Von Flensburg bis Oberstdorf in 6 Tagen Wolfgang Rohe (63) fährt mit dem Rad quer durch Deutschland

Von Helmut Holz
Wolfgang Rohe (63) ist mit dem Rad quer durch Deutschland gefahren
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„Ich glaub´, Du spinnst!“ oder „Das ist doch nicht zu schaffen!“: So lauteten zwei der Kommentare, als Wolfgang Rohe am Tag seines 63. Geburtstages sein sportliches Ziel für das Jahr 2023 verkündete. „Ich werde Deutschland mit dem Fahrrad von Flensburg bis Oberstdorf in sechs Tagen durchqueren.“

Doch die Reaktionen seiner Freunde brachten den zu diesem Zeitpunkt schon weitgehend ausgearbeiteten Plan nicht ins Wanken. 1023 Kilometer und 6510 Höhenmeter waren die nackten Zahlen der Tour. Um diese Strecke hinter sich zu bringen, baute Rohe auch auf seine Erfahrungen, die er bereits als Triathlet und Ironman-Athlet gewonnen hatte.

Für den Bedarf dieser Reise hatte er fast spartanisch vorgesorgt: eine kleine Tasche am Lenker, eine noch kleinere am Sattel und ein kleiner Rucksack. „Und ich hatte noch zuviel“, zog er nach den sechs Tagen ein überraschendes Fazit.

Der Hauptbahnhof von Flensburg war der Startpunkt für Wolfgang Rohe und sein Gravel-Bike. „Wir wünschen dir eine gute Fahrt, keine Schlaglöcher und vor allem gutes Radfahr-Wetter, hatten ihn am Abend noch die guten Wünsche vieler Freunde erreicht, die die Reise über eine von ihm selbst eingerichtete WhatsApp-Gruppe interaktiv verfolgen konnten.

Früher Start am Morgen

Nach der ersten Nacht in Flensburg war dann ab 3.23 Uhr der Sattel sein zweites Zuhause. Die erste Etappe, die Lüneburg zum Ziel hatte, wies mit 228 Kilometern bei 870 Höhenmetern eine unglaubliche Distanz auf. „Mitten in der Nacht bei völliger Dunkelheit unterwegs zu sein, war neu und spannend“, beschreibt Rohe seine Gefühle nach dem ersten Start in der Dunkelheit.

Als Durchschnittsgeschwindigkeit wies der „Bordcomputer“ 18,8 km/h aus, die maximale Geschwindigkeit betrug 40,6 km/h. Insgesamt „kletterte“ Wolfgang 1086 Meter hoch und freute sich über 1158 Höhenmeter abwärts.

Kurz nach drei Uhr klingelte der Wecker vor der zweiten Etappe, die über 227 Kilometer von Lüneburg nach Göttingen führte. 1140 Höhenmeter galt es zu bewältigen, die größte Steigung mit 10 Prozent wartete kurz vor dem Etappenziel auf Wolfgang Rohe. „Feierabend“ war am Ziel erst gegen 19 Uhr.

Wegen dieser schlechten Wegstrecke auf der dritten Etappe zwischen Göttingen und Schweinfurt musste Rohe auch mal absteigen vom Rad.
Wegen dieser schlechten Wegstrecke auf der dritten Etappe zwischen Göttingen und Schweinfurt musste Rohe auch mal absteigen vom Rad. © Wolfgang Rohe

Richtig bergig wurde es auf dem Weg nach Schweinfahrt am dritten Tag mit 2060 Höhenmetern. Neben den Steigungen machte dem 63-Jährigen aber auch eine „Rüttelstrecke“ zu schaffen, die ihn für zwei Stunden aus dem Sattel zwang und zu Fuß gehen ließ. Erholung holte sich Rohe, als er „mal eben“ zwei Kilometer im Freibad Obersuhl schwamm. „Ein bisschen Spaß muss sein“, findet er im Nachhinein.

Nach knapp zwei Stunden längerer Schlafpause ging die Reise an Tag vier gegen 5 Uhr weiter. Der Main begleitete ihn über mehr als 50 Kilometer, ehe der Werner nach mehreren Anstiegen Rothenburg ob der Tauber erreichte. Nach der Strecke an der Jagst entlang musste er bei Ellwangen noch einen harten Berg bezwingen. Trotz einiger Hindernisse erreichte er sein Ziel: Aalen.

Manchmal erlaubte die Tour auch einen weiten Blick auf die Landschaft, wie auf den Main.
Manchmal erlaubte die Tour auch einen weiten Blick auf die Landschaft, wie auf den Main. © Wolfgang Rohe

Vier Etappen und damit zwei Drittel der Tour waren geschafft, aber „geschafft“ war Wolfgang noch lange nicht. Wieder saß er früh morgens im Sattel, um die vorletzte Etappe nach Kempten auf sich zu nehmen. Mit 148 Kilometern und 970 Höhenmetern schien die Strecke leichter. Doch diesmal ärgerten Rohe Regen und Wind, was die Fahrt zu einem Horrortrip machte.

Starker Wind auf letzten Kilometern

Der letzte und sechste Tag sollte mit 45 Kilometern am Iller-Radweg eigentlich eine Spazierfahrt werden. Doch wieder zeigte sich der Wind als ernstzunehmendes Hindernis. „Vom Winde verweht“ war seine Sprachnachricht und deshalb von den „Mitreisenden“ auf dem Sofa daheim nicht zu verstehen.

Als er sein Rose Gravel-Bike dann gegen Mittag an das Ortseingangsschild von Oberstdorf lehnte, hatte Rohe die Reise quer durch Deutschland von Nord nach Süd endlich geschafft. Glückwünsche kamen per WhatsApp von allen „Reiseteilnehmern“ im Minutentakt.

Endlich angekommen in Oberstdorf, nach über 1000 Kilometern.
Endlich angekommen in Oberstdorf, nach über 1000 Kilometern. © Wolfgang Rohe