NRW-Landtagswahl 2022
Werner Politiker über Wahlbeteiligung: „Ein Armutszeugnis für die Demokratie“
Etwa 13 Prozent weniger Werner nahmen an der NRW-Landtagswahl teil. Die Parteien in Werne sind auf der Suche nach Gründen, können die geringe Wahlbeteiligung aus einem Grund aber gar nicht verstehen.
Noch nie haben so wenige Menschen bei einer Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen ihre Stimme abgegeben: Nur 55,5 Prozent gingen am Sonntag (15. Mai) ins Wahllokal oder stimmten per Briefwahl ab. Auch in Werne stürzte die Wahlbeteiligung stark ein. Nahmen 2017 noch 68 Prozent an der Landtagswahl teil, waren es dieses Jahr nur 56,3 Prozent.
„Unser Ergebnis ist ein Desaster“, sagt Artur Reichert, Parteivorsitzender der FDP in Werne. „Aber noch mehr bin ich von der Wahlbeteiligung enttäuscht.“ Das macht er vor allem an einem Punkt fest: „Es führen gerade zwei Länder Krieg. Die Leute in der Ukraine kämpfen für Demokratie. Ein Wahrzeichen davon sind freie Wahlen. Ich bin erschüttert, dass hier trotzdem so wenige Leute wählen gegangen sind.“
Artur Reichert (FDP) war nicht zufrieden mit der Wahlbeteiligung in Werne. © Jörg Heckenkamp (Archiv)
So sieht es auch Sven Linnemann, stellvertretender Ortsvereinsvorsitzender der SPD: „Zu wählen ist ein gutes Recht - und gerade durch den Ukraine-Krieg sollte das allen bewusst sein.“ Mit Blick auf das Ergebnis seiner Partei sagte er noch am Wahlabend: „Das spricht Bände. Die Genossen sind nicht an die Urne gegangen.“
Weißner (CDU): „Wer nicht wählt, darf auch nicht meckern“
Rolf Weißner, Vorsitzender der CDU in Werne, nennt die niedrige Beteiligung „ein Armutszeugnis für die Demokratie“. „Es obliegt allen Parteien, sich zu fragen, wie können wir Leute motivieren, zur Urne zu gehen?“ Er sagt aber auch: „Wer nicht wählt, darf auch nicht meckern.“
Bei der FDP versucht man laut Reichert viel dafür zu tun, die Leute zum Wählen zu animieren. An Ständen blieben aber auch nur die stehen, die sich eh für Politik interessieren würden. „Es ist schwierig, die Leute zu erreichen.“ Dass die Jugend weniger als Ältere an Politik interessiert wäre, könne der Parteivorsitzende aus seinen Erfahrungen aber nicht bestätigen. Es wäre sogar eher andersherum.
Bei der Bundestagswahl 2021 war die FDP mit den Grünen noch die Partei, die von den Wählern unter 30 Jahren genauso häufig gewählt wurde. Bei dieser Landtagswahl ging der Anteil deutlich zurück. Die Grünen lagen deutlich auf dem ersten Platz.
Die Grünen in Werne fühlen sich bestätigt
Das freut natürlich Benedikt Striepens, Fraktionssprecher der Grünen in Werne, der sich in der Forderung seiner Partei nach einem Kinder- und Jugendparlament in Werne bestärkt fühlt. „Wir müssen Jugendliche weiter an die Politik heranführen.“
In Werne habe es bei dieser Wahl aber durch den Bürgerentscheid im vergangenen Jahr auch eine besondere Situation gegeben. „Vielleicht ist eine Politikmüdigkeit entstanden.“
Zu möglichen Gründen für die geringe Wahlbeteiligung sagt Reichert (FDP). „Es gibt ein generelles Desinteresse, vielleicht war es auch Bequemlichkeit nach dem Motto: Wenn ich nicht weiß, wen ich wählen soll, dann geh ich nicht. Das gute Wetter kann aber keine Ausrede sein.“
Ein möglicher weiterer Grund könne laut dem FDP-Vorsitzenden auch sein, dass die Wahlprogramme der Parteien zu kompliziert wären. „Wir müssen volksnäher auftreten und mit einfachen Worten erklären können, worum es uns geht. Dafür müssen wir uns andere Wege einfallen lassen.“
Werne hat die vierthöchste Wahlbeteiligung im Kreis Unna
Rolf Weißner (CDU): „Wir müssen uns fragen, wie wir die Infos an den Bürger kriegen. Die Wahlprogramme müssen kurz und bündig sein. Die Wahlen entwickeln sich immer mehr zu Personen- als zu Inhaltswahlen.“
Rolf Weißner (CDU) nennt die geringe Wahlbeteiligung in Werne ein „Armutszeugnis für die Demokratie“. © Jörg Heckenkamp (Archiv)
Was zu der niedrigen Wahlbeteiligung in Werne im Vergleich zur Landtagswahl 2017 aber auch zu sagen ist: Im ganzen Kreis Unna liegt die Stadt mit 56,3 Prozent auf dem vierten Platz. Nur in Schwerte (57,6 Prozent), Holzwickede (59,3) und Fröndenberg/Ruhr (59,5) war die Beteiligung höher.
Wernes Wahlorganisator Sven Henning hat noch eine weitere Beobachtung: „Der Zulauf in die Wahllokale war deutlich geringer.“ Der höhere Briefwahlanteil (47,5 Prozent) im Vergleich zu 2017 habe den Rückgang in den Lokalen aber eben nicht ausgleichen können.
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