragend dazu. © Anne Winter-Weckenbrock
Die Käsevariaton aber ist uns eine Spur zu schlicht und nicht mutig genug. Vier Käsesorten, die der Service namentlich vorstellt, kennen wir aus den örtlichen Kühlregalen. Schmeckt trotzdem, und das Preis-Leistungs-Verhältnis mit 6,50 Euro stimmt auch.
Der Espresso rundet den Genuss ab. Mehr an Süßmitteln zum kleinen Koffeinschock kann ich mir nicht vorstellen, und dazu werden die vier Zuckerarten noch schön in stilvollen antiken Gefäßen dargeboten. Allein der Süßstoffspender aus Kunststoff in der Mitte passt nicht ins schöne Bild.

Die reichlichen Zuckervariationen zum Espresso wurden optisch ansprechend präsentiert - nur für den Kunststoff-Süßspender gibt es Abzüge. © Anne Winter-Weckenbrock
Beim Espresso ziehen wir Bilanz: Wir haben trotz interessanter Auswahl die Klassiker gewählt und sind hochzufrieden damit. Es war ein schöner Abend in gemütlichem Ambiente, der Service war aufmerksam und freundlich und wir haben sehr lecker gegessen. Kassiker, gut und mit Liebe zum Detail zubereitet, können uns eben auch begeistern. Die ganz internationale Note probieren wir dann beim nächsten Mal.
Seit 40 Jahren von Guide Michelin empfohlen
Dann werden wir im Sommer kommen, denn wie Stefan Bonato uns nachher erzählt, gibt es eine Außenterrasse mit 40 Plätzen mit Blick auf den hauseigenen See und den Garten. Wir fragen nach den kleinen Guide-Michelin-Schildern, die an der Eingangstür zu sehen sind. Dass sie seit 40 Jahren empfohlen werden, wie der Chef des Hauses und der Küche uns antwortet, damit machen sie zumindest auf der Internetseite nicht auf sich aufmerksam.
Bevor Stefan Bonato den elterlichen Betrieb 1987 übernommen hat, sammelte er Erfahrung in Hamburg, unter anderem im Gourmet-Restaurant Landhaus Scherrer und im Fischerei Restaurant. Das erklärt wohl die vielfältige Fischfraktion auf der Speisekarte.

Gerhard Niehues (l.) leitet den Service, Stefan Bonato ist Küchenchef und Geschäftsführer im "Haus im Flör". © Markus Gehring
Und wie der schottische Landhausstil in die Wacholderheide kommt, erzählt der Chef auch: Alle Antiquitäten haben seine Eltern höchstpersönlich aus Schottland und England mitgebracht. In dem Familienbetrieb arbeiten drei feste Mitarbeiter im Service und drei in der Küche. Darüber hinaus bildet Stefan Bonato aktuell zwei Köche aus.
Die Preise
Das Preis-Leistungsverhältnis stimmt für die gebotene Qualität. Für unsere jeweils drei Gänge, ein alkoholfreies Weizenbier, ein Viertel Weißwein, drei Mineralwasser und ein Espresso stehen am Ende 100,80 Euro auf der Rechnung. Das Filetsteak für 26,50 Euro und das Zanderfilet für 22,50 Euro bleiben absolut im Rahmen, auch für ein Viertel Weißwein (6,70 Euro) haben wir anderswo schon mehr bezahlt.
Die Atmosphäre
Schottischer Landhausstil heißt nicht, das man sich fühlt wie in einem Rosamunde-Pilcher-Film. Das Interieur passt zum Äußeren des Gebäudes.
Kinderfreundlichkeit
Kinderstühle gibt es, aber keine eigene Kinderkarte. „Wir haben immer etwas für die Kinder da, was dann in Absprache mit den Kindern und Eltern nach deren Wünschen zusammengestellt wird“, sagt Gerhard Niehues vom Service. Einen Spielplatz gibt es nicht, aber im Sommer das schöne Außengelände mit großem Teich, wo Kinder Bewegung haben können, ohne aus dem Blick zu geraten.
Barrierefreiheit
Eine kleine Stufe gibt es vor dem Haupteingang, aber der Hintereingang ist mit einer halben Runde um das Haus zu erreichen, so geht es barreierefrei ins Innere.
Anfahrt/Parkplatzsituation:
Das „Haus im Flör“ liegt in der Bauerschaft Hörsteloe, an der Verbindungsstraße zwischen Ottenstein und Alstätte. Auf der Internetseite hält das Hotel und Restaurant ausführliche Anfahrtsbeschreibungen aus zwei Richtungen vor, an die man sich halten kann. Aber das Navi findet Hörsteloe 49 auch. Parkplätze sind – im Außenbereich keine Überraschung – reichlich direkt am Gebäude vorhanden.
Was sagt das Netz?
Bei Tripadvisor gibt es acht Bewertungen, die sich vor allem auf das Hotel beziehen. Vergeben wurden meist vier von fünf möglichen Punkten. Negative Kritik wird nicht geäußert. Hier ein Beispiel: „Die Hoteleinrichtung (Zimmer und die gedeckten Tische) und das ausgezeichnete Essen sowie die höfliche und aufmerksame Bedienung haben ihren Beitrag zu einem verlängerten Wochenende per Fahrrad beigetragen.
Beim Portal „golocal“ gibt es ebenfalls in der Gesamtsumme vier von fünf Sternen. „Schönes Hotel mit sehr gutem Restaurant“ oder „mit ausgezeichneter Küche“ ist dort zu lesen.
Auszeichnungen
Das Hotel-Restaurant „Haus im Flör“ trägt seit Mai 2017 das westfälische Gütesiegel des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) zum Thema Waldgastronomie. Dazu kommen etliche Michelin-Auszeichnungen und lobende Erwähnungen, zum Beispiel im Varta-Reiseführer.
Restaurant-Infos:
Hotel Restaurant Haus im Flör
Hörsteloe 49
48683 Ahaus-Ottenstein
Telefon: (02567) 939990
Telefax: (02567) 9399946
E-Mail: info@haus-im-floer.de
Internet: www.haus-im-floer.de

Das Haus im Flör ist auf ausländische Gäste eingestellt – auch auf englischsprachige Raucher. © Markus Gehring