Hans-Georg Althoff (62) ist seit 23 Jahren Erster Beigeordneter der Stadt Ahaus. Seine aktuelle Wahlzeit endet im Januar 2023. CDU, Grüne und FDP wollen seine Stelle streichen. Den gemeinsamen Antrag haben sie am Donnerstagabend an die Bürgermeisterin geschickt – und gleichzeitig öffentlich gemacht.

© Stephan Rape

CDU, Grüne und FDP wollen zweithöchsten Posten in Ahaus streichen

rnVerwaltungsvorstand

Knall kurz vor dem Wochenende: CDU, Grüne und FDP wollen in Ahaus die Stelle des Ersten Beigeordneten streichen. Sie wollen Geld sparen – und sorgen im Rathaus für entsetztes Kopfschütteln.

Ahaus

, 08.04.2022, 18:03 Uhr / Lesedauer: 3 min

Hans-Georg Althoff (62) ist Erster Beigeordneter der Stadt Ahaus. Seit 23 Jahren. Im kommenden Januar läuft seine dritte achtjährige Wahlzeit aus. Eine komplette Amtszeit kann er wegen seiner anstehenden Pensionierung im Mai 2026 nicht mehr ausfüllen. „Ich habe aber angeboten, die dreieinhalb Jahre bis dahin noch weiterzumachen“, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion.

Doch das stößt bei einer Mehrheit des Rates auf wenig Gegenliebe. Drei Fraktionen wollen ihn nicht wiederwählen. Sie wollen seine Stelle komplett streichen. Zukünftig soll es nur noch zwei Beigeordnete geben. Zumindest, wenn es nach CDU, Grünen und FDP geht.

Ratsmehrheit möchte Stelle streichen – und macht Antrag öffentlich

Am späten Donnerstagabend reichten die drei Ratsfraktionen einen gemeinsamen Antrag ein. Mit 27 von 42 Sitzen halten sie im Ahauser Rat eine klare Mehrheit. Gleichzeitig machten sie ihre Idee per E-Mail an verschiedene Medien öffentlich – und sorgten so im Rathaus für erstaunte bis erschrockene Gesichter.

Jetzt lesen

Ziel des Ganzen: Geld sparen, den Leitern der Fachbereiche mehr Wertschätzung und Verantwortung übertragen und Hierarchien flacher machen. Der Blick in vergleichbare Städte im Umland zeige, dass diese auch sehr gut mit zwei Beigeordneten im Verwaltungsvorstand auskämen. Die finanzielle Verantwortung trägt beispielsweise in Gronau, Steinfurt oder Borken ein Kämmerer.

„Ich kenne die Pläne und Gespräche natürlich“, sagt Hans-Georg Althoff am Freitag. Dass die Idee zu einem so frühen Zeitpunkt allerdings den Weg an die Öffentlichkeit gefunden hat, habe ihn sehr überrascht. Auch Bürgermeisterin Karola Voß wurde davon am Freitagmorgen kalt erwischt. Noch am vergangenen Freitag habe es ein Gespräch mit den Fraktionsvorsitzenden gegeben. Darin habe man signalisiert, dass man sich eine erneute Wahl von Hans-Georg Althoff mehrheitlich nicht vorstellen könne. Von der kompletten Streichung seiner Position sei da noch keine Rede gewesen.

Verwaltungsvorstand als Bindeglied zwischen Verwaltung und Politik

„Der Verwaltungsvorstand muss die Arbeit der Verwaltung gegenüber der Politik verantworten“, sagt sie. Das könne keine Fachbereichsleitung. Seit Mitte der 1970er-Jahre sei diese Arbeit in Ahaus auf vier Personen verteilt. „Und das funktioniert sehr gut“, sagt sie. Auch geht sie nicht davon aus, dass sich dadurch Geld sparen lasse: „Die Pension für Hans-Georg Althoff würde ja sofort fällig“, sagt sie. Und die Aufgaben müssten ja weiter erledigt werden. Erste Berechnungen gebe es, seien aber noch vage. „Auf jeden Fall geht es um deutliche Mehrkosten“, sagt sie. Sie sollen in der kommenden Ratssitzung vorgestellt werden.

