
© Christian Bödding
Fassbier wird teurer: Getränkegroßhändler und Gastwirte in Ahaus reagieren
Bierpreise
Die großen Brauereien Radeberger und Krombacher erhöhen die Preise für Fassbier. Das bekommen die Getränkehändler, Gastronomen und die Kunden in Ahaus zu spüren.
Hopfen und Malz ist noch nicht verloren – aber Kneipengänger werden bald tiefer in die Tasche greifen müssen. Der führende deutsche Bierhersteller, die Radeberger Gruppe, hat angekündigt, seine Preise für Fassbier ab März zu erhöhen. Auch Krombacher hebt den Fassbierpreis an. Veltins denkt über eine Preiserhöhung nach. Die Steigerungen werden auch die Kunden in Ahaus zu spüren bekommen.
Wir wissen nicht, wie viele Biertrinker am Dienstag in Ahaus und Umgebung vor der verschlossenen Tür ihrer Stammkneipe standen und vergeblich Einlass begehrten. Gut möglich, dass es an einer Veranstaltung in Legden lag.
Im Dorf Münsterland trafen sich Gastronomen aus der Region, Hoteliers, Veranstalter und Firmen aus dem Gastrobereich bei der zweiten Auflage der Gastro-Regio-West. Beim Branchentreff präsentierten sich 65 Aussteller, darunter auch die Getränkefachgroßhändler Ellerkamp aus Alstätte und Grünewald aus Ahaus.

Im Dorf Münsterland in Legden trafen sich am Dienstag über 60 Aussteller zum Branchentreffen "Gastro-Regio-West", darunter auch Firmen aus Ahaus. © Christian Bödding
Natürlich waren beim Gastro-Treffen auch die jüngst angekündigten Preiserhöhungen beim Fassbier Gesprächsthema. „Wir halten uns an die Industrie-Erhöhungen“, erklärte Geschäftsführer Bernd Ellerkamp. Bei der Preisanhebung könne aber zeitverzögert oder mit einem Puffer gearbeitet werden. Das werde individuell mit den Kunden besprochen.
Der Getränkefachgroßhandel müsse die Abgabepreise erhöhen, „denn auch wir haben Kostensteigerungen in gleichem Sinne“, sagte Bernd Ellerkamp. Die Radeberger-Gruppe hatte die Preiserhöhung unter anderem mit erhöhten Logistik-, Energie- und Verpackungskosten begründet.
„Markt in Bewegung“
„Die Erhöhungen ziehen sich durch alle großen namhaften Brauereien“, erklärte der Geschäftsführer. Wenn die beiden Größten in der Branche, die Radeberger-Gruppe und Krombacher, die Preise anheben, „dann ist der Markt schon in Bewegung.“
Bernd Ellerkamp geht davon aus, dass Radeberger den Literpreis beim Fassbier um etwa 12 bis 13 Cent anhebt. Das sei eine moderate Steigerung, sagte Bernd Ellerkamp und nannte ein Beispiel: Wenn ein Glas Bier (0,2 Liter) in der Kneipe bislang 1,60 Euro kostet und künftig 1,70 Euro, „dann generieren sie als Wirt aus einem Liter Bier 50 Cent mehr, für den sie im Einkauf zwölf Cent mehr bezahlt haben.“

Bernd Ellerkamp (Geschäftsführer Getränkefachgroßhandel Ellerkamp) geht davon aus, dass die großen Brauereien den Literpreis beim Fassbier um etwa zwölf Cent anheben werden. © Christian Bödding
Als Getränkefachgroßhändler gehe es vor allem darum, mit dem Service, der Qualität und der Lieferung zu punkten. „Ob ich als Ellerkamp zur Rampe der Krombacher Brauerei fahre oder ob es ein Ahauser Mitbewerbewer ist – wir als Großhändler bekommen das gleiche Produkt und den gleichen Preis.“
Das „Versorgungsgebiet“ des Unternehmens Ellerkamp reicht über das Münsterland hinaus von Bad Bentheim und der holländischen Grenze bis ins nördliche Ruhrgebiet. Ellerkamp betreibt acht Getränkemärkte und versorgt fast 300 Gastronomieobjekte, von der Pizzeria bis zum Hotel. „Es gibt viel größere Fische in der Branche. Aber wir schwimmen mit“, sagte Bernd Ellerkamp.
„Ein Automatismus“
Nur wenige Meter weiter im Audimax im Dorf Münsterland standen die Geschäftsführer Hermann Grünewald und Bernd Stichling vom Getränkefachgroßhandel Grünewald aus Ahaus. Die Erhöhung des Bierpreises sei ein Automatismus, der alle paar Jahre stattfinde und an die Kunden weitergegeben werde, erklärte Hermann Grünewald.
Doch Kostensteigerungen gebe es nicht nur bei den Brauereien, sondern auch bei den Getränkefachgroßhändlern selbst. „Energiekosten, allgemeine Lohnerhöhungen“, nannte der Geschäftsführer zwei Punkte.
Bernd Stichling wies auf die Maut auf Bundesstraßen hin. „Ein Riesenthema. Die Maut schlägt sich nicht nur in der Beschaffungslogistik nieder, sondern auch in der Auslieferungslogistik.“

