Vor 120 Jahren, Ende September 1904, schloss das Thermalbad Werne wie in jedem Jahr seit 1874 seine Pforten, um, wie in den vergangenen dreißig Jahren auch, Anfang Mai 1905 wieder zu öffnen. Allerdings hielten sich hartnäckig die Gerüchte in Werne, dass wegen der Zeche und des Abbaus der Kohle in Schacht I und II bald keine heilbringende Sole mehr an die Oberfläche kommen könnte.
Was war in den vergangenen Jahren geschehen? Nachdem bei Mutungsbohrungen des Georgmarien-Bergwerksvereins aus Osnabrück im Jahre 1873 Sole ans Tageslicht kam, die sich - laut eines wissenschaftlichen Gutachtens - bei rheumatischen Beschwerden, Entzündungen der Gelenke und vielem mehr als sehr wohltuend erwies, wurde am 26. Juli 1874 das Thermalbad Werne eröffnet. Ein echtes Großereignis.
Ein „feierlicher Festzug durch die Stadt“, ein „großes Concert, beginnend um 2 Uhr Nachmittags; nachher ein grosser feierlicher Ball bei ausgezeichneter und gut besetzter Musik, in festlich decorirten geräumigen Zelten, bei brillanter Gasbeleuchtung und Illumination – wozu Freunde des geselligen Vergnügens hiermit freundlichst eingeladen werden“, heißt es im Extrablatt zum „Lüdinghauser Volksblatt“, unterzeichnet vom Gastwirt Theodor Overmann.
Nun war Werne auf dem besten Wege, ein richtiges Kurbad zu werden, auch wenn es nur an fünf Monaten im Sommer geöffnet war. 1890 besuchten bereits über 2000 Badegäste das kleine Lippestädtchen bei einer Einwohnerzahl von ca. 2200 - es wurden Hotels und Pensionen eröffnet, Läden und Gaststätten, Straßen wurden gepflastert und die Gasbeleuchtung verbessert. Aber etwa zur gleichen Zeit erwarb der Georgsmarien-Bergwerksverein die Gebäude des Thermalbades, da die Stadt Werne den Kaufpreis von 230.000 Reichsmark nicht aufbringen konnte.

Da man weiterhin die Absicht hatte, eine Kohlenzeche auf dem Gebiet von Werne zu errichten, wollte man so Regressansprüche vermeiden, denn man vermutete, dass bei einem Kohleabbau die Sole-Quelle unterirdisch abfloss. Im August 1899 wurde dann feierlich der erste Spatenstich für Schacht I und II der Zeche Werne getätigt und nach nur zweieinhalb Jahren konnte schon die erste Kohle gefördert werden.
Wie in der Märkischen Zeitung im Juni 1899 zu lesen war, ist der Ruhm des Thermalbades Werne immer noch durch „die zahlreichen Heilerfolge“ gestiegen und zog dadurch weiterhin eine große Anzahl von Bade- und Kurgästen nach Werne. „Glücklicher Weise haben die Kohlenbohrungen bei Werne die Heilquelle bisher nicht gefährdet“, heißt es weiter in dem gleichen Zeitungsartikel.
Versiegen der Thermalquelle
Fünf Jahre später ist in derselben Zeitung vom 20. April 1904 zu lesen: „Zu dem angeblichen Versiegen der hiesigen Thermalquelle Werne erhalten wir von geschätzter bergbau-technischer Seite folgende aufklärende Mitteilung: ‚Das Wasser im Bohrloch entspringt noch ebenso stark wie vor mehreren Jahren. Nur ist dasselbe 10 Meter unter der Tagesoberfläche gesunken, was sich dahin erklären läßt, daß die Quelle mit irgend einem Bohrloche (welches 10 Meter tiefer liegt) angebohrt worden ist und daselbst ausfließt. Wird hier nun eine Pumpe auf 20 bis 30 Meter Teufe im Bohrloche eingehängt, dann liefert die Quelle wieder dasselbe Wasser wie früher und die unbekannte Ausflußstelle muß versiegen.“

Doch am 23. Mai 1905 war dann in der Camener Zeitung zu lesen: „Schon seit längerer Zeit hat sich hier das Gerücht verbreitet, dass das hiesige Thermalbad Werne in diesem Jahre nicht wieder eröffnet würde. Nunmehr hat dieses Gerücht seine Bestätigung gefunden, nachdem die Verwaltung unseres Thermalbades verschiedene Versuche gemacht hat, wieder Wasser zu erhalten, was leider keinen Erfolg hatte. Durch das Eingehen des Bades wird unserer Stadt ohne Zweifel großer Schaden erwachsen. Das Versiegen der Quelle ist durch den Betrieb der Zeche Werne verursacht.“
Zwar wurde, wie es im Januar 1906 in der Camener Zeitung steht, noch „durch Abmauerung des Nordflügels, worin die Quelle des Bades sich befand“ versucht, das Solewasser wieder aufzufangen, was allerdings nicht gelang. Ende September 1904 waren also die letzten Tage des Thermalbades Werne angebrochen. Erst im Jahre 1935 konnte die Solequelle wieder unterirdisch aufgefangen und in das 1926 neu errichtete Schwimmbad in der Nähe vom Stadtsee geleitet werden.

Wer noch mehr über die Geschichte von Werne, über das Thermalbad Werne und seine nachfolgenden Badeanstalten wissen möchte, kann sich an der Kasse des heutigen Natur-Solebades am Hagen für eine etwas einstündige Führung durch die ehemalige Museums- und Archivleiterin Heidelore Fertig-Möller für Freitag, den 12. Juli, anmelden. Es geht los um 16 Uhr am alten Rathaus und endet dann am Solebad mit einem kleinen Umtrunk – die Unkosten betragen 7,50 Euro.