„Adolph, von Gottes Gnaden Bischof von Münster, verleiht im Einvernehmen mit seinen Ratgebern seinem ‚wicbelde werne‘ (Wigbold Werne) und allen, die die übliche ‚kermesse (Kirchmesse)... tho sente Symon und Juden misse‘ (zu St. Simon-Juda / 28. Oktober) besuchen wollen, das Recht der Marktfreiheit. Dieses Recht erstreckt sich auch auf die ‚twe daghe vore unde twe daghe na‘ (zwei Tage vor und nachher). Verliehen am 13. Dezember 1362.“
Diese aus dem Mittelniederdeutsch übertragenen Worte befinden sich noch heute gut lesbar auf der ältesten Pergamenturkunde, die Werne besitzt. Sie kennzeichnen den Beginn einer der ältesten und größten Jahrmärkte in Westfalen, „Sim-Jü“, wie er liebevoll von den Wernern, aber auch von den 100.000 Besuchern von Nah und Fern tituliert wird.
Mit dieser Marktfreiheit, die früher einmal fünf Tage, heute vier Tage, lang dauert und noch immer mit dem Hissen der Freifahne auf dem Marktplatz ihren Anfang nimmt, begann das mittelalterliche Städtchen Werne im Oberstift Münster erheblich an Bedeutung zu gewinnen.
Wie der Ablauf des Simon-Juda-Marktes in früheren Jahrhunderten geregelt war, geht nicht nur aus der Verleihungsurkunde von 1362 hervor, sondern auch aus einem Schreiben des Rates der Stadt an den Fürstbischof von Münster vom 26. Februar 1601, das bestätigte, das jeweils zwei Tage vor und zwei Tage nach Simon-Juda in Werne Freimarkt-Rechte mit den entsprechenden Privilegien galten – es bedeutete, dass in diesen fünf Tagen die Gerichtsbarkeit allein in den Händen des Werner Stadtrates lag und nicht durch den Landesherrn oder seinen Beauftragten wahrgenommen werden durfte.
Viehmarkt zu Sim-Jü mit großer Bedeutung
Die Verleihung weiterer Rechte, unter anderem das Befestigungs-, Wegegeld- und Wigboldrecht, folgten Ende des 14. Jahrhunderts, da der Landesherr, der Bischof von Münster, Werne als Grenzbastion gegen die häufig eindringenden Grafen von der Mark jenseits der Lippe auszubauen beabsichtigte. Obwohl die Kirchmesse zu Simon-Juda weder der einzige noch der älteste Markt von Werne war, stieg sein Ansehen, besonders auch als Viehmarkt im Herbst, ab dem 17. Jahrhundert, als die übrigen Märkte nach und nach verschwanden, erheblich. Er blieb lange Zeit das einzig überregional bedeutsame jährliche Ereignis in Werne.

Im Laufe der Jahrhunderte änderte sich allerdings die zeitliche Dauer des Simon-Juda-Marktes, so zum Beispiel in den 1920er Jahren, denn da wurde Sim-Jü nur an zwei Tagen, dem Sonntag und dem Dienstag, veranstaltet. Der Montag als dritter Tag kam Mitte der 1930er Jahre hinzu und ab 1958 wurde durch den Samstag die heutige Dauer von vier Kirmestagen eingeführt.
Im Jahre 1930 wurde vom damaligen Oberpräsidenten von Westfalen in Münster folgender Erlass bezüglich des Kram- und Viehmarktes in Werne verkündet: Der Krammarkt anlässlich von Simon-Juda findet immer am Dienstag der Woche statt, in die der Simon-Juda-Tag (28. Oktober) fällt, in diesem Jahr 2024 also am 29. Oktober, einen Tag später. Aber kein Erlass ohne Ausnahme: Fällt der 28. Oktober auf einen Sonntag, findet der Kram- und Viehmarkt grundsätzlich am darauffolgenden 30. Oktober statt, so dass der früheste Beginn für Sim-Jü der 21. Oktober sein kann, wie es im letzten Jahr 2023 war.
Für den Hausgebrauch geht es auch einfacher: Sim-Jü beginnt grundsätzlich am vierten Samstag im Oktober und endet am folgenden Dienstag.

1938 erhielt der Bürgermeister von Werne ein Schreiben des Kreispropagandaleiters aus Lüdinghausen, der der NSDAP angehörte, mit der Aufforderung, schon ab dem nächsten Jahr „eine passendere ‚nichtjüdische‘ Benennung des Marktes zu finden, z.B. ‚Der weltbekannte Werner Oktobermarkt‘ oder einfach ‚Herbstmarkt‘“, wie es in einem Zeitungsartikel heißt.
Doch da hatte man nicht mit der Sturheit und der Traditionsverbundenheit der Münsterländer gerechnet, denn mit seltener Einmütigkeit wies der Werner Stadtrat dieses Ansinnen zurück und bleib auch in den darauffolgenden Jahren starrköpfig, als wegen des Namens Sim-Jü eine Hetzkampagne vom „Stürmer“ und anderen nationalsozialistischen Presseorganen initiiert wurde.
So kann man glücklicherweise wieder jedes Jahr Ende Oktober beim traditionellen Nationalgericht (Mettwurst mit Sauerkraut) die Simon-Juda-Kirmes, liebevoll Sim-Jü genannt, feiern.

