
© Leandra Stampoulis
Im Laden sein, ohne ihn zu betreten: Werner Geschäfte nutzen Videochats für Verkaufsgespräche
Video-Shopping
Wolfgang Klinge von Lederwaren Küper hat einen Plan, um auch in Zeiten der Ladenschließung seine Kunden persönlich beraten zu können. Per Videochat führt er Interessierte durch den Laden.
„Wir stecken in einer existenziellen Krise, wenn der Laden schließt“, sagt Wolfgang Klinge (44) von Lederwaren Küper. Aus der Not heraus hat er sich gemeinsam mit Marius Peters vom Handy Paradies und Hein-Theo Küper vom Modehaus Kroes zusammengesetzt und einen Plan geschmiedet: Verkaufsgespräche sollen auch in Zeiten der Ladenschließung stattfinden können - und zwar virtuell.
„Es ist so, als würde der Kunde neben mir stehen. Ich führe ihn durch den Laden und zeige ihm die Waren. Mit dem Handy kann ich die Taschen von innen und außen und aus allen Winkeln filmen und die Kunden beraten“, erklärt Klinge. Entscheidet sich der Kunde dann für ein Produkt, wird es ihm kostenfrei per DHL zugestellt. Genügend Kartons und Versandetiketten lägen schon bereit.
Modehaus Kroes bietet ebenfalls Videoshopping an
„Dann kommt der DHL-Fahrer mit seinem Scanner, der macht piep und schon macht sich die Ware auf den Weg“, so Klinge. „Wenn also plötzlich der Gürtel platzt oder eine neue Tasche her muss, bin ich weiterhin hier im Laden für die Kunden da - nur eben hinter verschlossenen Türen.“

Das Handy macht´s möglich: Per Videochat über WhatsApp werden die Kunden weiterhin in den Laden gelassen. © Leandra Stampoulis
Ähnlich handhabt es Hein-Theo Küper vom Modehaus Kroes. Sorgen um viele Retouren macht er sich dabei nicht: „90% unserer Stammkunden kaufen dieselben Hosen und Wäsche immer wieder. Die müssen nichts anprobieren und wenn sie sich doch für etwas Neues entscheiden, dann kennen sie ihre Größe.“
Sein Videoshopping- Angebot startet am Mittwoch (18. März). „Meine eigene Idee war das übrigens nicht, da will ich mich nicht mit fremden Federn schmücken. Das haben sich Klinge und Peters überlegt und ich habe mich angeschlossen“, betont er.
Lederwaren Küper verschickt nun über die Stadtgrenzen hinaus
Klinge indes sei nach eigenen Angaben nicht nur via WhatsApp erreichbar, sondern auch über Instagram, Facebook, E-Mail oder das Telefon. Und es gibt bei ihm noch eine neue Shopping-Möglichkeit: Ab Donnerstag (19. März) ist Lederwaren Küper mit einem kleinen Sortiment von rund 850 Artikeln auf dem Online-Versandportal „Taschen24“ vertreten. Das liefe so ähnlich wie Amazon, nur für Fachhändler.

Lederwaren Küper ist auf die Schließung vorbereitet: Auf der Plattform Taschen24 sind die Waren ab Donnerstag erhältlich. © Leandra Stampoulis
Der Haken daran: Kunden wissen nicht, von welchem Einzelhändler die Tasche letztendlich kommt. Doch so landen die Taschen aus Werne bald in ganz Deutschland. „Wir erweitern dadurch unsere Zielgruppe“, erklärt Klinge. Der Einstieg bei Taschen24 sei schon länger geplant und eigentlich für Mai angepeilt gewesen.
Keine Lieferengpässe erwartet
Lieferengpässe habe der Taschenhändler jedenfalls nicht zu befürchten: „Die Lieferanten haben proppevolle Lager durch die Sommerkollektion. In China beginnen die ersten Fabriken auch schon wieder zu arbeiten.“ Die ersten Modelle der Winterkollektionen, die ab August in den Handel kommen, stünden schon jetzt in den Startlöchern.
Während unseres Gespräches am Dienstag (17. März) ist der Inhaber des Lederwarenladens noch guter Laune: „Meine Familie führt das Geschäft jetzt in der vierten Generation seit 1900. Wir haben zwei Weltkriege überlebt. Corona schaffen wir jetzt auch.“ Doch hinter dem Optimismus verstecken sich auch große finanzielle Sorgen: „Wie soll ich meine Miete, Strom und meine Angestellten bezahlen?“
„Wir dürfen nicht nur auf uns selbst schauen“
Innerhalb der letzten zwei Wochen habe es bereits einen Umsatzrückgang von 90 Prozent gegeben. Sogar sein Steuerberater wisse noch keinen Rat, denn wie die geplante finanzielle Unterstützung durch den Staat für Selbstständige aussehen soll, sei noch sehr vage. „Die Regierung muss Fördermittel locker machen.
Sonst geht es uns allen schlecht. Messebauer stecken beispielsweise noch tiefer in der Krise. Die können nichts online erledigen und nun gar nicht mehr arbeiten. Wir dürfen nicht nur auf uns selber schauen“, meint der Lederwarenhändler.
Geboren in Hamm, dann ausgezogen in die weite Welt: Nach ausgiebigen Europa-Reisen bin ich in meine Heimat zurückgekehrt und berichte nun über alles, was die Menschen in der Gegend gerade bewegt.
