
© Felix Püschner
Von der Briestrate zur Steinstraße: Woher kommen die Werner Straßennamen?
Video-Kolumne Heidewitzka
Bei der Burgstraße und der Westmauer ist es ja noch einfach - aber warum wurde die „Briestrate“ einst in Steinstraße umbenannt? Und was hat es eigentlich mit der Bonenstraße auf sich? Das klären wir in unserer Video-Kolumne Heidewitzka.
Die heutigen Straßennamen in der Altstadt von Werne basieren zum großen Teil auf der mittelalterlichen Stadtgeschichte, die vor 1200 Jahren begann und vor ungefähr 600 Jahren Werne in eine Stadt wandelte, die im Jahre 1502 mit der Fertigstellung der Stadtmauer und den vier Toren eines der wichtigsten „Stadtrechte“ umsetzte.
Straßen in unserem Sinne, geteert oder gepflastert, gab es im Mittelalter übrigens nicht, frühestens ab dem 19. Jahrhundert. Ansonsten bestanden sie aus Lehm, Sand und vor allem Schlamm, wenn es, wie in Westfalen üblich, viel geregnet oder geschneit hatte. Auch gab es noch keine Kanalisation oder Abfallbeseitigung, so dass alles, was man nicht brauchte, auf der Straße oder in der Gosse landete, wo sich Schweine, streunende Hunde, Katzen, Ratten und dergleichen darum stritten.
Ab dem 13./14. Jahrhundert gab es dann schon folgende Bezeichnung für die Straßen und Gässchen in Werne: Kirchhof, Markt, Roggenmarkt (Verkaufsort für die Bauern der Umgebung), Burgstraße (ehemalige Torstraße, die zur bischöflichen Burg führte, um 1400 das erste Mal erwähnt), Kleine Burgstraße, Ostmauer, Südmauer, Westmauer, Am Deipetorn (tiefer Turm), Am Griesetorn (grauer Turm), Am Steinhaus, Am Domhof, Am Neutor und Am Stadtgraben.
Die beiden wichtigsten Straßen waren die „Bonenstraße“, die zum Bonenkamp führte, wo sich die Gärten der Stadtbewohner befanden und unter anderem Bohnen angepflanzt wurden, und die seit dem 18. Jahrhundert so genannte „Steinstraße“. Im 14. Jahrhundert wurde diese zunächst „Vicus Briestrate“ genannt, da sie einen breiten geraden Verlauf, wie noch heute, nahm. Nach dem Abriss der Stadtmauer zu Ende des 18. Jahrhunderts wurde sie mit den Steinen der Stadtmauer zur ersten gepflasterten Straße in Werne, zur „Steinstraße“.
Ein Kirchhof als eigener Bezirk - unweit von der Werner Burg
Von besonderer Wichtigkeit für die Stadt war der Verlauf der Straße von Münster über Werne nach Lünen und weiter nach Dortmund, einer der wichtigsten Reichsstädte im damaligen deutschen Kaiserreich. Zunächst verlief sie über Bonenstraße, Kirchstraße, Kirchhof und Kleine Burgstraße - im 13./14. Jahrhundert führte man die Straße südlich um den Kirchhof herum und schuf mit einem Graben einen eigenen Rechtsbezirk.
In kaum einem anderen westfälischen Ort ist der Kirchhof im Stadtgrundriss so deutlich zu erkennen als eigener Bezirk, der wahrscheinlich auch eine eigene Befestigung noch vor dem eigentlichen Bau der Stadtmauer besaß. Einige alte Straßennamen wie der „Schlot“, die ehemalige Mauergasse, die zum Platz führte, auf dem die bischöfliche Burg stand, die „Heilig-Geist-Straße“, an dem sich das Heilig-Geist-Hospital befand (heute Magdalenenstraße), und der „Schüttenwall“ sind in unserer Zeit kaum noch oder gar nicht mehr in Gebrauch.

Die Steinstraße in Werne hieß früher mal "Vicus Briestrate". © Felix Püschner
Hausnummern, wie heute üblich, waren damals nicht bekannt – sie wurden erst im Jahre 1768 eingeführt, als die erste Brand-Assekuranz, die Feuerversicherung für Gebäude, in Werne gegründet wurde. Das erste Verzeichnis über die Hausnummern in Werne ist das „Registrum der Constribution zur Brand-Societät pro Anno 1777“, das sich im Stadtarchiv befindet.
Dabei wurde nicht, wie heute, jeder Straßenzug mit eigenen Nummern versehen, sondern alle Häuser innerhalb der Stadtbefestigung erhielten durchlaufende Nummern. So bekamen die Bonensträßerschicht (Schicht = Bezirk) die Nummern 1 bis 79, die Neusträßerschicht 80 bis 148, die Steinsträßerschicht 149 bis 214 und die Burgsträßerschicht 215 bis 299. Schließlich erhielt das Rathaus die Nummer 300, die vier Torpförtnerhäuser die Nummern 301 bis 304 und das Heilig-Geist-Hospital mit der Heilig-Geist-Kapelle 305 und 306.
Nach 645 Hausnummern wurde es allmählich zu viel
Dieser Zustand blieb bis Anfang des 19. Jahrhunderts bestehen. Als die Stadtmauer abgerissen war und Häuser auch jenseits der ehemaligen Stadtbefestigung gebaut wurden, versah man sie weiterhin mit einer fortlaufenden Nummer bis schließlich zur Nummer 645. Doch zu Beginn des 20. Jahrhunderts war dieser Zustand allmählich unhaltbar und 1922/ 1923, als Stadt und Landgemeinde Werne zur neuen Stadt zusammengelegt wurden, versah man die einzelnen Straßen jeweils mit eigenen Hausnummern, wie es heute noch üblich ist.
Die Straßennamen von Werne sind also teilweise schon 800 Jahre alt, die Hausnummern in Verbindung mit dem Straßennamen wurden dagegen erst vor knapp einhundert Jahren eingeführt.

Im Falle der Burgstraße erschließt sich die Herkunft des Namens recht schnell. © Felix Püschner
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