Bis 1969 hatte Werne nichts mit Karneval am Hut. Dann zog die Familie Götz nach Werne und änderte alles. „Wir sind als Clowns verkleidet in die Stadt gegangen und haben überall ‚helau‘ gerufen. Die Menschen haben uns angesehen, als seien wir verrückt“, erzählt Georg Götz (62). Damals war er sieben Jahre alt, seine Schwester Sabine drei, aber sie sollten maßgeblich daran beteiligt sein, dass der Karneval in Werne Einzug hielt. Die Familie stammte aus Düsseldorf, aber Vater Gregor „Schorsch“ arbeitete in Werne. Nach dem Umzug an die Lippe war die ganze Familie in den Karneval involviert. Doch es gab anfangs mehrere Kneipen, die die Karnevalisten nicht haben wollten, sie regelrecht hinauswarfen. „Am Anfang war es Abneigung, weil es neu war“, sagt IWK-Präsident Michael Holtmann. Das sollte sich recht bald ändern.
1975 gründeten Michael Lexius, Gregor Götz, Klaus Wiedenhorst, Ludger Goers und Gottfried Forstmann schließlich die „Interessengemeinschaft Werner Karneval“ - abgekürzt IWK. In der Gaststätte Bülhoff hatten sie einen Stammtisch, hier wurde der Rosenmontags-Umzug quasi geboren. Karl-Heinz Marckhoff wurde der erste Prinz, damals noch ohne Prinzessin. Mit einem Bollerwagen, einem selbst gebauten Fahrrad und ganz viel Idealismus ging es am 10. Februar 1975 durch die Stadt.

40.000 Besucher in der Spitze
Aus einer Handvoll Zuschauer wurden über die Jahre knapp 40.000, die jährlich die Straßen belagerten und feierten, was das Zeug hielt. „Viele Menschen wurden bekehrt“, lacht Gottfried Forstmann. Ludger Goers, 1979 der erste Stadtprinz, der mit Christel Knabelowski eine Prinzessin an die Seite bekam, hat sich besonders wegen der Geselligkeit, der guten Laune und des Zusammenhalts engagiert. Der heute 72-Jährige war ab 1982 maßgeblich für den Kinderkarneval verantwortlich. 40 Jahre lang hatte er das Heft in der Hand, sorgte unter anderem dafür, dass die Party vom Marktplatz in den Kolpingsaal umziehen konnte. Mehrere Jahre war der Karneval in Werne nämlich eine reine Open-Air-Veranstaltung.

Zweitgrößte Veranstaltung
„Im Grunde haben wir darauf gewartet, dass jemand auftauchte und loslegte“, erinnert sich Forstmann (72), 1976 der zweite IWK-Prinz. Den Rosenmontagszug hätte er damals beinahe verpasst. Er studierte zu der Zeit auf Lehramt und hatte eine Praktikumsstelle in Drensteinfurt. Die Schule sei nicht sehr begeistert gewesen, dass er nach nur einer Unterrichtsstunde wieder weg war. „Aber Ärger gab es nicht“, lacht er.
Alle haben gerne gefeiert, aber auch Verantwortung übernommen. Oft werde vergessen, wie viel ehrenamtliches Engagement alljährlich im Werner Karneval stecke. Pressewart Stan Overmann betont: „Das ist Brauchtum seit 50 Jahren. Und Rosenmontag ist nach Sim-Jü die größte Veranstaltung in Werne. Die Ehrenamtler legen sich krumm.“

Eine große Familie
Aber dann stelle sich wieder dieses Gefühl ein, dass die IWK eine große Familie ist, so Präsident Holtmann. Ist ja irgendwie klar, denn mit einer jecken Familie hat ja damals alles angefangen. Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl mache die Gemeinschaft aus. „Wir haben diese Session viele neue Mitglieder bekommen, auch junge Leute, wir haben wenig Nachwuchsprobleme. Man lebt das einfach“, so Holtmann, der bereits von 2003 bis 2006 und wieder seit 2010 Präsident ist. Für dieses Jahr wünscht er sich am 3. März vor allem gutes Wetter und ein friedliches Fest. Ein Highlight für den Zug verrät er schon: Eine Samba-Band.
Dreimal fiel der Rosenmontagszug vor Corona aus: einmal 1991 wegen des ersten Golfkriegs, zweimal wegen Wetter. Wann genau das war, wissen die Gründungsmitglieder nicht mehr. Als Nächstes steht am 15. Februar (Samstag) der Seniorenkarneval ab 15.11 Uhr im Kolpingsaal an. Dann ist es nicht mehr lange bis Rosenmontag.
Der amtierende Prinz Robin I. ist übrigens der einzige, der bei der IWK auch schon Kinderprinz ist. Dessen Eltern Dirk I. Melanie II. Nolting waren 2016 in Amt und Würden. Na dann: Werne, helau!