Nach zehn Jahren Selbstständigkeit sieht Lucia Berger sich gezwungen, ihren Friseursalon „Hairline“ aufzugeben. „Dann wird es dunkel in meinem Salon. Und es bleibt dunkel."

© Christin Lesker

Friseursalon „Hairline" in Ahaus schließt: „Ich musste mich entscheiden"

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Gerade hat an der Bahnhofstraße in Ahaus ein Friseursalon eröffnet. Friseurmeisterin Lucia Berger hingegen schließt ihren Salon an der Coesfelder Straße. Durch einen Zufall profitiert Heek.

Ahaus

, 09.12.2019, 12:15 Uhr / Lesedauer: 3 min

Nach zehn Jahren Selbstständigkeit sieht Lucia Berger sich gezwungen, ihren Friseursalon „Hairline“ in der Passage an der Coesfelder Straße aufzugeben. „Ich wusste, das wird nichts mehr, da war nichts schön zureden“, sagt sie.

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Vor gut zwei Monaten hat die 45-Jährige beschlossen, ihren Salon zum Jahresende dicht zu machen. Der Grund: Personalmangel. „Vor zehn Jahren bin ich mit zwölf Angestellten gestartet. Heute sind wir nur noch drei", erklärt sie. Das sei ein Problemen, mit dem viele Friseursalons zu kämpfen haben. Dabei hatte eigentlich alles so gut angefangen.

Im Teufelskreis gefangen

Nach ihrer, wie sie sagt, „einzigartigen“ Ausbildung in Bocholt zog Lucia Berger zu ihrem Mann nach Ahaus. Auf dem Rückweg von der Agentur für Arbeit ging sie durch die Passage, sah den Salon, bewarb sich und wurde angenommen. Nachdem sie dort drei Jahre für Dirk Schremmer gearbeitet hat, ermutigte sie ihr Mann, den Laden zu übernehmen. „Die Selbstständigkeit ist ein Traum", findet Lucia Berger auch heute noch. Doch mit der Zeit wurden die Mitarbeiter immer weniger.

„Personalmangel führt in einen Teufelskreis", erklärt sie. Denn wenig Personal bedeute weniger Zeit für den einzelnen Kunden. „Außerdem haben wir schon zu viele Friseure in Ahaus", findet Lucia Berger.

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Die Friseurmeisterin kritisiert, dass die meisten Friseure „für sich denken“. Sie schlägt vor: „Wir müssen ehrlich zu uns sein. Viele Friseure in Ahaus haben Personalprobleme. Vielleicht würde es helfen, wenn wir gemeinsamer denken und uns zusammentun, statt neue Salons zu eröffnen". Ein erster Schritt Richtung Gemeinschaft ist die Friseur-Innung Ahaus, in der auch sie Mitglied ist.

„Ich liebe meinen Laden, aber ich habe erkannt, das wird nichts mehr. Da ließ sich nichts schönreden", erkennt die Ahauserin. Dann hat sie auf ungewöhnlichem Weg eine Lösung gefunden. Wie auch die Friseurin Simone Wermelt aus Heek sprach sie mit ihrem Steuerbüro über die Personalprobleme. Es war der Steuerberater, dem dann die Idee kam, beide Läden zusammenzulegen.

„Hätten schon vorher Verstärkung gebrauchtt“

Aus vier Mitarbeiterinnen besteht das Team von Simone Wermelt in Heek. Dann wurden zwei Stylistinnen schwanger. Seitdem hat auch sie mit Personalmangel zu kämpfen. „Wir hätten schon vorher Verstärkung gebraucht. Leider haben sämtliche Aufrufe nichts gebracht. Einige kamen zum Probearbeiten, aber für längere Zeit ergab sich nichts“, erklärt die Friseurmeisterin.

Gemeinsam planen die beiden ihr bestehendes Angebot etwas zu erweitern. Die Nassrasur wird als weitere Option mit ins Sortiment genommen. „Wir wollen den Herrenbereich etwas aufpimpen“, sagt Simone Wermelt.

Lucia Berger (li.) und Simone Wermelt arbeiten künftig zusammen. Auch Hund Käthe wird dann öfter im Salon herumtollen.

Lucia Berger (li.) und Simone Wermelt arbeiten künftig zusammen. Auch Hund Käthe wird dann öfter im Salon herumtollen. © Maximilian Konrad


Ob die beiden Friseurmeisterinnen etwas voneinander lernen können? „Ich sage immer: Jeder ist gut in der Sache, aber jeder ist anders. Es ist wie eine Handschrift. Die Technik lernt man in der Schule, aber letztlich entwickelt jeder seinen eigenen Stil“, beschreibt Lucia Berger.

„Neues Jahr, neues Glück“

Ab dem 1. Januar beginnt Lucia Berger mit ihren beiden verbleibenden Mitarbeitern in Simone Wermelts Salon in Heek. „Neues Jahr, neues Glück", mit diesen Worten muntert sich die 45-Jährige auf. „Ich glaube, das kommt erst an, wenn ich den Schlüssel bald abgebe".

Bis zum letzten Tag am 31. Dezember soll der Betrieb im Salon „Hairline" wie gewohnt weiterlaufen. „Dann wird es dunkel in meinem Salon. Und es bleibt dunkel." Einen neuen Friseur in ihrem Laden hält Lucia Berger für unrealistisch.

„Nur mit Liebe und Leidenschaft"

Dass Simone Wermelt mit ihren Mitarbeitern in Ahaus anfängt, stand für Lucia Berger übrigens nicht zur Debatte. „Ich brauche eine Pause von der Selbstständigkeit", gibt sie zu. „Manchmal habe ich nachts wach gelegen, weil zufriedene Kunden das Wichtigste sind und ich Angst hatte, das mit so wenig Personal nicht leisten zu können".

Trotzdem kann sich die 45-Jährige keinen schöneren Beruf vorstellen. „In 27 Jahren als Friseurin gab es keinen einzigen Tag, an dem ich nicht gerne zur Arbeit gegangen bin", erklärt sie mit einem Lächeln im Gesicht. Sie findet, Friseure schneiden nicht nur Haare. „Manchmal fühle ich mich eher wie ein Psychiater oder Seelentröster. Deshalb funktioniert mein Beruf auch nur mit viel Liebe und Leidenschaft".

Ihren Kundenstamm wird Lucia Berger nach zehn Jahren vermissen. „Die größte Wertschätzung wäre es, wenn ich einige von meinen Kunden in Heek bei Simone Wermelt wiedersehe".