Einblicke aus dem Corona-Alltag: Wann setzt die Vernunft ein?

Kolumne zum Coronavirus

Wegen des Coronavirus ist fast der ganze Einzelhandel still gelegt. Dafür boomen nun der Online-Handel und Lieferdienste. Das sorgt für neue Probleme, findet unser Verlagsleiter Christoph Winck.

von Christoph Winck

Ahaus

, 18.03.2020, 19:00 Uhr / Lesedauer: 2 min
In der Ahauser Innenstadt ist immer weniger los. Der Einzelhandel ist bereits fast komplett still gelegt.

In der Ahauser Innenstadt ist immer weniger los. Der Einzelhandel ist bereits fast komplett still gelegt. © Pascal Albert (Archiv)

Nun wird auch noch (fast) der komplette Einzelhandel still gelegt. In den ersten Orten war er schon teilweise dicht. Seit der aktuellen Verfügung der Landesregierung jetzt NRW-weit. Mich beschleicht langsam aber sicher das Gefühl, dass der Aktionismus über die Vernunft siegt. Natürlich müssen wir die Verbreitung des Corona-Virus verlangsamen. Dringend.

Aber statt den kompletten örtlichen Handel einzustellen, sollten wir stärkere Aufklärung betreiben. Junge Menschen ziehen in Gruppen durch Parks oder treffen sich zum Fußball auf dem Bolzplatz. Ihr Argument: „Wir sind ja weniger als 30...“

Pakete vom Lieferanten annehmen oder an der Kasse stehen?

Hallo?! Auf welchem Stern lebt Ihr? Auf welchem Stand seid Ihr?! Großeltern bummeln mit ihren Enkelkindern durch die Städte und schlecken Eis. Hallo?! Das ist nicht Sinn der Schulschließungen.

Und wenn jetzt der örtliche Einzelhandel von Online-Händlern und Lieferservice-Anbietern ersetzt wird, soll mir bitte einer erklären, warum dadurch weniger soziale Kontakte entstehen.

Bis gestern ging ich ins Geschäft einkaufen, wo der Verkäufer sich regelmäßig die Hände waschen und der Kunde sich an Desinfektions-Stationen schützen kann. Das ist definitiv sicherer, als ab sofort von den Lieferanten an der Haustür Pakete und Päckchen entgegen zunehmen.

Existenzen stehen auf dem Spiel

Die Auslieferfahrer sind täglich bis zu zehn oder zwölf Stunden unterwegs, hecheln im Akkord von Tür zu Tür. Sie tun mir leid, nicht erst seit Corona. Aber ganz offen: DAS soll die Verbreitung des Virus verhindern? Das Gegenteil ist doch der Fall. Ich sehe da ein viel größeres Risiko. Genauso verhält es sich doch bei den Schließungen der Restaurants und Gaststätten.

Da stehen Existenzen auf dem Spiel. Aber der Pizza-Lieferdienst boomt. Mein Appell: Nutzen Sie den örtlichen Einzelhandel. Besprechen Sie telefonisch, wie eine sinnvolle Abholung erfolgen kann. Aber bitte schalten Sie nicht Ihren gesunden Menschenverstand aus. Wer jetzt auf den Online-Handel setzt, hat doch zwangsläufig soziale Kontakte mit Paketboten und Auslieferfahrern. Ist das besser?

Statt alle lokalen Läden zu schließen, sollte die Politik schnellstens den Online-Handel verbieten. Aber ich bin wohl nur ein einsamer Rufer im Wald. Wer wissen will, wie die Zukunft aussieht, wenn der lokale Einzelhandel tot ist, der muss nur heute in die Stadt schauen.

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