„Die Wirtschaftspolitik in Werne ist das herausforderndste und wichtigste Handlungsfeld. Es herrscht ein hoher Druck, neue Ansiedlungen und Betriebserweiterungen zu ermöglichen“, fasste Bürgermeister Lothar Christ die Situation im Ausschuss für Stadtentwicklung, Stadtplanung und Wirtschaftsförderung am Dienstagabend (25. März) zusammen. Anfang März hatte der Regionalverband Ruhr (RVR) eine neue Flächenbedarfsberechnung vorgelegt. Nach dieser fehlen rund 31 Hektar Gewerbefläche in Werne.
„Das kriegt man oft nicht mit, aber die Anfragen gehen zurück. Mehrere Unternehmen aus Werne haben Bedarfe, die hier nicht angeboten werden können und wandern dann ab. Das ist besorgniserregend, wenn man jetzt nicht darauf reagiert“, so Christ weiter. Werne sei jedoch noch recht gut bestellt, andere Kreise hätten überhaupt keinen Handlungsspielraum mehr. Daher appellierte er an die Ausschussmitglieder, dem formulierten Beschlussvorschlag zur Entwicklung einer neuen Gewerbeflächenstrategie inklusive eines Bürgerdialogs zuzustimmen.
Lokaler Bedarf vorhanden
„Wir sehen den lokalen Bedarf unserer Betriebe und wissen auch, dass wir das Problem nicht über Nachverdichtung lösen können, deswegen werden wir diesen Beschlussvorschlag eruieren und zustimmen“, erklärte Klaus Schlüter von Bündnis 90/Die Grünen. Sein Parteikollege Andreas Drohmann war allerdings der Meinung, dass die vom RVR vorgelegten Zahlen falsch seien. Er lese den Bericht des RVR als Empfehlung für die kommenden Jahre, nicht als kurzfristiges Ziel. „Wie wollen wir aussehen, wo wollen wir hin? Die Fragen sind wichtig. Die Diskussion möchte ich anstoßen“, so Drohmann.
Lothar Christ erwiderte, an dieser Stelle sei eine ideologische Diskussion fehl am Platz. Es gehe darum, eine politische Handlungsgrundlage zu eruieren. Und eine finale Entscheidung fälle ohnehin der Stadtrat. Adelheid Hauschopp-Francke (SPD) pflichtete Andreas Drohmann bei, seine Frage sei berechtigt. „Leider kostet Leben Geld, qualitativ hochwertiges Leben kostet viel Geld und außer unseren Zuwendungen haben wir nur die Grund- und Gewerbesteuer“, so die Unternehmerin. Wie beliebt eine Erhöhung der Grundsteuer sei, werde gerade deutlich, daher sei es die Politik ihren Bürgerinnen und Bürgern schuldig, transparent zu sein. Ausschussvorsitzende Uta Leisentritt erteilte weiteren Diskussionen zu dem Thema eine Absage und bat um Abstimmung. Diese fiel einstimmig zugunsten der Strategieentwicklung.

Rückenwind aus der Politik
In einer anschließenden Pressemitteilung brachte Wirtschaftsförderer Matthias Stiller seine Freude über den Rückenwind aus der Politik zum Ausdruck: „Wie in ganz Deutschland steht auch Werne vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen. Um diese bewältigen zu können, müssen wir uns jetzt auf den Weg machen, neue Perspektiven für Gewerbeflächen in Werne zu entwickeln.“ In einem ersten Schritt sollen zunächst die Entwicklungsmöglichkeiten anhand der regional- und landesplanerischen Voraussetzungen geprüft werden. In diesem Zuge werde dann auch nach konkreten Flächen für die gewerbliche Entwicklung gesucht.
Der Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern sei extrem wichtig. Nachdem die Entwicklung eines Regionalen Kooperationsstandortes 2021 durch einen Bürgerentscheid gestoppt wurde, solle die Öffentlichkeit nun frühzeitig, und zwar noch vor dem Beginn konkreter Planungen, eingebunden werden. „Über die Hintergründe, Zusammenhänge und weiteren Schritte der Gewerbeflächenstrategie werden wir die Öffentlichkeit ab jetzt stetig auf dem Laufenden halten. Außerdem wollen wir den Menschen die Möglichkeit geben, sich persönlich in den Prozess einzubringen“, so Bürgerdialogmanagerin Dr. Linn Julia Temmann.
Die Bürgerbeteiligung werde von der Verwaltung und den wirtschaftspolitischen Sprechern der Faktionen im Rahmen einer Lenkungsgruppe begleitet und vorbereitet. Über alle weiteren Schritte und Beteiligungsmöglichkeiten werde die Öffentlichkeit über die Website und die Social-Media-Kanäle der Stadt informiert, sowie aus der Tagespresse.
Aktueller Stand Nordlippepark
Im Gewerbegebiet Nordlippepark sind derzeit alle Flächen vermarktet. Laut Stiller laufen bei einer kleinen Fläche gerade Vertragsverhandlungen. „Zwischen Verkauf und Bau können mehrere Monate liegen, da Unternehmen erst nach dem Erwerb der Flächen in die konkrete Planung investieren. Danach müssen dann die entsprechenden Gewerke für eine bauliche Umsetzung gefunden werden“, so der Wirtschaftsförderer auf Nachfrage.
Aus diesem Grunde könne manchmal der Eindruck entstehen, dass es an diesen Stellen noch freie Gewerbeflächen gibt. Verträge, die die Stadt Werne und die Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WFG) des Kreises Unna schließen, beinhalten immer eine Bau- und Ansiedlungsverpflichtung. „Dies hat zur Folge, dass, wenn nach einer bestimmten Zeit kein Bau erfolgt, diese Flächen wieder zurück in den Besitz der Stadt oder der WFG gehen“, erklärt der Wirtschaftsförderer.