Wernes vergessene Werkstatt
Diese „Schätze“ liegen noch im verfallenen Schuppen an der Westmauer
05.11.2023 12:00 Uhr
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Das Gebäude an der Westmauer 15 ist unscheinbar. Tatsächlich hat es eine bewegende Geschichte - und beherbergt sogar ein paar kleine Schätzchen.
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Versteckt in der kleinen Gasse, die den Namen Westmauer trägt, liegt das kleine Backsteinhaus, in dem zuletzt der 2012 verstorbene Heinrich Elberfeld seine Stuhlmacherwerkstatt betrieb. Seit dem Tod des Eigentümers hat sich in dem Gebäude aufgrund ungeklärter Erbschaftsangelegenheiten nichts verändert. Es sieht so aus, als habe der Handwerker seinen Arbeitsplatz erst gestern verlassen - und einige bedeutsame Gegenstände vergessen. Wir erzählen die Geschichte in Bildern.
Die Straße Westmauer ist eine schmale Gasse, die parallel zur Burgstraße verläuft und in der Steinstraße mündet. Wer zur ehemaligen Stuhlmacherwerkstatt gelangen will, muss durch diese schmale Gasse gehen.
© Jörg Heckenkamp
Die Stuhlmacherwerkstatt befindet sich in einem denkmalgeschützten Backsteinhaus, das um das Jahr 1900 auf den Resten der früheren Stadtbefestigung errichtet wurde - und zwar von Heinrich Elberfeld. Die Werkstatt richtete er zunächst nur im Obergeschoss ein. Das Erdgeschoss diente als Schweinestall. Heinrichs Sohn Johann Heinrich, der auf den Rufnamen "Heine" hörte, übernahm die Werkstatt später. Heines Sohn wurde 1940 geboren. Auch er bekam den Namen Heinrich, wurde aber von allen nur "Heinz" genannt - und trat natürlich ebenfalls in die Fußstapfen seines Vaters.
© Felix Püschner
Heinz Elberfeld war der letzte Eigentümer des Gebäudes an der Westmauer - und auch des Hauses an der Burgstraße 15. Die beiden Gebäude bilden eine Einheit und sollten eigentlich in ein Museum umgewandelt werden. Doch diese Pläne scheiterten, weil der projektführende Verein die Immobilien wegen der ungeklärten Erbschaft nicht erwerben konnte.
© Privat
Theo Elberfeld - der Cousin von Heinz - in der Stuhlmacherwerkstatt. Die Werkstatt sieht aus, als habe Heinz sie gestern erst verlassen. Im Erdgeschoss befindet sich der Lagerraum für Rohmaterialien. Über eine schmale Holztreppe gelangt man in den Arbeitsraum.
© Felix Püschner
Etliche Werkzeuge, Schablonen, halbfertige Produkte und Maschinen, die teils schon deutlich älter als 100 Jahre sind, befinden sich noch in dem Gebäude. Sie wären die perfekten Exponate für ein Museum gewesen, in dem unter anderem die Geschichte des Handwerks erzählt werden sollte.
© Felix Püschner
Diese elektrische Bandsäge stammt aus dem Jahr 1905 - und war zu dieser Zeit eine echte technische Innovation. Der Schreiner musste nicht mehr von Hand sägen und schaffte trotzdem gerade sowie geschweifte ununterbrochene Schnitte. Er konnte somit schneller und exakter arbeiten.
© Karl-Heinz Schwarze
Eine alte Kombi-Kreissäge-Fräse-Langbohrmaschine: Sie ermöglichte es, dass beim Abtragen von Material bestimmte Formen gebildet werden konnten. Weil die Rechnung für die Maschine nie entsorgt wurde, ist auch der damalige Preis überliefert: Inklusive zahlreicher Zusatzteile kostete das Gerät im Jahr 1966 exakt 4723,50 Mark. Rabatt bereits inbegriffen.
© Karl-Heinz Schwarze
Fast schon ein Schnäppchen: Dieser Bandschleifer wurde 1961 für 1300 Mark gekauft.
© Karl-Heinz Schwarze
Der Geruch von Holzleim lag in der Luft, wenn Heinz Elberfeld in seiner Werkstatt arbeitete. Angeblich soll er dies aber stets nur getan haben, wenn er gerade Geld benötigte. Dann jedoch habe er seine Arbeit akribisch und mit Herzblut ausgeübt, heißt es in Erzählungen über ihn.
© Karl-Heinz Schwarze
Stuhlmacher Heinz Elberfeld beim Flechten eines Stuhlsitzes. Teilweise arbeitete Elberfeld zwei Wochen lang an einem Stuhl. Echte Handarbeit braucht eben ihre Zeit. Der Beruf des Stuhlmachers ist inzwischen nahezu ausgestorben. Nur noch wenige Menschen - darunter vor allem Restauratoren - beherrschen das Handwerk noch.
© Karl-Heinz Schwarze
Die Elberfeld-Produkte standen für Qualität. Dieser Stuhl ist nie ganz fertig geworden, sieht aber auch heute noch recht passabel aus.
© Joerg Stengl
Blick in die Straße Westmauer: Das Foto entstand in den 1930er Jahren.
© Archiv Förderverein Stadtmuseum
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