Stadtspiel Werne Schauspieler zeigen Rettung der Stadt in gelungenem Spektakel

Stadtspiel: Schauspieler zeigen Rettung der Stadt in gelungenem Spektakel
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Die Freilichtbühne 2.0 auf dem Kirchplatz war am Samstag (24. Juni) mit über 500 Menschen restlos gefüllt. Es begann mit dem Einzug der 120 Darsteller in die herrliche Arena mit einem bunten Reigen voller Einblicke in das Leben und Treiben in das Werne im Mittelalter. Man lernte die Akteure kennen und die Rollen, die sie in der Geschichte spielen sollten.

„So war das Leben in Werne vor 401 Jahren. Ich muss es wissen, denn ich war als Einziger dabei“, sagte der Bürgermeister, alias Gottfried Forstmann zur Eröffnung, das unter dem Motto „unsichere Zeiten zwischen Krieg und Frieden“ stand.

Die reale Geschichte ist bestens bekannt, sie handelt von der wunderbaren Rettung der Stadt vor Plünderung und Vernichtung im Jahre 1622.

Die Entwicklung zu diesem Ereignis entfaltet sich im Stadtspiel in vielen kleinen Episoden. Die zentrale Person ist natürlich der Bürgermeister, begleitet von seinen weiteren Amtsträgern. Eine Respektsperson, mit etlichen kleinen Fehlern, wie sich zeigen sollte. Doch zunächst trumpfte ein anderer auf: Der Marktmeister, der die Händler und Bauern schikaniert und übers Ohr haut. Dafür bekommt er in der Taverne seine Quittung, Die Schankfrauen versetzen sein Getränk mit Rizinusöl, die Folge bleibt nicht aus, der Arme leidet Höllenqualen.

Frau mit Ziege, Publikum.
Die Zuschauer wurden in das mittelalterliche Leben in der Lippestadt versetzt. © Günther Goldstein

Dann lernten die Zuschauer die Wache der Burgstraße kennen und die Tochter des Bürgermeisters, die in den Sohn des Bäckers verliebt ist. Es tauchen zwei Fremde auf, die von jenseits der Lippe kommen müssen, wo alles Böse zuhause ist. Eine Marktfrau bekommt die Schandmaske verpasst, weil sie den Kämmerer beleidigt hat, und in der Schule bringt der gestrenge Lehrer den Kindern mit dem Rohrstock lateinische Vokabeln bei. Weil er dabei zu arg über die Stränge schlägt, wird er von der Wache abgeholt.

Mit dem bunten Treiben bekam der Zuschauer aber auch ein paar Dinge zu sehen, die im Mittelalter anders waren als heute. Etwa, dass die Bauern Menschen zweiter Klasse waren, die Frauen nichts zu sagen hatten und die Obrigkeit immer Recht hatte und nur der Probst noch darüberstand.

Mit viel Aciton wurden die Zuschauer in den Bann gezogen.
Mit viel Aciton wurden die Zuschauer in den Bann gezogen. © Günther Goldstein

Lothar Christ, der aktuelle Bürgermeister von Werne, der mit im Publikum saß, wird seine Freude an seinem Amtskollegen von 1622 gehabt haben. Souverän führte der sein Amt aus, wurde immer nur dann ausweichend, wenn etwas zu bezahlen war, wie etwa bei der armen Bettlerin oder als er sich eine Brezel mopste und dabei erwischt wurde.

Auch in der Taverne ließ er die Kosten für ein Zechgelage großzügig aus der Stadtkasse begleichen. Bei seinen Bürgern aber war er angesehen und wurde zum 15. Male wiedergewählt. Bei der Verurteilung eines Betrügers, einem Händler der natürlich wieder von der anderen Lippeseite kam, ließ er Gerechtigkeit walten. Zur Urteilsverkündung musste sich das gesamte Publikum erheben, der Übeltäter kam an den Schandpfahl und durfte mit Kohl und faulen Eiern beworfen werden.

Langer stehender Applaus

Nur in zwei Fällen geriet des Bürgermeisters Autorität ins Wanken: Als er und seine Amtsträger von ihren Frauen aus der Taverne geholt wurden und als er einem Quacksalber auf den Leim zu gehen drohte.

Bei der Rettung der Stadt Werne vor den Truppen Christians aber hatte er das Glück auf seiner Seite und die Fäden in der Hand.

Es folgte das bekannte Versprechen für ein jährliche Prozession, mit der dieses wunderbare Stadtspiel nach über zwei Stunden Spielzeit schließlich sein Ende fand.

Chapeau für diese Leistung aller daran Beteiligten. Das sagte auch Lothar Christ, der sich zum Schluss besonders bei Marita Gräve und Gottfried Forstmann bedankte. „Das war das vierte und wohl letzte Stadtspiel, mit dem ihr euren Einsatz für diese Stadt über fünf Jahrzehnte gekrönt habt“. Vom Publikum gab es einen langen stehenden Applaus.

Großartiges Stadtspiel: 120 Darsteller versetzten das Publikum in das Werne vor 401 Jahren