Hermann Grünewald, Janina Grünewald, Claudia Römer und Frank Wigger (v.l.) am Stand des Getränkefachgroßhandels Grünewald. Das Unternehmen nutzte die Gastro-Regio-West im Dorf Münsterland, um Kontakte zur Gastronomie zu pflegen und Produkte zu präsentieren. © Christian Bödding
Die beiden Geschäftsführer rechneten am Dienstag damit, dass die Brauereien den Literpreis beim Fassbier um etwa 13 bis 14 Cent anheben. Die Preissteigerung der Brauereien sei nur ein Problem, erklärte Bernd Stichling.
Ein weiteres sei, qualifizierte Fahrer zu bekommen. Grünewald sei Fachspedition für Getränke. „Wenn sie mit anderen Speditionen sprechen, dann sagen alle, dass kaum Fahrer zu bekommen sind.“
Das habe unter anderem mit der teuren Führerscheinausbildung zu tun, das liege beim Getränkehandel aber auch an den Arbeitszeiten. Grünewald beliefert viele Festivitäten, beispielsweise Schützenfeste. Hermann Grünewald: „Da sind wir gerade am Wochenende gefordert.“
Notdienst am Wochenende
Die Feste müssten mit Getränken versorgt, Leergut müsste abgeholt, der Fassbier-Ausschank an der Vogelstange aufgebaut werden. „Wir haben am Wochenende einen Notdienst, den wir aufrecht erhalten müssen. Da kann es vorkommen, dass um 23 Uhr noch ausgeliefert werden muss.“
Ein weiterer Kostenfaktor: „Das Equipment muss 100-prozentig in Ordnung sein.“ Ein guter Ausschankwagen koste um die 60.000 Euro, ein mittelgroßer Kühlwagen um die 40.000 Euro. „Um am Markt zu bestehen, muss man mehr als die Standards erfüllen“, erklärte Hermann Grünewald.
Der Ahauser Getränkefachgroßhändler beliefert Kunden in einem Radius von etwa 50 Kilometern um Ahaus, von Bocholt bis Münster und von Velen bis Bad Bentheim. Grünewald ist mit 13 weiteren Händlern an über 70 Fresh+Cool-Getränkemärkten beteiligt.
Gastwirte reagieren
Vom Regionalen zurück zum Lokalen, zu den Gastwirten in Ahaus. Wie reagieren Sie auf die Ankündigungen der Brauereien? „Alles wird teurer“, sagte uns am Dienstag Dirk Rolfes, Betreiber der Ahauser Marktschänke.
Vor etwa zwei Jahren hat er das letzte Mal den Bierpreis erhöht. In der Marktschänke zahlt der Gast für ein Glas König Pilsener (0,2 Liter) 1,70 Euro. Ob er den Preis für ein frisch Gezapftes erhöht, das will Dirk Rolfes davon abhängig machen, wie stark der Bierpreis im Einkauf steigt. „Ich will als Wirt nicht unbedingt jede Preiserhöhung mitmachen.“
Pragmatische Sichtweise
Guido Brüggemann, Wirt der Haarmühle in Alstätte, sieht es pragmatisch. „Bierpreis-Erhöhungen gehören zum Gastwirteleben dazu.“ Er müsse die Preise erhöhen, sollte sein Fassbier auch teurer werden. „Wir haben Stauder am Hahn, das ist ein Familienunternehmen aus Essen, kein Großkonzern.“
Die Brauerei sei durchaus im hochpreisigen Segment unterwegs. Guido Brüggemann nimmt an der Theke der Haarmühle für 0,2 Liter Stauder 1,90 Euro.
Peter Rathmer ist Betreiber des Schlosshotels in Ahaus. Auch er hat zuletzt vor zwei Jahren den Bierpreis erhöht. Aktuell zahlen die Gäste für 0,2 Liter König Pilsener 1,70 Euro, künftig wohl 1,80 Euro. Sicherlich werde der ein oder andere Gast das dann ansprechen, „aber auch wir müssen unsere Kosten weitergeben.“
Verhandlungen
Eventuell ließe sich ein klein wenig durch Verhandlungen mit dem Bierverleger oder der Brauerei auffangen. Entspannt schaue er der nächsten Preisrunde beim Fassbier nicht entgegen, sagt Peter Rathmer. „Aber ändern können wir es auch nicht.“ Zudem gelte: „Wer zum Essen zwei Bier trinkt, der schaut nicht auf den Preis.“ Und wer betrinkt sich schon beim Essen.
Christian Bödding, Jahrgang 1966, ist bekennender Westfale, aber kein Sturkopf. Er schreibt gerne tiefgründig und am liebsten über lokale Themen, über die sich andere nach der Lektüre seiner Texte aufregen.
