
Am Montag stellte die BGZ ihr Forschungsprogramm zum Thema verlängerte Zwischenlagerung vor. Davon betroffen ist auch der Standort Ahaus. © Carina Strauss
Forschung zu verlängerter Zwischenlagerung in Ahaus – „Gibt es keinen Plan B?“
Zwischenlager Ahaus
Am Montag stellte die BGZ Gesellschaft für Zwischenlagerung ein Forschungsprogramm zu einer verlängerten Zwischenlagerung vor. Denn die Genehmigung für Ahaus läuft 2036 aus.
Zwischenlager für hochradioaktive Abfälle wie das in Ahaus sollen keine Dauerlösung darstellen. Deswegen ist die Genehmigung dafür auf 40 Jahre befristet. Diese 40 Jahre sind in Ahaus im Jahr 2036 erreicht. Doch bis dahin wird es noch kein betriebsbereites Endlager in Deutschland geben, wohin der Atommüll ausgelagert werden kann. Mit einem solchen Endlager wird frühestens für 2050 gerechnet.
Was muss also getan werden, um die Zwischenlagerung auch über 2036 hinaus sicher zu gestalten? Um diese Frage ging es am Montag im Ratssaal. Die BGZ Gesellschaft für Zwischenlagerung stellte den anwesenden Ratsmitgliedern sowie einigen interessierten Bürgern ihr Forschungsprogramm für eine verlängerte Zwischenlagerung vor.
BGZ setzt auf „bewährtes Konzept“
Das Forschungsprogramm soll die Grundlage dafür bilden, die Sicherheit der Zwischenlagerung auch über den bisher genehmigten Zeitraum hinaus zu gewährleisten. Dabei setzt die BGZ auf das „bewährte Konzept“ der trockenen Zwischenlagerung, wie es David Knollmann, Referent für Standortkommunikation, nannte. Die Brennelemente werden dabei in doppelt abgesicherten Behältern aufbewahrt, so wie es in Ahaus der Fall ist.
Derweil lagern in Ahaus rein zahlenmäßig die meisten Castoren, wie Knollmann auf Nachfrage von Bürgermeisterin Karola Voß bestätigte. Das bedeute aber nicht, dass hier auch die meiste Radioaktivität eingelagert ist. Das sei an anderen Standorten mehr.
Bis 2050 kommt weiterer Atommüll hinzu
Bislang sind 25 Prozent der Lagerfläche im Zwischenlager Ahaus belegt. Doch es soll noch weiterer Atommüll hinzukommen. Dazu zählen Brennelemente aus den Forschungsreaktoren in Garching (München 2), Berlin und Mainz sowie 30 leere, von innen kontaminierte Behälter aus der französischen Wiederaufbereitung. Außerdem gilt Ahaus als eine Option für die Aufbewahrung von Brennelementkugeln aus dem AVR Versuchsreaktor Jülich, hier sei aber noch nichts entschieden, so Knollmann.

Insgesamt 329 Castorbehälter mit hochradioaktiven Brennelementen lagern im Zwischenlager in Ahaus. Die Einlagerungsdauer soll verlängert werden. © Victoria Garwer
Warum leere, kontaminierte Behälter eingelagert werden müssten, wollte Hermann Josef Haveloh (WGW) wissen. Seine Befürchtung: „Sind die defekt?“ Es handele sich hierbei um reine Transportbehälter, erklärte Michael Hoffmann, Bereichsleiter Betrieb bei der BGZ. Diese sollen dekontaminiert und dann eingeschmolzen werden. „Natürlich nicht hier vor Ort.“
Schutzziele müssen weiter eingehalten werden
Derweil läuft die erste Genehmigung für Castoren in Ahaus bereits im Jahr 2032 aus. „Wir nehmen das Thema verlängerte Zwischenlagerung sehr ernst. Wir wollen die Vorarbeiten sauber machen“, erklärte Jörn Becker, Abteilungsleiter für zentrale Fachfragen. Man habe das Forschungsprogramm ins Leben gerufen, um Erkenntnisse zu produzieren, die dabei helfen, bei den anstehenden Genehmigungsverfahren nachzuweisen, dass die Schutzziele eingehalten werden.
