Reihenhäuser an Bahnlinie Dortmund-Münster geplant „Zweites Gleis wird nicht gebaut“

Günstig Wohnen für Familien: Reihenhäuser an der Ovelgönne geplant
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Günstiger, attraktiver Wohnraum für Familien fehlt landauf-landab. Entsprechend willkommen ist die Ankündigung des Hammer Unternehmens Wilczek Immobilien Management in Werne möglichst schnell 13 neue Wohneinheiten an der Ovelgönne für Familien mit geringem Einkommen schaffen zu wollen. Entstehen sollen Reihenhäuser mit Garten - direkt neben der Bahnlinie Münster-Lünen. „Wir verstehen uns als Experten für öffentlich geförderten Wohnungsbau“, sagte Josephin Koegel, Immobilienwirtin bei dem Familienunternehmen, das nach eigenen Angaben bereits mehr als 1000 Wohneinheiten in Nordrhein-Westfalen geschaffen hat, darunter auch 24 Reihenhäuser an der Brevingstraße in Werne.

Das neue Bauvorhaben, das Koegel zusammen mit der zuständigen Architektin Silvia Siepmann am Dienstag (26. November) den Mitgliedern des Ausschusses für Stadtentwicklung, Planung und Wirtschaftsförderung vorstellte, kam bei den Politikerinnen und Politikern durchweg gut an. Für helle Aufregung sorgte dagegen eine Bemerkung, die nur indirekt mit dem Wohnungsbauprojekt zu tun hatte. Sie bezog sich auf die Bahnlinie vor der Haustür. Josephin Koegel sprach beiläufig aus, was die Menschen in der Region seit vier Jahrzehnten befürchten.

„Da wird nicht gebaut“

Ob zwischen den Häusern und den Schienen auch dann noch genug Platz sei, wenn endlich das zweite Gleis gebaut werde, wollte Ausschussmitglied Artur Reichert (FDP) wissen. „Das“, sagte Koegel, „hatten uns die Investoren, für die wir bauen, auch gefragt.“ Immer wieder. Entsprechend hartnäckig waren ihre Recherchen bei der Deutschen Bahn in dieser Sache. Das Ergebnis bestätigte das, was viele in Werne und den Nachbarstädten entlang der Bahnlinie Dortmund Münster seit Jahrzehnten befürchten trotz aller anderslautenden Beteuerungen: „Man hat uns versichert, dass da nicht gebaut werden wird.“

Die Ausschussmitglieder im Sitzungsraum des Werner Stadthauses reagierten mit fassungslosem Schweigen. Einige lachten laut. Ralf Buelte, der Fachdezernent der Stadt, ergriff als Erstes das Wort. So sei das nun nicht, wie die Immobilien-Expertin es berichtet habe. Das zweite Gleis sei weiter auf der Agenda. Richtig sei aber auch: Für den von Politik und Wirtschaft geforderten Ausbau des zweiten Gleises stehe an der Ovelgönne ausreichend Platz zur Verfügung. Er stehe also nicht dem neuen Wohnprojekt im Weg.

Das Straßenschild der Ovelgönne in Werne ist vor einem Haus zu sehen.
Ovelgönne in Werne: So sieht es aktuell da aus, wo die 13 neuen Reihenhäuser entstehen sollen. © Sylvia vom Hofe

In den zurückliegenden Jahrzehnten war der Ausbau der 40 Kilometer langen Strecke zwischen Dortmund und Münster immer an der Finanzierung gescheitert. Im August 2023 schien endlich Bewegung in die ausgebremste Infrastrukturmaßnahme gekommen zu sein - zumindest für ein erstes, 23 Kilometer langes Teilstück zwischen Werne und Amelsbüren.