Jetzt lesen

Gleichzeitig gebe es ohne Hans-Georg Althoff oder einen entsprechenden Nachfolger als Beigeordneten keinen Volljuristen mehr in der Verwaltung: Und das sei schon mit Blick auf die juristischen Verfahren rund um das Brennelementezwischenlager oder die Geschäftsführung der Ahauser Energie- und Dienstleistungsgesellschaft ein Problem. „In jedem Fall wird die Stadtverwaltung so geschwächt“, sagt sie.

Mehrkosten sollen erstmal erklärt werden

Das sehen die drei Fraktionen, die den Antrag gestellt haben, natürlich anders: „Das Thema haben wir schon viele Jahre diskutiert“, sagt Dr. Michael Räckers, CDU-Fraktionsvorsitzender. Dieses Mal habe seine Fraktion eine Mehrheit überzeugen können. Dass die Umstellung Mehrkosten verursache, müsse man ihm erstmal erklären: Schließlich würden viele andere Kommunen genau so handeln: zwei Beigeordnete, ein Kämmerer. Er glaube, dass so eine zukunftsfähige und moderne Verwaltung aufgestellt werden kann.

Auch Dietmar Eisele (Grüne) begründet die Entscheidung mit strategischen Überlegungen, Geld zu sparen. Die Aufgaben des bisherigen Ersten Beigeordneten könne man gut aufteilen. Dabei handelt es sich um die Fachbereiche Kämmerei, Sicherheit und Ordnung, Feuerwehr sowie Datenverarbeitung. „Wir sehen das Potenzial, Geld zu sparen“, sagt auch Christiane Gottheil (FDP). Sie hoffe, dass es der bessere Weg sei.

Dabei betonen alle drei Fraktionen, dass die Entscheidung nichts mit den handelnden Personen zu tun habe. „Das ist keine Kritik an der Arbeit von Hans-Georg Althoff“, sagt Dietmar Eisele. Christiane Gottheil: „Wir maßen uns in keinster Weise an, Hans-Georg Althoffs Arbeit zu kritisieren.“ „Auch wenn ich mir vorstellen kann, dass man das so interpretieren möchte, es stimmt nicht“, betont Michael Räckers. Weder gehe es um die Person Hans-Georg Althoff noch um die Position der Bürgermeisterin.

Verwaltungsvorstand in Ruhe neu aufstellen

Der Wegfall einer Beigeordnetenstelle biete die Gelegenheit, den Verwaltungsvorstand in Ruhe neu aufzustellen: Dies soll nach den Vorstellungen der Fraktionen gemeinsam mit der Bürgermeisterin und dem übrigen Verwaltungsvorstand geschehen. Dabei sollen auch die Arbeitsbereiche neu zugeschnitten werden. „Bereits bei der Neubesetzung des Technischen Beigeordneten hat sich gezeigt, dass es gut ist, neue Ideen und Impulse für die Verwaltung zu gewinnen“, heißt es in einer Mitteilung der drei Fraktionen.

Jetzt lesen

Laut der NRW-Gemeindeordnung sind Beigeordnete kommunale Wahlbeamte, die der Rat für acht Jahre wählt. Ihre Stellen müssen zuvor ausgeschrieben werden. Einer der Beigeordneten wird zum allgemeinen Stellvertreter des Bürgermeisters ernannt und trägt die Bezeichnung Erster Beigeordneter. Erst 2016 hatte der Rat mit den Stimmen aller damals vertretenen Fraktionen den Verwaltungsvorstand auf drei Beigeordnete erweitert: Damals war der bisherige Verwaltungsvorstand im Bereich Bildung, Kultur, Sport, Arbeit und Soziales sowie Jugend zum Beigeordneten ernannt worden. An dieser Entscheidung halten CDU, Grüne und FDP auch heute noch fest.

Der Antrag soll in der kommenden Ratssitzung auf die Tagesordnung kommen. Die ist für den 5. Mai geplant.

Schlagworte: