
© Elvira Meisel-Kemper
Arbeitsgruppe soll prüfen, ob Ahaus ein sicherer Hafen werden kann
Initiative Seebrücke
Noch gibt es in der Ahauser Politik keine Mehrheit für einen Beitritt zur Seebrücke. Die Diskussion darüber verlief emotional und wurde persönlich. Vor allem zwei Vertreter gerieten aneinander.
Ahaus wird vorläufig noch kein sicherer Hafen im Rahmen der Initiative Seebrücke: Noch vor der Fahrraddemo am vergangenen Samstag hatten sich die Lokalpolitiker mit dem Thema befasst. Eine klare Ablehnung der Initiative, wie am Samstag auf der Demo öffentlich kundgetan, hat es aber noch gar nicht gegeben.
Aber der Reihe nach: Die Kirchengemeinden St. Mariä Himmelfahrt aus Ahaus, Ottenstein und Alstätte sowie die evangelische Christusgemeinde hatten einen Beitritt der Stadt Ahaus zum Bündnis Seebrücke beantragt. Im Kern dieser Initiative steht die Bereitschaft, dass eine Stadt mehr Flüchtlinge aufnehmen will, als ihr gesetzlich vorgeschrieben wird.
Nach aktuellen Angaben der Initiative beteiligen sich bisher 252 Städte unterschiedlicher Größe in Deutschland an der Aktion und haben sich zu sicheren Häfen erklärt – beispielsweise Münster, Rheine, Emsdetten, Haltern am See oder Lingen.
CDU sieht Ziele und Unterstützer der Seebrücke sehr kritisch
Große Skepsis machte sich dazu im Ausschuss für internationale Beziehungen, Gleichstellung und Integration am vergangenen Mittwoch breit. Am lautesten widersprach die CDU, aber auch die SPD hatte noch etliche offene Fragen.
Einerseits ging es um die Zuständigkeit: Natürlich sei man solidarisch mit Flüchtlingen, erklärte Dr. Michael Räckers, CDU-Fraktionsvorsitzender. Allerdings sei die Flüchtlingsfrage auf nationaler und internationaler Ebene zu regeln. Nicht auf kommunaler.
In Ahaus werde hervorragende Flüchtlingsarbeit geleistet, die es auch zu schützen gelte. „Wir wollen die Menschen integrieren, die uns geschickt werden“, sagte er. Ahaus solle eine Stadt mit Willkommenskultur bleiben. Mehr noch: Durch die Zusage, mehr Flüchtlinge aufzunehmen, würden sogar Schlepper und Schleuser im Mittelmeer in ihrem Tun bestärkt.
„Genau hinschauen, wo Ahaus die Fahne hochhält“
Ein anderes Problem für die CDU waren aber auch weitere Unterstützer der bundesweiten Initiative Seebrücke: Mindestens zwei der Organisationen auf der Liste der Unterstützer würden vom Verfassungsschutz beobachtet, hatte Christian Rudde recherchiert. „Und wir schauen uns schon sehr genau an, wo Ahaus die Fahne hochhält“, machte er klar.
Klaus Lambers (SPD) erklärte zwar eine grundsätzliche Bereitschaft zum Beitritt. Schließlich hätten das ja auch schon viele andere Städte und Kommunen in Deutschland getan. Auch er forderte jedoch, dass das weitere Verfahren im Detail noch abgestimmt werden müsse.
Flüchtlinge aufzunehmen ist humanitäre Pflicht
Uneingeschränkt unterstützten die Grünen die Idee: „Alle Ziele der Seebrücke sind auch Ziele der Stadt Ahaus“, urteilte Dietmar Eisele. Es sei die humanitäre Pflicht, Flüchtlinge aufzunehmen. Auch stehe über allem ja der Königsteiner Schlüssel, über den auch in Zukunft die Zuweisung der Flüchtlinge geregelt werde.
Hartmut Liebermann als Vertreter des Forums ehrenamtliche Flüchtlingshilfe Ahaus betonte, dass es bei dem Thema nicht um Zuständigkeiten gehe: „Ahaus maßt sich nichts an, wenn wir Mitglied der Seebrücke werden“, sagte er. Es gehe darum, auf die nationalen und internationalen Entscheidungsträger einzuwirken und ein klares Signal zu setzen.
Die Diskussion wogte so hin und her, wurde teils wütend, teils emotional geführt. Hartmut Liebermann geriet schließlich mit Christian Rudde aneinander: Er kritisierte scharf die Wortwahl des CDU-Ratsherrn. Rudde hatte eingeworfen, nicht jede beliebige Initiative unterstützen zu wollen.
Hartmut Liebermann reagierte wütend: Er sei von der Wortwahl entsetzt. Das kenne man eher aus anderen Ecken. Darüber wiederum platzte Christian Rudde der Kragen: Er lasse sich nicht beleidigen und in eine Ecke stellen, mit der er nichts zu tun habe. „Dann achten Sie auf Ihre Wortwahl“, kommentierte Liebermann lapidar.
Bürgermeisterin zweifelt daran, was Ahaus tun kann
Auch die Ahauser Bürgermeisterin hatte noch Zweifel an der Initiative: „Ich will kein Bündnis unterschreiben, ohne etwas zu tun“, sagte Karola Voß. Viele Städte hätten ihre Bereitschaft sicherlich erklärt, um die Mitgliedschaft nicht abzulehnen. Es sei ja ein sehr schwieriges Thema. Viele Punkte seien aller Ehren wert, würden die Stadt aber überfordern. „Wir müssen prüfen, was wir wirklich tun können“, sagte sie. Und: Sie wünsche sich eine bestmögliche Integration der Menschen, die nach Ahaus kommen. Das sei wichtiger als eine große Absichtserklärung.
Arbeitsgruppe soll Ziele überprüfen und Vorschlag vorlegen
Schließlich beruhigten sich die Gemüter wieder. Am Ende blieb es bei einem Kompromiss, den unter anderem Gerrit Messelink (UWG) ins Spiel gebracht hatte: Der Ausschuss vertagte das Thema. In der Zwischenzeit soll eine Arbeitsgruppe im Gespräch mit den Kirchengemeinden, der Verwaltung, der Politik und Vertretern der Seebrücke Ahaus ermitteln, welche Ziele die Stadt mittragen und wie es mit einer möglichen Mitgliedschaft weitergehen kann.
Danach soll das Thema in einem Ausschuss erneut beraten werden. Die Arbeitsgruppe soll noch vor den Sommerferien das erste Mal tagen.
Ursprünglich Münsteraner aber seit 2014 Wahl-Ahauser und hier zuhause. Ist gerne auch mal ungewöhnlich unterwegs und liebt den Blick hinter Kulissen oder normalerweise verschlossene Türen. Scheut keinen Konflikt, lässt sich aber mit guten Argumenten auch von einer anderen Meinung überzeugen.
