
© Stephan Rape
1,1 Millionen Menschen nutzen Chayns für Corona-Impfung und Schnelltests
Digitalisierung
Die Pandemie hat die Digitalisierung beschleunigt. Durch die digitale Organisation von Schnelltests und Impfangeboten nutzen mehr Menschen Chayns als je zuvor. Tobias Groten will damit vor allem eins: noch mehr Tempo.
Die kommunale Impfstelle in Ahaus verzeichnet eine rekordverdächtige Auslastung. Auch die Verfügbarkeit und die Buchung von Schnelltests läuft in Ahaus, im Kreis Borken und in der Umgebung einfacher als andernorts. Der Grund dafür ist an vielen Stellen eine zehn Jahre alte Software, die sich seit Ausbruch der Pandemie fast ebenso viral verbreitet: Chayns.
Tobias Groten, Gründer und CEO der Tobit.Labs, sieht das durchaus positiv. Wenn man an der Pandemie etwas Positives finden wolle, dann die Beschleunigung der Digitalisierung.

Tobias Groten, Gründer und CEO der Tobit.Labs, will die Digitalisierung weiter voran bringen – und damit auch das Impfen beschleunigen. Die Impfung müsse sich genauso schnell verbreiten, wie das Virus: eben viral. © Stephan Rape
Er blickt auf die mobilen Impfaktionen des Kreises, bei denen keine Termine vergeben werden. „Das ist ja erst einmal eine ganz gute Idee“, sagt er. Und doch sei sie komisch: „Auf gut Glück würde niemand mit einer Gruppe in ein Restaurant gehen und darauf hoffen, dass ein großer Tisch frei ist“, sagt er. Beim Impfen würden sich die Menschen aber genau so in eine lange Schlange stellen.
Druck ist nicht der richtige Weg
„Wir sind einfach zu langsam“, sagt er und meint damit das Impfgeschehen insgesamt. Es sei jede Menge Impfstoff da. Es sei jede Menge Nachfrage da.
Doch statt einfach die Impfangebote einfacher zugänglich zu machen, versuche es die Regierung über Druck. In seinen Augen der falsche Weg. Die Nachfrage nach zusätzlichen Impfterminen werde in den kommenden Wochen steil ansteigen.
„Weil die Menschen vor fünf bzw. sechs Monaten ihre zweite Impfung bekommen haben“, erklärt er und belegt das mit Zahlen aus Chayns: Natürlich fußen die ausschließlich auf Daten der Menschen, die sich die ersten beiden Impftermine schon per Chayns organisiert haben.
Ab Mitte Dezember geht die Kurve derjenigen steil nach oben, die für eine Booster-Impfung in Frage kommen. Und digital sei diese Beschleunigung möglich.
Erfahrungen im Umgang mit großen Menschenmengen
Der Kreis Borken sei bei den Impfungen weit vorn. „Und der Kreis macht das nicht mit uns, weil uns die Leute da so toll finden“, erklärt er. Im Gegenteil: Der Kreis Borken habe sogar lange Bedenken gehabt, mit den Tobit.Labs zusammenzuarbeiten.
Am Ende sei es eine pure Notwendigkeit gewesen. „Einfach weil wir Erfahrung damit haben, große Menschenmassen abzufertigen“, erklärt Tobias Groten.
Chayns sei ja schon zehn Jahre alt. Im Kern sei es immer die gleiche Geschichte gewesen: Die Software als Betriebssystem für ganz unterschiedliche Geschäfte. Sei es wie bei den Showcases des Unternehmens, sei es für die Verwaltung von Arbeitskräften oder eben für Test- und Impfstellen.
Erste Teststellen sollten nur ein Beispiel sein
Ursprünglich hätten die Tobit.Labs überhaupt nichts mit der Pandemie am Hut gehabt. Im Gegenteil: Er habe sich eher über den analogen Weg der Kontaktnachverfolgung amüsiert. Die ersten beiden Teststellen, eine zum Durchfahren am Tobit.Campus, eine am Oldenkottplatz, seien lediglich als Referenzobjekte gedacht gewesen. „Um zu zeigen, dass es geht“, erklärt er.
Das Deutsche Rote Kreuz in Stadtlohn habe das System dann als erstes übernommen. Ungezählte weitere Anbieter folgten. Inzwischen nutzen laut Angaben der Tobit.Labs fast 1,1 Millionen Menschen Chayns für die voll-digitale Abwicklung von Corona-Schutzimpfungen und -Schnelltests.
„Ein Riesenschritt für uns und für die Digitalisierung insgesamt“, erklärt Tobias Groten: Die Menschen würden inzwischen einfach anders denken und die Vorteile des digitalen Wegs begreifen.
Beispiel Datenschutz: „Die Leute haben überhaupt kein Problem damit, ihre Daten mit uns zu teilen“, sagt er. Adresse, Personalausweis, Kontoverbindung, was noch vor der Pandemie regelmäßig Diskussionen gegeben habe, sei längst kein Thema mehr.
Und: Würde es bei den Tobit.Labs Probleme mit dem Datenschutz geben, ließe sich das nicht verheimlichen: „Wenn hier nur bei einem etwas doof laufen würde, würden wir geschlachtet“, sagt der CEO.
Datenschutz ist heute eigentlich kein Thema mehr
Überhaupt sei Datenschutz ein sehr „deutsches Thema“. „Wir alle nutzen doch die internationalen Anbieter: Amazon, Lieferando, Facebook, Google und Co“, zählt er auf. Über Datenschutz mache sich da doch auch niemand Gedanken.
Was ihn bei all dem Erfolg ärgert: „Die Leistung des Portals, des Systems wird nicht realisiert.“ Dabei gehe es ihm nicht um Wertschätzung. „Die brauche ich nicht“, sagt er.
Heute meinen #Booster beim #DRK #Vreden #KreisBorken bekommen. Danke an alle, die flexibel, engagiert und kreativ Impfungen anbieten. Diesen Einsatz brauchen wir, um beim Impfen richtig Tempo zu machen. #Moderna @akutkreisborken @roteskreuz_de pic.twitter.com/Rw2WRKaKac
— Hendrik Wüst (@HendrikWuest) December 5, 2021
Es gehe um die Verbreitung der Software und die Geschwindigkeit der Impfungen. Ein Beispiel: NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst holt sich beim DRK in Vreden seine Booster-Impfung. Auf Twitter schreibt er darüber und bedankt sich beim DRK. „Aber er hat mit keinem Wort erwähnt, wie er an seinen Impftermin gekommen ist“, sagt Tobias Groten.
Dabei sei genau das so unendlich wichtig: „Wir müssen die Information über Impfung und Impftermine genauso viral verbreiten, wie sich das Virus ausbreitet“, sagt er. Quasi als Schneeballsystem: „Wenn jeder Geimpfte zwei Bekannten mitteilt, wie sie an ihren Impftermin kommen, haben wir eine Chance.“
Eine Gebühr soll für die Vermittlung der Impftermine per Chayns nicht fällig werden. „Ich gehe davon aus, dass wir dafür kein Geld nehmen werden“, sagt er.
Ursprünglich Münsteraner aber seit 2014 Wahl-Ahauser und hier zuhause. Ist gerne auch mal ungewöhnlich unterwegs und liebt den Blick hinter Kulissen oder normalerweise verschlossene Türen. Scheut keinen Konflikt, lässt sich aber mit guten Argumenten auch von einer anderen Meinung überzeugen.
