Es ist eine Situation, die wohl kein Elternteil jemals erleben will. Am Freitag (13. Dezember) steht Nadine Nüsken in der Nähe der Kita Unter dem Regenbogen am Ostring in Werne. Hier wird ihr Sohn betreut. Kurz zuvor hatte sie ihre Tochter verabschiedet, die sich von dort aus immer gemeinsam mit einer Freundin auf den Weg zur Wiehagenschule macht. Zuerst überqueren die Mädchen die Insel auf dem Ostring vor der Kita, bevor sie den Rest des Weges alleine gehen. Doch an diesem Morgen lief alles anders.
„An dem Morgen ist sie auch über die Insel gegangen und war schon weiter die Straße runter. Ich stand schon an der Kirche. Da knallte es hinter uns. Meine Tochter lag auf der Straße vor einem Auto. Ohne zu wissen, was genau passiert ist, bin ich dahin gerannt und ohnmächtig geworden. Als ich dann aufgestanden bin, bin ich zu ihr gerannt, da saß sie schon auf dem Bürgersteig“, erklärt die Mutter im Gespräch mit uns.

„Sie wusste nicht, was passiert ist. Wollte zu Mama“, sagt Nüsken. Kurz darauf kommen Krankenwagen und Polizei. Das Auto hatte Nadine Nüskens Tochter im Gesicht erfasst, der Tornister, so erinnert sich die Mutter an die Worte des Kinderarztes, habe wohl Schlimmeres verhindert. Ihre Tochter kommt für eine Nacht ins Krankenhaus, die Folgen des Unfalls beschäftigen sie aber bis heute. Nur mit Angst gehe sie über die Straße. Und wenn es dunkel sei, gehe sie nur ungern auf die Straße.
Es sei nicht das erste Mal, dass jemand am Ostring von einem Auto erfasst wurde. 2024 sei bereits eine Erzieherin der Kita von einem Auto angefahren worden, sagt Nüsken. All das bewegte Nadine Nüsken und ihren Mann Dennis dazu, am 18. Januar eine Petition auf der Plattform change.org zu starten. Ihr Anliegen: Den Schulweg für Kita- und Schulkinder nachhaltig sicherer zu machen. Und mit diesem Anliegen ist die Wernerin offenbar nicht alleine: In nur fünf Tagen (bis Donnerstagmittag) hat die Petition 474 Unterstützerinnen und Unterstützer gefunden. Beworben hatte Nüsken diese unter anderem in der Schule und der Kita. Viele teilten sie per WhatsApp, berichtet die Mutter.
„Was hier morgens los ist“
Die Resonanz hat sie selbst überrascht. „Ich habe gar nicht mit so vielen Unterstützern gerechnet.“ Umso mehr freut es die Wernerin, dass sie mit ihrem Anliegen nicht allein dasteht. „Hier stehen ja nicht mal Schilder mit ‚Achtung Schulweg’ oder ‚Achtung Kinder’. Wenn ich es mir wünschen könnte, würde ich mir an der Kreuzung Breilstraße/Ostring einen Überweg wünschen. Aus dem Wohngebiet Holtkamp kommen zig Kinder. Die sollen sicher über die Straße kommen.“
Außerdem sollen die Autos dort gezwungen sein, langsamer zu fahren. Während Nadine Nüsken dies sagt, steht sie am Ostring und beobachtet ein viel zu schnell fahrendes Auto. „Was hier morgens los ist: parkende Elterntaxis, dann kommen Radfahrer, Rollerfahrer, die Kinder sind zu Fuß unterwegs.“ Und wenn es Eltern dann eilig hätten, um auch noch zur Arbeit zu kommen müssten, ergebe sich eine gefährliche Mischung. Auch an die Stadt habe sie sich schon gewandt, die Antwort von Bürgermeister Lothar Christ war für die Familie nicht zufriedenstellend. Daraufhin haben wir noch einmal bei der Stadt nachgefragt.
Unfallkommission informiert
Bürgermeister Lothar Christ bestätigt uns den Kontakt mit einer Mutter in dieser Sache, nennt aber aus Datenschutzgründen keinen Namen. In seinem Antwortschreiben an die Mutter schreibt Christ unter anderem, dass Stadt und Polizei Gefahrenstellen laufend prüften und bewerteten. „Ein sogenannter Unfallschwerpunkt besteht bislang am Ostring nicht.“ Er verweist auf die Nutzung vorhandener Fußgängerüberwege, die einen Umweg von 25 Metern bedeuteten. Auch werde er den Sachverhalt der Unfallkommission vorlegen.
Nadine Nüsken geht es nicht vorrangig um ihre Kinder. „Meine Kinder betrifft es irgendwann nicht mehr, unser Sohn läuft irgendwann von zuhause aus und kommt dann aus einer anderen Richtung. Aber die Kinder, die hier jeden Tag die Straße langlaufen müssen: Ich möchte nicht, dass jemand das, was ich erlebt habe, noch mal erleben muss.“