Für die Einhaltung der Schutzziele ist vor allem der Behälter verantwortlich. Er sorgt dafür, dass keine nukleare Kettenreaktion entsteht, die Strahlung abgeschirmt und die Wärme abgeführt wird. Und so untersucht man bei der BGZ unter anderem, wie sich die Metalldichtungen über längere Zeit verhalten, dasselbe gilt aber auch für das Verhalten der Brennstäbe.
Ratsmitglieder zeigten sich skeptisch
Immer wieder wurde während der Veranstaltung deutlich, dass die Ratsmitglieder der Forschung skeptisch gegenüberstanden. „Sie forschen sehr zielorientiert. Sie gehen davon aus, dass sie diese Vorstellungen, die sie heute haben, auch belegen können. Und sie planen gar nicht ein, dass sie in ihrer Forschung den Punkt erreichen könnten, wo sie sagen ‚Das klappt nicht‘. Gibt es also keinen Plan B?“, war zum Beispiel der Einwand von Klaus Lambers (SPD).
Jörn Becker entgegnete: „Wir forschen, um die Nachweise erbringen zu können. Wir haben Inspektions- und Wartungsmöglichkeiten und Reparaturkonzepte für den Fall, dass diese Forschung irgendwo nachher nicht zielführend wird.“ Alle Behälterkomponenten seien aber grundsätzlich für den Langzeiteinsatz geeignet. „Derzeit sehen wir keine Mechanismen in der Forschung, die uns sagen würden, das geht so nicht“, ergänzte Michael Hoffmann. Man sei allerdings offen für alle Ergebnisse und stehe im Austausch mit der Öffentlichkeit und der Wissenschaft.
Zwischenlager wirklich in 2050 geräumt?
Eine weitere Frage war, wie realistisch es überhaupt sei, dass das Zwischenlager in Ahaus 2050 oder zumindest in diesem Zeitraum geräumt werden könnte. „Das ist ein ehrgeiziges Vorhaben“, sagte Michael Hoffmann offen. „In dem Endlagersuchverfahren muss richtig Druck drin bleiben, weil es eben darum geht, die Zwischenlagerung in den Standorten nicht bis in Zeiten auszudehnen, die für alle unerfreulich sind.“
Auch der Ukraine-Krieg wurde zum Thema. Es sei doch nicht ausgeschlossen, dass der Krieg auf Deutschland „überschwappt“, zeigte sich Ludwig Niestegge (UWG) besorgt. Was würde dann aus den Zwischenlagern? „Wir als Betreiber sind verpflichtet, die Sicherung in Friedenszeiten gegen kriminelle Handlungen und terroristische Angriffe zu einem gewissen Grad abzudecken“, sagte David Knollmann.
Aber hier komme bereits der Staat ins Spiel, mit einem integrierten Sicherungskonzept, bei dem die Maßnahmen der Betreiber und die des Staates ineinandergreifen. „In einem Kriegsfall reichen unsere Sicherungsmaßnahmen nicht mehr aus.“ Dann bekämen staatliche Maßnahmen eine größere Bedeutung. Eine Debatte um mögliche Sicherungsmaßnahmen laufe jetzt, so Knollmann.
Auf den Punkt brachte es am Ende wohl Jörg Blisniewski (CDU): „Was für mich heute als Fazit rauskommt bei dieser Veranstaltung: Ich habe einen ungeheuren Respekt bekommen vor den Unsicherheiten von Bürgern und Institutionen, die die Sache kritisch betrachten. Sie müssen ja teilweise noch Grundlagenforschung betreiben.“ Er verglich es mit einem Auto, das man viele Jahre entwickelt hat, und zum Schluss erst forscht man dann an den Bremsen, um das Fahrzeug wieder zum stehen zu bringen.
Geboren und aufgewachsen an der Grenze zwischen Ruhrpott und Münsterland, hat Kommunikationswissenschaft studiert. Interessiert sich für Tiere, Kultur und vor allem für das, was die Menschen vor Ort bewegt.