Es gibt keine Exponate für ein jüdisches Museum Arbeitskreis soll Weg für Erinnerung finden

Es gibt keine Exponate für ein jüdisches Museum
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Ein jüdisches Museum wird es in Ahaus erst einmal nicht geben. Schon mangels Masse: Seit über 20 Jahren forscht die Historikerin Ingeborg Höting zum Schicksal der im Holocaust verschleppten und ermordeten Juden aus Ahaus und Umgebung.

Viele Exponate, die in einem Museum ausgestellt werden könnten, hat sie dabei nicht zu Tage gefördert. „Ein paar Kleiderbügel aus dem Textilgeschäft der Familie Cohen. Und einige Handtücher aus dem Geschäft der Löwensteins“, zählte sie jetzt im Rathaus auf. Dazu komme noch ein Beil, das einem jüdischen Metzger in der Stadt gehört haben soll. „Eine Kennzeichnung oder einen Beweis gibt es dafür aber nicht“, schränkte sie direkt ein.

Stolpersteine in Ahaus
Das Gedenken an die Opfer des Holocaust in Ahaus wird vor allem über die Stolpersteine und daran gebundene Veranstaltungen oder Führungen wach gehalten. Ein jüdisches Museum wird es auf absehbare Zeit nicht geben: Schon weil es zu wenige mögliche Exponate gibt. © Stephan Rape (Archiv)

Auch das Modell der jüdischen Synagoge eigne sich nur sehr eingeschränkt für eine Ausstellung. Es sei kein authentisches Zeugnis der Ahauser Synagoge sondern nur vage einer Synagoge nachempfunden. Mehr könne sie schlicht nicht aufzählen.

Vom echten, jüdischen Leben in Ahaus gebe es nur wenige Fotos. Bestenfalls einige Porträts oder Passbilder der verschleppten Juden aus Ahaus hätten überdauert. „Aber nicht einmal von allen“, schränkte sie auch da direkt ein. Zeitzeugenberichte oder schriftliche Aufzeichnungen und Lebensläufe wiederum gibt es eine ganze Reihe.

Nachdem sich im Sommer ein Runder Tisch mit der Erinnerungskultur an das jüdische Leben in der Stadt beschäftigt hatte, ging es jetzt im Ausschuss für Kultur, Tourismus und Ehrenamt um die Ergebnisse.

Diese Vorstellung markiert das Ende eines zweijährigen Prüfprozesses: Im November 2021 hatte Maria Woltering für die CDU-Frauenunion diese Idee vorgebracht. Danach sollte im Obergeschoss im Gebäude von Ahaus Marketing und Touristik eine Dauerausstellung mit Exponaten aus der jüdischen Geschichte geschaffen werden.

Schon damals waren allerdings Zweifel aufgekommen, ob sich eine solche Ausstellung oder gar ein Museum überhaupt umsetzen und betreiben lasse. Auch wenn der Grundgedanke überall gut ankam.

Auf mehr Spuren gehofft

Christian Rudde (CDU) zeigte sich jetzt hörbar enttäuscht. „Wir hatten gehofft, dass es mehr gibt“, sagte er. Aber genau deswegen sei ja der Runde Tisch einberufen worden. Nun sei das Ergebnis, wie es ist. „Vielleicht gibt es ja die Chance, in kleinerem Rahmen im Torhausmuseum eine kleine Ausstellung aufzubauen“, machte er deutlich. In jedem Fall solle man an dem Thema dran bleiben.

Hermann-Josef Herickhoff (SPD) wunderte sich nicht darüber, dass es keine Exponate gebe. „Die Nazis haben damals eben ganze Arbeit geleistet“, sagte er.

Lokale Akteure machen weiter

Der Beigeordnete Werner Leuker verwies auch auf die vielfältige Erinnerungskultur, die es jetzt schon gebe. Seien es die Stolpersteine oder auch die Touren entlang dieser Stationen, die der Ahauser Hermann Löhring seit Jahren organisiert. Ziel müsse sein, das Gedenken an das jüdische Leben in Ahaus auch in eine museale Struktur einzubeziehen.

Dazu soll die Arbeit weiter gehen: Jährlich sollen sich die lokalen Akteure treffen, die sich mit der Stadtgeschichte und der Erinnerungskultur in Ahaus befassen. Gleichzeitig soll ein Beirat geschaffen werden, der dazu Leitlinien entwickelt. Diesen beiden Punkten stimmte der Ausschuss einstimmig zu.

Die Geschichten der Opfer des Holocaust, die sich hinter den Stolpersteinen in Ahaus verbergen, sind auch an anderer Stelle erfasst: Im Projekt „Stolpersteine NRW“ hat der WDR die rund 16.000 Stolpersteine in Nordrhein-Westfalen in einer Karte erfasst und mit allen verfügbaren Informationen ergänzt.

Auch sind einzelne Steine darin zu Routen zusammengefasst. Die führt in Ahaus beispielsweise entlang von sieben Stationen von der Coesfelder Straße über Wallstraße, Markt und Bahnhofstraße zur van-Delden-Straße, entlang mehrerer Wohnorte ermordeter Ahauser Juden und dem Standort der ehemaligen Synagoge.

Die App Stolpersteine NRW gibt es für Apple oder Android sowie online unter https://stolpersteine.wdr.de

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