Zeitreise durch Werne
Rund um Marktplatz und Kirchplatz: 90 Jahre mit 12 Klicks
01.01.2025 06:00 Uhr
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Noch nie war Zeitreisen so einfach - und das ganz ohne Zeitmaschine. Zwölf Klicks reichen, um durch neun Jahrzehnte zu reisen. Immer im Blick: das Zentrum von Werne.
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„In Werne treffen Vergangenheit und Gegenwart aufeinander.“ Mit diesen Worten wirbt die Stadtverwaltung Werne für einen Bummel durch die Altstadt. Gemeint sind dabei vor allem die Zeugnisse des Mittelalters. So weit kann unsere Zeitmaschine aber nicht zurückfliegen. Sie schafft 90 Jahre - das dafür aber innerhalb weniger Minuten.
Zwölf Luftbilder aus dieser Zeit schlummern im Archiv des Regionalverbandes Ruhr. Sie zeigen, wie sich die Lippestadt zwischen Ruhrgebiet und Münsterland seitdem verändert hat. Der Blick fällt dabei immer auf die gleiche Stelle: die nach wie vor mittelalterlich strukturierte Altstadt, die während der Kriegsjahre nicht in Mitleidenschaft gezogen worden war. Zur besseren Orientierung der Zeitreisenden ist das alte Amtshaus und heutige Stadtmuseum am Kirchplatz jeweils rot markiert.
Der innere Stadtkern ist mit der ursprünglichen mittelalterlichen Stadt gleichzusetzen. Wie sensibel bei Veränderungen dort vorzugehen ist, zeigt die anhaltende Diskussion über die moderne Sakristei neben der altehrwürdigen Kirche St. Christophorus. Moderne Neubauten bewusst akzentuieren, wie es 1999 Architekt Prof. Dr. Stephan Böhm mit seiner inzwischen maroden Stahlkonstruktion gemacht hatte oder dezent in den Hintergrund stellen, wie es sein Kollege Tobias Haverbeck mit dem Nachfolgebau vorhat? Daran scheiden sich die Geister. Aus der Vogelperspektive im Maßstab 1:5000 relativiert sich die Frage. Denn aus dieser Entfernung fallen ganz andere Veränderungen ins Auge.
Wer in die Vergangenheit blickt, neigt mitunter dazu, für die Zukunft schwarzzusehen. Zeitreisende wissen das besser. Die am weitesten entfernten Stationen - dieses Bild entstand zwischen 1934 und 1938 - lassen das Werner Zentrum viel dunkler erscheinen als die näheren Haltepunkte. Der Grund ist banal: Farbfotografie für die Luftaufnahmen gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Die Qualität des Bildes lässt es nicht zu, die Aufnahme genau zu datieren: Wurde auf dem Marktplatz noch das Ehrenmal für gefallene Soldaten stehen, wäre es vor 1937 aufgenommen worden.
© RVR
Das Navigieren der Zeitmaschine ist gar nicht so leicht. Dieses Foto zeigt Werne in einem denkbar großen Zeitfenster: zwischen 1951 und 1980. Mitten hinein fällt ein entscheidendes Jahr für die Werner Entwicklung: 1975. Damals wurde Stockum Werne eingegliedert und die ganze Stadt dem Kreis Unna. Entscheidender aber: das endgültige Aus für die Zeche Werne - nach 75 Jahren. Auch wenn der RVR keine Näheren Angaben machen kann, steht fest: Die Aufnahme muss Anfang der 70er-Jahre entstanden sein. Denn das imposante alte Krankenhaus am Becklohhof (links oben vom Zentrum, wo heute das Seniorenheim St. Katharina ist) steht noch.
© RVR
In den 1970er-Jahren beginnt die Sanierung der Innenstadt von Werne. Die ehemalige Brennerei Moormann, die 1737 gegründet wurde und ständig expandierte, wird ausgelagert. Dieses Foto ist laut RVR zwischen 1957 und 1980 aufgenommen worden. Es zeigt noch mitten in der City die große Fabrik. Das Alte Steinhaus, die heutige Stadtbücherei, fungierte als Bürogebäude. Heute erinnert der Moormannbrunnen an das bedeutende Familienunternehmen, das in Werne der größte Arbeitgeber war, bevor der Bergbau in die Stadt kam.
