Warum warte ich so lange beim Arzt? Medizinerin: „Manche sind dann genervt“

Warum warte ich so lange beim Arzt? Das sagen zwei Mediziner
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Beim Arzt telefonisch durchzukommen, ist oftmals nicht so einfach. Nach langen Minuten in der Warteschleife geht endlich jemand an den Apparat. Terminvereinbarung für nächste Woche Mittwoch, 10.15 Uhr. Pünktlich an diesem Tag in die Praxis gekommen. Warteschlange bei der Anmeldung, volles Wartezimmer. Es wird 10.30, 10.45, 11 Uhr. Wieso vergeben die Praxen überhaupt Termine, wenn man doch nicht pünktlich drankommt? Das fragen sie viele Patientinnen und Patienten. Die Antwort darauf ist vielschichtig.

Wir haben mit zwei Werner Hausarztpraxen über diese Problematik gesprochen.

Es gibt viel Ungeplantes

Die Ärztin Senay Yalcin von der Gemeinschaftspraxis am Neutor (Dr. Mumm) erklärt die Grundlagen der Terminvergabe in ihrer Praxis: „Wir vergeben Termine fürs Blutabnehmen am frühen Morgen. Dann gibt es morgens Termine für Check-Up-Untersuchungen und tagsüber für Besprechungen mit den Patienten.“ Doch gerade beim Hausarzt gibt es viel Ungeplantes.

Die Medizinerin erzählt: „Es kommen dann zahlreiche Patienten ohne Termin, weil sie akute Beschwerden haben oder es gibt sogar Notfälle.“ Das würfelt die gesamte Terminplanung tagtäglich durcheinander. „Wir versuchen, Patienten mit Termin vorrangig zu behandeln“, sagt Yalcin. Aber die Unwägbarkeiten des Praxis-Alltages führten bisweilen zu längeren Wartezeiten. Doch es gibt noch andere Verzögerungs-Auslöser.

Tücken der Technik

„Manchmal bremsen uns auch technische Probleme aus“, sagt die Ärztin. So komme es bisweilen zu Macken im Computer-System. Oder Untersuchungsgeräte funktionierten nicht richtig. Als das sorgt letztlich dafür, dass die Terminplanung über den Haufen geworfen wird. Noch ein anderer Umstand kann dazu führen, dass Patienten länger warten müssen als vorgesehen: „Personalmangel durch Krankheit“, sagt Senay Yalcin, „das ist bei uns momentan der Fall“, sagt sie am 19. September 2023 im Gespräch mit der Redaktion.

Ob sie schon einmal Patienten erlebt hat, die wegen langer Wartezeiten laut geworden sind? „Nein, bisher noch nicht. Die meisten sind verständnisvoll. Aber man spürt ab und an, dass jemand, der länger gewartet hat, schon etwas genervt ist.“

Dr. Thomas Rath und MFA Christel Brünemann in der Hausarztpraxis am Kirchhof. Er sagt: "Das Thema Wartezeiten ist eine komplexe Gemengelage."
Dr. Thomas Rath und MFA Christel Brünemann in der Hausarztpraxis am Kirchhof. Er sagt: "Das Thema Wartezeiten ist eine komplexe Gemengelage." © Jörg Heckenkamp

„Wir können das nicht garantieren“

Auch in der allgemeinmedizinischen Praxis von Dr. Thomas Rath an der Straße Kirchhof kommt es trotz Terminvergabe zu Verzögerungen und Wartezeiten für die Patienten. „Wenn wir sagen ‚Kommen Sie um 11 Uhr in die Notfallsprechstunde‘ deuten viele das als einen sicheren, festen Termin. Das können wir aber nicht garantieren.“ Auch in seiner Praxis gibt es, wie in der am Neutor, diverse Gründe für Wartezeiten.

Dr. Rath führt die „menschelnde Seite“ an, wie er es formuliert: „Wenn der Patient bei mir ist und auf einmal anfängt, über private Probleme zu erzählen, dann kann ich ihn in der Regel doch nicht einfach abwürgen“, sagt er. „Bei uns Allgemeinmedizinern laufen verschiedene medizinische Beschwerden zusammen, die Menschen haben können.“ Das mache die Berechnung eines sicheren Zeitplanes schwer. „Bei einem Facharzt ist das teilweise anders, der kann eher kalkulieren, wie viel Zeit er pro Patient braucht.“

Ältere benötigen mehr Zeit

Rath verweist zudem darauf, dass in Werne zahlreiche ältere Menschen leben und die beanspruchten in der Regel mehr Zeit als Jüngere. Seine Mitarbeiterin Christel Brünemann, medizinische Fachangestellte (MFA) und viel in der Praxis-Organisation tätig, nennt einen weiteren Grund für Verzögerungen in Form eines Beispiels: „Da ruft jemand an und fragt, ob der Doktor mal auf seinen Insektenstich schauen könnte.“ Eine Sache von vielleicht fünf Minuten. „Doch wenn er dann im Sprechzimmer ist, klagt er über Stiche in der Seite und Schmerzen im Knie.“ - Schon verdreifache sich der Zeitaufwand. Resultat: Wartezeiten für die folgenden Patienten, für die das unerklärlich scheint.

Thomas Rath räumt zudem ein, dass man sicherlich in der Praxis-Organisation und in der Kommunikation mit Patienten noch Verbesserungs-Potenzial habe. Er wird dann nachdenklich und sagt: „Warum es mit der Terminplanung oft nicht klappt - das ist wirklich eine komplexe Gemengelage.“

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