Gewalt gegen Lehrkräfte auf einem besorgniserregenden Niveau: So betitelte die Lehrergewerkschaft Verband Bildung und Erziehung (VBE) eine am 11. November erschienene Studie. Dafür wurden bundesweit mehr als 1300 Schulleiter danach befragt, wie zufrieden sie mit ihrem Job sind. „Fakt ist: Gewalt gegen Lehrkräfte und Schulleitungen ist an der Tagesordnung und wird seit dem Beginn der Coronapandemie zu einem immer größeren Problem in den Schulen“, fasst Udo Beckmann, Bundesvorsitzender des VBE, zusammen.
„Unter Gewalt fallen dabei psychische Gewalt in Form von Bedrohung, Beleidigung oder Belästigung, Cyber-Mobbing und auch körperliche Angriffe gegenüber Lehrkräften. Angreifer sind dabei Schüler und Eltern.“
„Bei uns ist es noch wie in Bullerbü“
Besonders viele Angriffe habe es in NRW gegeben, geht aus der Studie hervor. Werner Schulen können damit allerdings nicht gemeint sein. „Bei uns in Werne ist die Welt noch in Ordnung“, sagt Thorsten Schröer, Leiter des Gymnasiums St. Christophorus. „Viele Eltern sagen, dass es bei uns noch wie in Bullerbü ist.“ Und dabei gibt die Tatsache, dass er Leiter eines Gymnasiums ist, keinen Ausschlag. Denn bundesweit gaben 36 Prozent der Gymnasialschulleiter an, dass Gewalt gegen Lehrkräfte stark zugenommen habe. Bei den Grundschulen sind es 33 Prozent, bei Haupt-, Real- und Gesamtschulen 49 Prozent und bei den Förderschulen 30 Prozent.
„In den sieben Jahren, in denen ich hier an der Schule Schulleiter bin, habe ich mit Gewalt keine Berührungspunkte gehabt“, sagt Schröer. „Mir ist kein Fall bekannt, bei dem eine Lehrkraft verbal bedroht oder körperlich angegangen worden wäre.“
Wertschätzung ist das A und O
Zu der Werner Idylle kommt aber seiner Meinung noch ein weiterer Punkt, der der Gewalt entgegenwirkt: „Wir legen großen Wert auf einen wertschätzenden Umgang und haben schon vor einigen Jahren einen Plan zur Vorgehensweise bei Konflikten verabschiedet.“ Der sieht verschiedene Stufen der Deeskalation vor und setzt ganz unten am Entstehungsort des Konflikts an.
„Das ist alles sehr genau und transparent geregelt“, bemerkt Schröer. „Transparenz und Kommunikation sind heute das A und O. Und wenn alle an einem Strang ziehen, dann ist die Verbindlichkeit der Regeln viel besser und sie kommen bei jedem an.“ Dabei hat der Pädagoge einen Vergleich: Bei seiner vorherigen Stelle in Kamen gab es durchaus verbale und auch körperliche Attacken.
Streitschlichter und Sozalarbeiter
Wenn Marcel Damberg, Leiter des Anne-Frank-Gymnasiums, nach Gewalt gegen Lehrer seiner Schule gefragt wird, antwortet er ähnlich wie sein Kollege Schröer. „Wir nehmen hier in Werne zwar an gesellschaftlichen Prozessen teil, aber bei uns herrscht immer noch heile Welt“, sagt auch er. An dieser Schule gibt es ähnliche Handlungsanweisungen für den Umgang mit Konflikten: Sie sollten sofort und auf unterster Ebene schon gelöst werden, so dass Damberg in den vier Jahren seiner Schulleiterschaft auf seiner Ebene, ganz oben quasi, nur zwei Konflikte zu regeln hatte.
„Wir haben außerdem Beratungslehrer, von denen einige zu Streitschlichtern und einer zur Seelsorge ausgebildet wurde, und außerdem zwei Sozialarbeiter. Die sind mit die wichtigsten Akteure an unserer Schulen und wir brauchen sie - auch in unserer heilen Welt.“
Nicht auffälliger seit Pandemie
Dass die Strategie der Schule aufgeht, zeige sich daran, dass die sogenannte Copenhagen Psychosocial Questionnaire, eine Befragung unter Lehrkräften, an der die Hälfte der AFG-Lehrer in diesem Jahr teilgenommen haben, lediglich besage, dass sich Lehrer einen Ruheraum wünschen. „Bei uns gibt keinen Handlungsbedarf“, fasst Damberg zusammen.
Und auch Nicola Buschkotte, Leiterin der Wiehagenschule, bestätigt die heile Welt in Werne. „Seitens der Eltern gibt es null Gewalt oder Übergriffigkeiten den Lehrern gegenüber“, sagt sie. Kinder, die wütend seien, würden schon mal um sich schlagen. Aber sie würden nie mit Absicht einen Lehrer angehen. Grundschüler seien deshalb auch nicht mit den Schülern weiterführender Schulen vergleichbar. Dass die Schüler pandemiebedingt schneller körperlich übergriffig werden, kann sie für ihre Schule nicht bestätigen.
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