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Willkommen in den 1960er-Jahren: Aufbruchszeit auch in Werne. Die Stadt wächst. Die Menschen kaufen sich Autos. Und Werne braucht neue Straßen. Dieses - etwas verschwommene - Luftbild aus der RVR-Sammlung - es ist zwischen 1963 und 1968 datiert - zeigt den gerade begonnenen Bau des Hansarings, einer innerstädtischen Verbindungsspanne zwischen Nord und Süd.
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Werne zwischen 1983 und 1990: Es ist eine Zeit der Neueröffnungen in alten Häusern. Das Karl-Pollender-Stadtmuseums mit Stadtarchiv hat schon 1980 geöffnet - in dem Haus, wo zur Orientierung für Zeitreisende die rote Markierung steckt. 1983 folgt die Wiedereröffnung der Stadtbücherei im Alten Steinhaus, am heutigen Moormannplatz. Und 1988 öffnet nach umfangreicher Sanierung eine beliebte Institution in Werne: das Solebad. Im selben Jahr zählt die Stadt 29.500 Einwohner - ein wenig mehr als heute. Erstmals zu sehen auf der Zeitreise: das in den 1970er-Jahren errichtete neue Stadthaus mit seinem Waschbeton-Charme.
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2003 ist ein besonderes Jahr in Werne: Die Stadt feiert „1.200 Jahre Pfarr-Gemeinde St. Christophorus Werne“. Pünktlich zu dem Geburtstag enden die umfangreichen Restaurierungsarbeiten an der Pfarrkirche St. Christophorus im Herzen der Stadt.
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2002 beginnt ein Großprojekt in der Innenstadt, das fast 20 Jahre dauern sollte: die Umgestaltung der Werner Fußgängerzone nach dem Entwurf von Architekt Martin Rogge. Die gesamte obere Bonenstraße bekommt eine neue zweifarbige Pflasterung, neue Bänke, Neupflanzungen und zusätzlicher Fahrradbügel.
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2012 wird auf dem Marktplatz das Wasserspiel in Betrieb gehen, das seitdem Kindern im Sommer jede Menge Freude macht. So weit ist die Stadt noch nicht bei diesem Stopp der Zeitmaschine. Er datiert zwischen 2005 und 2009. Die Umgestaltung der Innenstadt nimmt gerade wieder Fahrt auf.
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2004 entstand ein Neubau auf historischem Grund und Boden. Wo einst die Werner Burg stand und seit den 1970er-Jahren der Busbahnhof war, lässt der Werner Kaufmann Markus Gröblinghoff das „Center an der Horne“ errichten. Kurz nach der Eröffnung verkaufte er die Immobilie an die britische Investorengruppe Suffolk.
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Im Jahr 2020 fällt eine Entscheidung, die erst fünf Jahre später sichtbar werden wird im Stadtbild: Die 1999 errichtete Sakristei aus Stahl und Plexiglas wird abgebaut. An ihre Stelle wird ein dezenterer, niedrigerer Neubau treten.
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Wie sehr die Wirtschaft das Leben in der Innenstadt beeinflusst, zeigt das Jahr 2022, als Rewe Symalla mit 60 Mitarbeitern im einstigen Horne-Center schließt. Seit 2024 ist wieder Leben in dem Kaufhaus, das sich jetzt City Mall Werne nennt.
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Die Innenstadt fordert Stadtplaner nach wie vor heraus. 2023, als dieses Foto entsteht - willkommen in der Gegenwart! - geht es darum, den sogenannten Hühnerhof im Bereich zwischen Konrad-Adenauer-Platz, Schlot und Konrad-Adenauer-Straße und damit nur wenige Schritte vom Kirchplatz entfernt, neu zu gestalten. Die Stadt ist inzwischen Eigentümerin der unbebauten Grünfläche mitten in der Stadt. Um zu sehen, was daraus wird, müsste die Zeitmaschine in die Zukunft fliegen können.
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Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel ist zum ersten Mal am 16. September 2024 erschienen. Wir haben ihn jetzt erneut veröffentlicht.