Bund, Land, die Deutsche Bahn AG und der Zweckverband Nahverkehr-Westfalen-Lippe hatten eine Rahmenvereinbarung mit einer Kostenaufteilung unterzeichnet. Danach teilen sich Bund und Land die Kosten im Verhältnis 60 zu 40 auf. Wie hoch sie sein werden und wann sie anfallen, blieb offen. Einen kräftigen Dämpfer hatte der zwischenzeitlich aufgekommene Optimismus im Frühjahr 2024 bekommen, als Sparpläne der Ampelregierung bekannt wurden. Statt 40 Milliarden Euro stehen der Deutschen Bahn nur noch 27 Milliarden Euro für die Grundsanierung ihrer Hauptstrecken in den nächsten Jahren zur Verfügung. Gerade Neubauprojekte stehen dadurch auf der Kippe. Dass damit auch das zweite Gleis in Werne vom Tisch sein könnte, hat die Bahn bislang niemandem mitgeteilt - bis auf Josephin Koebel.

Garten für jede Familie

Egal, ob eingleisig oder zweigleisig: Die Bahnlinie liegt zwar unmittelbar vor der Haustür der 13 geplanten Reihenhäuser, aber für erhöhten Schallschutz sei gesorgt, versicherten die Immobilien-Expertinnen aus Hamm. In Richtung Schienen würden sich die Haustüren der 13 neuen Reihenhäuser befinden. Auf dieser Gebäudeseite würden Kastenfenster- also jeweils zwei getrennte, voreinander gelagerte Fenster - verbaut. Auf der anderen Seite, den Schienen abgewandt, befänden sich Wohn- und Schlafräume sowie die eigenen Gärten. Die zwei beige-grau verklinkerten Gebäuderiegel der Reihenhäuser wirkten dabei als „Blockade“ für den Lärm von der Bahn.

Die Zielgruppe sind junge Familien mit geringem Einkommen, die Anrecht auf den sogenannten Wohnberechtigungsschein A haben. Dazu zählen Paare mit zwei Kindern und weniger als 59.600 Euro Bruttoeinkommen. Josephin Koegel sprach von einer Miete von 6,70 Euro pro Quadratmeter.

Zufahrt über Ovelgönne

Die Stadt Werne hatte sich verpflichtet, mindestens zwölf Wohneinheiten im Bereich des öffentlich geförderten Wohnungsbaus zu erstellen, als sie 2021 zwei Parzellen von der Immobiliengesellschaft der Deutschen Bahn an der Ovelgönne/Overbergstraße im Anschluss an die Bahntrasse erworben hatte. Dadurch konnte sie die Grundstücke vergünstigt erwerben. Andere dafür begeistern konnte sie zunächst aber nicht. Die Stadtverwaltung hatte Wohnungsbauunternehmen angeschrieben und darum gebeten, Konzepte für die Fläche zu erstellen. Niemand hatte aber darauf geantwortet - wegen der zu diesem Zeitpunkt besonders hohen Bau- und Zinskosten und der schwierigen Erschließungssituation des oberhalb der Ovelgönne liegenden Geländes. Erst als sich Wilczek Immobilien aus Hamm bei der Stadt Werne meldeten, kam Fahrt auf.

„Wir möchten so schnell wie möglich anfangen“, sagte Architektin Silvia Siepmann. Sobald der Bebauungsplan aufgestellt und die Baugenehmigung erteilt sei, wolle das Unternehmen loslegen. „Wir brauchen dann etwa ein Jahr.“ Bevor die Bebauung erfolgen kann, muss das leerstehende Gebäude auf der Fläche aber erst einmal abgerissen werden. Ein weiterer Schritt: die aktuelle Erschließung über die Ovelgönne verbessern. Zurzeit führt ein Gehweg zwischen 1,80 Meter hohen Wänden zur Straße hinab. „Wenn man heruntergeht, sieht man rechts und links gar nichts.“ Das werde deutlich aufgeweitet. Für die Autos der künftigen Bewohnerschaft ist direkt hinter der Zufahrt zur Ovelgönne eine Stellplatzanlage vorgesehen.

Ein Haus in Werne, das zusehends verwahrlost.
Baugrundstück in Werne: Das Gebäude auf dem Gelände steht leer und verwahrlost zusehends. © Sylvia vom Hofe