Werner Kinderarzt klärt auf „Fieber ist keine Krankheit, sondern ein Symptom“

Von Michael Gilbert
Werner Kinderarzt klärt auf: Was ist Fieber eigentlich?
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„Du, ich glaube, die Kleine hat Fieber. Sie war heute Nachmittag schon etwas angeschlagen. Wo ist denn das Fieberthermometer? Oh Gott – 39,8 Grad. Sollen wir nicht besser zur Klinik?“ So oder ähnlich ist es sicher in vielen Familien schon vorgekommen. Vor allem bei kleinen Kindern bekommen Eltern Angst und sind unsicher, wie mit Fieber umzugehen ist.

Ist es besser, ein Kind fiebern zu lassen oder doch sofort etwas gegen Fieber geben – Zäpfchen oder Saft, Wadenwickel, Lindenblütentee oder doch den Notarzt rufen? Schauen wir doch einmal etwas genauer hin.

Was ist eigentlich Fieber? Und wie entsteht es? Und wann spricht man von Fieber?

Wie so häufig, sind die augenscheinlich einfachen Fragen gar nicht so ohne. Klar – Fieber ist, wenn die Körpertemperatur ansteigt. Und das funktioniert so: Wir haben in unserem Gehirn gewissermaßen eine Messstelle für die Körpertemperatur und einen Regler für die Solltemperatur, eigentlich ähnlich wie bei unseren Heizungen.

Die normale Körpertemperatur liegt bei uns zumeist zwischen 36 und 37,3 Grad. Steigt sie höher, versucht der Körper, sie zu senken, zum Beispiel durch Schwitzen. Bei Fieber nun ist der Sollwert verstellt. Eben auf Werte zwischen 38 und 41,5 Grad.

Ab wann sprechen wir von Fieber?

Auch hier gibt es unterschiedliche Definitionen. Meist spricht man von Fieber ab 38,5 Grad, im ersten Lebensjahr ab 38 Grad.

Und warum gibt es überhaupt Fieber? Eine sehr spannende Frage. Nicht nur wir Menschen bekommen Fieber, auch viele andere Lebewesen – und das wohl seit vielen Millionen Jahren. Und was so lange in der Natur bleibt, muss doch einen Sinn haben. Hat es auch. Viele Dinge, die im Körper passieren, damit wir zum Beispiel mit Infekten fertig werden, werden durch Fieber angeregt, der Körper schaltet quasi einen oder auch zwei Gänge höher.

Und wenn das Fieber immer weiter steigt? Dies passiert nahezu nie, weil die Natur eine Notbremse eingebaut hat, die sogenannte Hitzeschockantwort, die in der Regel bei Temperaturen zwischen 41,5 und 42 Grad einsetzt. Hierbei produziert der Körper Eiweiße, die den Fieberanstieg begrenzen. Dies funktioniert allerdings nicht, wenn Hitze von außen kommt, also Überwärmung durch zu hohe Umgebungstemperatur, wie zum Beispiel Gluthitze im Auto.

Fieber senken?

Hier müssen wir bedenken, dass neben den guten Seiten Fieber auch schlechte Seiten hat. Wir haben häufig Kopf- und Gliederschmerzen, der Flüssigkeitsbedarf steigt. Andererseits sinkt der Appetit und auch die Trinklust, was zu Wasserverlust, der auch bedrohlich sein kann, führen kann.

Daher sollten wir uns bei der Frage, Fieber senken – ja oder nein –, vor allem vom Allgemeinzustand unseres Kindes leiten lassen. Auf keinen Fall sollte man das Fieber immer „herunterknüppeln“. Hauptaugenmerk sollten wir gerade bei unseren Kindern immer auf das Trinken haben.

Und wie senken? Die gängigsten Medikamente für unsere Kinder sind Paracetamol und Ibuprofen (das erst ab dem sechsten Lebensmonat und über sieben Kilogramm), die jeweils nach dem Körpergewicht dosiert werden. Physikalische Methoden wie Wickel sind auch wirksam, allerdings verstellen sie nicht den Sollwert (s.o.), so dass der Effekt nur kurz anhält.

Fieber ist in aller Regel keine Krankheit, sondern Symptom einer Krankheit. Und ob diese aktiv behandelt werden muss, wie zum Beispiel eine Lungenentzündung, oder ob unser Körper dies allein schafft, wie bei vielen Virusinfekten, müssen der Verlauf, ihr elterliches Gefühl und wir Ärztinnen und Ärzte entscheiden.

Zurück zum Anfang. „Hat sie denn gut getrunken?“ „Oh ja, sie hat sogar mehr Durst als sonst, wollte allerdings abends nicht viel essen.“ „Komm, wir nehmen sie zu uns, dann haben wir sie besser im Blick und legen uns die Zäpfchen schon einmal ans Bett, damit wir heute Nacht nicht suchen müssen.“