
© Jörg Heckenkamp
Werner Gemeinde in zehn Jahren: „Es wird uns weiter geben, aber kleiner“
Gemeinde St. Christophorus
Schwindende Mitglieder-Zahlen, sinkende Einnahmen, neue Aufgaben - der katholischen Kirchengemeinde St. Christophorus stehen große Zukunftsaufgaben bevor. Wir sprechen darüber mit Pfarrdechant Schäfer.
Der Pfarrgemeinde St. Christophorus stehen große Umwälzungen bevor. Bei zurückgehenden Gläubigen-Zahlen und sinkenden Einnahmen muss sich die Gemeinde künftig anders positionieren. Mit dem Aufstellen eines Immobilien-Konzeptes und der Verabschiedung inhaltlicher Leitlinien will man die Zukunft angehen.
Dazu haben sich engagierte Gemeindemitglieder viele Gedanken gemacht und Vorschläge unterbreitet, wie man die künftigen Anforderungen bewältigen kann. Dazu gehört unter anderem der Abriss der stark sanierungsbedürftigen und von vielen ungeliebten Sakristei. Sie soll durch einen Neubau ersetzt werden, der sich besser an die Christophorus-Kirche anpasst.

Von den einen geliebt, von vielen gehasst: Die futuristische, sanierungsbedürftige Sakristei an der Christophorus-Kirche wird abgerissen. © Jörg Heckenkamp
Außerdem beinhaltet das Immobilien-Konzept die langfristige Aufgabe der renovierungsbedürftigen Kirche St. Johannes im Holtkamp. Wir haben mit Pfarrdechant Jürgen Schäfer (54) über die inhaltliche Ausrichtung der Gemeinde gesprochen:
Hallo, Pfarrdechant Jürgen Schäfer, Ihr Zukunftskonzept geht von zurückgehenden Zahlen von Gläubigen und finanziellen Mitteln aus. Wie wollen Sie künftig die Gemeindemitglieder noch erreichen?
Die Menschen stellen sich heutzutage anders auf und nehmen andere Formen wahr, sich zu treffen oder zu engagieren. Eher punktuell für bestimmte Projekte oder Angebote. Der Verbands-Katholizismus geht zurück. Allgemein, muss man sagen, geht das Interesse am Kirchlichen zurück.
Ist es ein schwieriger Spagat zwischen schwindenden Gläubigen-Zahlen und dem Angebot, das so eine Gemeinde vorhalten muss?
Eigentlich nicht, wir passen die Dinge an. Wir überlegen uns, wie wir Kirche ausrichten wollen. So entstehen dann zum Beispiel verschiedene Gottesdienst-Formate.
Welche wären das?
Etwa in St. Konrad das Angebot für junge Familien oder so etwas wie Sonntagsausklang. Dann Gottesdienste in Kitas und so weiter. Man muss insgesamt neuere Formen finden.
Auch hier bitte ein Beispiel.
Wir arbeiten schon verstärkt mit anderen Organisationen zusammen und wollen das weiter ausbauen. Zum Beispiel mit Schulen oder der Fabi, die übrigens hervorragende Arbeit leistet, oder mit Beratungsstellen. Vielen Menschen ist bei solchen Organisationen und Einrichtungen gar nicht bewusst, dass da Kirche drinsteckt.

Rissbildung in der katholischen Kirche St. Johannes im Holtkamp: Eine Renovierung ist nicht geplant. Wenn es nicht mehr geht, soll sie abgerissen werden. © Jörg Heckenkamp
Menschen wollen sich oft nicht mehr für immer und ewig an eine Organisation, oder eben an kirchliche Arbeit, binden. Wie reagieren Sie darauf?
Das Ehrenamt bis zum Lebensende ist tatsächlich ein Auslauf-Modell. Engagement funktioniert heute vielfach projektbezogen.
Wie kann das rund um Kirche laufen?
Beispielsweise bei einem kirchlichen Chor, der für eine bestimmte Aufführung probt. Aber man muss nicht sein Leben lang dem Chor verbunden sein. Wir müssen den Menschen sagen „Schön, wenn du bei uns anfängst, aber nicht schlimm, wenn du wieder aufhörst.“
Sie werden aber doch nicht drumherum kommen, Angebote zu reduzieren?
Generell gilt: Wir wollen in der Fläche weiter präsent sein und überall zum Beispiel Gottesdienst-Angebote machen.
Aber wie wollen Sie das unter den Voraussetzungen schaffen?
Indem wir uns anpassen. Wir haben die Kirche St. Konrad abgerissen, aber an die Stelle etwas Neueres, Kleineres gesetzt, das aber passt. Oder wir passen Angebote an, wie die Messe am Donnerstagmorgen in St. Johannes. Die war nicht gut besucht, also lassen wir es, bieten stattdessen Donnerstagabend eine Messe in St. Konrad an.
Die Menschen werden immer älter, aber nicht gerade mobiler. Sehen Sie nicht die Gefahr, dass Sie gerade die Betagten bei einer Einschränkung der kirchlichen Angebote verlieren?
Nein, das sehe ich überhaupt nicht. Meist sind die Senioren noch so mobil, dass sie auch etwas größere Entfernungen bewältigen können. Zum Beispiel mithilfe der Familien. Wenn sie dann gar nicht mehr mobil sind, dann würden sie es nicht einmal zur Kirche auf der anderen Straßenseite schaffen.
Schrumpfung und Reduzierung: Gilt das auch fürs Personal der Christophorus-Gemeinde?
Nein, absolut nicht. Ich sehe uns personell im Moment gut aufgestellt.
Herr Schäfer, wo sehen Sie die katholische Gemeinde St. Christophorus Werne in zehn Jahren?
(überlegt kurz) Es wird uns noch geben, aber wir werden kleiner sein. Altes wird wegbrechen, aber Neues entstehen. Es wird in vielen Bereichen eine Professionalisierung geben, zum Beispiel durch Unterstützung des Bistums beim Ehrenamt.
Ich habe da Lust drauf und es wird spannend.
Jeden Tag Menschen hautnah - nichts ist spannender als der Job eines Lokalredakteurs. Deshalb möchte ich nichts anderes machen - seit mehr als 35 Jahren.
