In den rauhen Nächten hat man auf der Straße nichts zu suchen. Ist zumindest besser so.

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Verbote über Verbote: Kein Waschen, Backen und Spazieren während der rauhen Nächte

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Fliegende Drachen und gespenstischen Reiter tummeln sich in den rauhen Nächten herum. So sagen es zumindest viele Geschichten, die oft grausam und blutig sind.

von Heidelore Fertig-Möller

Werne

, 27.12.2021, 17:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Die Zeitspanne zwischen Weihnachten und Dreikönige wird in Westfalen meist „Die Zwölften“ genannt, da zwischen dem 25. Dezember und dem 6. Januar die zwölf längsten Nächte und die 13 kürzesten Tage des Jahres liegen.

Im Süddeutschland heißen sie auch die „Rauhnächte“, da man vor dieser Zeit die Ställe, Werkstätten, Haus und Hof ausräuchern und mit heiligem Weihwasser besprengen sollte. Man glaubte, dass in diesen Nächten Hexen und böse Geister, auch die Seelen der Verstorbenen ihr Unwesen draußen treiben würden, weshalb vor allem Frauen und Kinder auf jeden Fall nachts im Hause bleiben müssten.

Diese Vorstellung von den unheimlichen Mächten stammte sicherlich schon aus vorchristlicher Zeit und wurde dann auch in den Christenglauben überführt, wobei die drei schlimmsten Nächte folgende sind: Die Nacht vom 24. auf den 25. Dezember, die vom 31. auf den 1. und die vom 5. auf den 6. Januar, dem Tag der drei Weisen aus dem Morgenlande oder auch den Magiern aus dem Osten, wie es in der Übersetzung der Bibel wohl am ehesten heißt. Sicherlich hat die Knallerei zu Silvester auch mit diesem alten Aberglauben zu tun, nämlich mit viel Krach die bösen Geister zu verscheuchen.

Das hilft gegen die bösen Flüche

Um sich vor den schädlichen, bösen Einflüssen aus der jenseitigen Welt zu schützen, sollten vor Weihnachten bestimmte Dinge unterlassen werden: So mussten unbedingt Haus, Hof und Werkstatt aufgeräumt sein, da das Chaos die bösen Mächte anzieht. Es durfte in dieser Zeit nicht gedüngt, gesponnen, gewerkelt, gebacken und gewaschen werden.

Vor allem das Backverbot war in der früheren Zeit für die Bäuerin und Hausfrau schwierig einzuhalten, da die Familie jeden Tag ihr Brot verlangte. So wurde in der Adventszeit sehr viel gebacken, zum Beispiel in Westfalen das Pumpernickel, da sich dieses sehr lange hielt.

Waschverbot in den rauhen Nächten

Das Waschverbot und, dass keine Wäsche auf der Leine hängen durfte, wurde auch im Süden und im Osten Deutschlands, zum Beispiel in Vorpommern, eingehalten.

Wer diese Verbote nicht einhielt, dem konnte in den „Zwölften“ der feurige Drachen oder der Geisterzug der wilden Jagd oder auch der blutrünstige Werwolf lauern und man erlebte im neuen Jahr sehr viel Unheil und Unglück.

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Im östlichen Westfalen wurde berichtet, dass ein feuriger Drache mit leicht knatternden Fluggeräusch am nächtlichen Himmel entlang flog – er war sechs bis acht Meter groß, hatte einen mächtigen Kopf mit riesigen Augen, einen glühenden Körper und einen langen Schwanz.

Es konnten im Münsterland in den Rauhnächten auch Hufgetrampel von vielen Pferden, das schaurige Hundegebell und gespenstischen Reiter der hingerichteten Mörder und Selbstmörder am Himmel ertönen. Dann sollte man die Haustür gut verriegeln und keineswegs nach Draußen gehen.

Böse Erfahrungen in Münster

Das musste auch ein Mann aus der Nähe von Münster, so heißt es in einer Überlieferung, erfahren, der alleine in seinem Zimmer schlief und von einem furchtbaren Lärm von draußen geweckt wurde.

Er sprang aus dem Bett, riss das Fenster auf und sah, dass eine wilde Jagd genau über sein Haus durch die Lüfte zog. Voller Übermut rief er:“ Hallo, wirf mir was von deiner Beute herunter!“ Schon kam etwas Schwarzes, Klebriges auf sein Bett geflogen.

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Als es dann heller wurde, konnte er erkennen, dass es eine abgeschlagene blutige Hand war. Da riss er das Fenster auf, schleuderte die Hand nach Draußen und schwor, sich niemals mehr in den „Zwölften“ etwas zu wünschen.

Solche Märchen kennen wir heute kaum noch und doch kann man die Ängste der Menschen damals vielleicht verstehen, wenn in dieser Zeit der „Zwölften“ oft der Wind ums Haus heulte, Schneesturm tobte und man sich nur im Haus einigermaßen sicher fühlen konnte.

Anmerkung der Redaktion: Dieser Text erschien erstmals im Dezember 2019.

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