Daniel (25) findet seit Monaten keine Wohnung in Werne „Im Internet gibt es nichts“

Daniel (25) findet seit Monaten keine Wohnung: „Im Internet gibt es nichts“
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Daniel hatte es noch nie leicht in seinem Leben. Seine Mutter kümmerte sich nicht gut um ihn, hatte große Probleme. Als er vier Jahre alt war, nahm das Jugendamt den heute 25-Jährigen aus ihrer Obhut. Zuerst lebte er in Pflegefamilien, als er älter wurde, zog er in Wohngruppen um. Bis vor rund zwei Jahren lebte Daniel in verschiedenen Wohngruppen, unter anderem in Münster und Bad Oeynhausen. Schikane, Gewalt und Psychoterror waren an der Tagesordnung. Die Betreuer haben oft weggeschaut, „weil sie keine Aufmerksamkeit wollten“, sagt Daniel. Er wurde bestohlen, gedemütigt, verprügelt. Dann schaffte er den Sprung in die eigene Wohnung, „obwohl mir alle erzählt haben, dass ich das nicht kann“, sagt Daniel.

Aktuell wohnt er in Unna, möchte aber wieder nach Werne. „Hier bin ich groß geworden, hier fühle ich mich zu Hause.“ Nur findet er keine Wohnung. Weil er keine Berufsausbildung hat und körperlich ein wenig eingeschränkt ist, hat er keinen Job. Er bezieht Bürgergeld. Lediglich 371 Euro für Kaltmiete stehen ihm laut Bemessung zu. Einen Wohnberechtigungsschein (WBS) hat der 25-Jährige, trotzdem findet er einfach keine Wohnung. Seit rund einem Dreivierteljahr ist er schon auf der Suche. „Ich gucke auf allen Seiten im Internet, aber es gibt nichts.“ Sobald er die maximale Miete eingebe, werde ihm kein Inserat mehr angezeigt.

Maximal 50 Quadratmeter

Ein WBS berechtigt zum Einzug in eine mit öffentlichen Geldern geförderte Wohnung. Die Ausstellung hängt von der Höhe des Einkommens und der Größe der Wohnung ab. Daniel kann nicht in irgendeine Wohnung umziehen. „Ich habe extreme Höhenangst, deshalb kommt für mich nur eine Erdgeschosswohnung infrage. Seine derzeitige Bleibe liege im ersten Stock. „Ich habe einen Balkon, den ich noch nie betreten habe, ich kann das einfach nicht“, sagt er. Dem Jobcenter habe er seine Misere geschildert, bekomme aber keinerlei Unterstützung.

„Das ist das Problem: Es gibt keine entsprechenden (Sozial-)Wohnungen“, so eine Sprecherin des Jobcenters des Kreises Unna auf Nachfrage. Die Wohnungssuche könne das Jobcenter den Leistungsempfängern nicht abnehmen, suchen müssten sie selbst. Wäre Daniel erfolgreich, könnte er Beihilfe zu den Umzugskosten beantragen. „Aber die Wohnung muss natürlich angemessen sein“, so die Sprecherin weiter. Angemessen bedeutet, dass die Wohnung weder zu groß noch zu teuer sein darf. Daniel darf alleine maximal 50 Quadratmeter bewohnen. Neben der Miete würde das Jobcenter auch Betriebs- und Heizkosten übernehmen, sofern diese nicht zu hoch sind. Doch das alles hilft dem 25-Jährigen nicht, weil er erst gar keine Wohnung findet.

Das Luftbild zeigt die geplante Bebauung von der Vinckestraße bis Am Bellingholz in Werne.
Das Luftbild zeigt die geplante Bebauung von der Vinckestraße bis Am Bellingholz in Werne. Hier sollen ab 2024 etwa 180 Wohneinheiten entstehen. © www.blossey.eu

Angespannter Wohnungsmarkt

Ist der Wohnungsmarkt auch in Werne wirklich so angespannt, dass nicht einmal über Gesellschaften was zu bekommen ist? „Die Stadt Werne hat keine eigenen städtischen Wohnungen/Häuser, für die sie auf dem Wohnungsmarkt als Vermieter auftritt. Deshalb müssen sich alle Suchenden - auch mit Wohnberechtigungsschein - auf dem Wohnungsmarkt Werne umschauen“, erläutert Sozialdezernentin Kordula Mertens auf Anfrage. Es sei Fakt, dass auf dem hiesigen Wohnungsmarkt „viele Wohnungssuchende miteinander im Bereich Öffentlich geförderter Wohnungsbau/Wohnberechtigungsscheine konkurrieren müssen.“ Das gelte für Bezieher von Bürgergeld und Grundsicherung ebenso wie für Menschen im Bereich Asyl/Flüchtlinge oder Hilfe zum Lebensunterhalt.

Der Rat der Stadt Werne hat dazu bereits vor einigen Jahren einen Beschluss gefasst, dass bei neuen Wohngebieten mindestens 30 Prozent öffentlich geförderte Wohnungen gebaut werden müssen. Bei jedem Wohngebiet, das mindestens zehn Einheiten beinhaltet, soll geprüft werden, ob öffentlich geförderter Wohnungsbau realisiert werden kann und soll.

Wegfall von Wohnungen

„Auf der anderen Seite fallen vorhandene öffentlich geförderte Wohnungen nach Ablauf der Fristen von 25 bis 30 Jahren aus der Bindung heraus. Das bedeutet für Werne auch in den nächsten Jahren den Wegfall von entsprechenden Wohnungen, die dann auf dem Wohnungsmarkt außerhalb der Bindung angeboten werden (können)“, so Mertens abschließend.

Daniel hilft das aktuell nicht. In seiner Verzweiflung hat er seine Sorgen in einer Werne-Gruppe bei Facebook geteilt in der Hoffnung, vielleicht auf diesem Wege eine Wohnung zu bekommen. Sein Post unter dem Namen Daniel Daniel hat zahlreiche Kommentare. Darunter auch Tipps, welche Wohnungsbaugesellschaft eventuell noch was hat. Einfach nachzufragen empfiehlt auch die Sozialdezernentin.

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