Ausraster im Minecraft-Film Verwüsten Fans auch Kinosäle in Werne?

Verwüsten Fans auch Kinosäle in Werne?
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Der Duden definiert das Wort Euphorie als „zeitweilige übersteigert heitere und zuversichtliche [Gemüts]stimmung, Hochstimmung, Zustand optimistischer Begeisterung, [rauschhaft] gesteigerten überschwänglichen Gefühls“. Der Mediziner spricht von „dem objektiven Zustand nicht entsprechende gesteigerte Gemütsstimmung“. Beim Blick auf völlig enthemmte Kinobesucher scheint beides irgendwie zuzutreffen.

Seit Anfang April läuft in deutschen Kinos „Ein Minecraft Film“ - ein Mix aus Real- und Animationsfilm, dem eines der bekanntesten Computerspiele der Welt zugrunde liegt. Darin geht es um vier Außenseiter, die durch ein mysteriöses Portal in eine unwirkliche, würfelförmige Welt voller Fantasie und seltsamer Figuren gezogen werden. Hier müssen sie sich gefährlichen Wesen stellen und lernen, dass Kreativität nicht nur beim Gestalten hilfreich ist, sondern sogar überlebenswichtig sein kann.

Aufgeregte Kinogänger

In diesem Film gibt es eine Szene, die weltweit zu verwüsteten Kinosälen führte: Ein Charakter des Films steht in einem Boxring einem Huhn gegenüber. Ein Reiter - eine Mischung aus Frankensteins Monster und einem Zombie-Kind - wird auf das Tier heruntergelassen und eine andere Filmfigur sagt „Chicken Jockey“. In diesem Moment fangen die Kinogänger an zu schreien, schmeißen ihre Snacks durch die Gegend und springen auf den Sitzen herum. Manchmal werden sogar echte Hühner in die Säle geschmuggelt. Szenen davon gehen im Netz viral. In manchen Ländern musste die Polizei verständigt werden und die Kinos räumen.

Auch in Werne zeigt das Capitol Kino den Film. Dass die Leute derart ausrasten können, hat die Betreiber Jutta und Wido Wagner anfangs besorgt. Solche Tumulte oder Verwüstungen seien aber bisher ausgeblieben. „Bei manchen Filmen wissen wir vorher, dass das Publikum aufgeregter oder euphorisierter ist. Das liegt an der Geschichte“, weiß Jutta Wagner. Da komme es schon mal vor, dass besonders jüngere Zuschauer mehr Popcorn- und Chipsreste im Saal hinterlassen.

Kinder und Jugendliche vom Werner SC genießen den Kinotag im Capitol Cinema Center.
Kinder und Jugendliche vom Werner SC genießen den Kinotag im Capitol Cinema Center. © Jörg Stengl (Archiv)

Bengalos in anderen Kinos gezündet

In der langen Weltgeschichte der Kinos hat es schon einige Filme gegeben, bei denen das Publikum aktiv mitmacht. Am bekanntesten ist hier sicherlich die Musical-Verfilmung „The Rocky Horror Picture Show“. Hier spritzen Zuschauer bei Szenen im Regen mit Wasser, werfen Reis bei einer Hochzeit oder mit Toastbrot-Scheiben, wenn beim Bankett das Glas zum Anstoßen - zum Toast - erhoben wird. Den Film hat das Werner Capitol Kino auch schon gezeigt, „aber ohne, dass die Leute mitgemacht haben“, sagt Jutta Wagner. Die Sauerei wäre am Ende einfach zu groß.

Glücklicherweise habe während des Minecraft-Films bisher niemand irgendwelche Zerstörungswut an den Tag gelegt. „Ganz zu Anfang hatte ich eine Gruppe Jugendliche, bei denen ich schimpfen musste. Die haben richtig rumgesaut. Da hätte nicht mehr viel gefehlt und ich hätte sie rausgeworfen“, erzählt Jutta Wagner. Manchmal passiere es, dass jugendliche Gruppen sich gegenseitig anstacheln, wer den meisten Müll hinterlässt. „Aber das kommt bei uns zum Glück nur sehr selten vor. Kinogänger in Werne wissen, sich zu benehmen“, lacht sie.

Ihr Mann Wido erzählt, dass nicht alle Kinobetreiber so viel Glück haben. Ein Bekannter habe miterleben müssen, wie Bengalos (Feuerwerkskörper) während der Vorführung gezündet worden seien. Auch seien Sitze mutwillig beschmiert und beschädigt worden. Würde das in Werne passieren, müssten die Verantwortlichen wohl mit einer saftigen Strafe und einem lebenslangen Hausverbot rechnen.