Wenn nachts das Auto von der Stockumer Straße auf den Parkplatz des Getränkeparadieses abbiegt, dauert es nicht mehr lange. Dann sind geräuschempfindliche Nachbarn bald um den Schlaf gebracht. Stöhnen, Schreien, und laute Gespräche bei der Zigarette danach. Vor allem Letzteres sei sehr störend, findet ein Anwohner. „Das geht doch wirklich etwas leiser. Oder Zuhause.“
Weil es inzwischen regelmäßig - „ein- bis zweimal die Woche, manchmal sogar dreimal“ - zu den leidenschaftlichen Tête-à-Têtes auf dem Parkplatz komme, hatte er seinem Ärger in einer Facebookgruppe Luft gemacht. Die Polizei rufen wolle er dann doch nicht, sagt der Mann, der lieber anonym bleiben möchte, „aber an das Schamgefühl“ des Paares appellieren. Und ihm zu verstehen geben, was den beiden vielleicht gar nicht klar ist: dass ihr vermeintlich geheimes Stelldichein ein öffentliches Ärgernis ist. Und eine Ordnungswidrigkeit, wie das Werner Ordnungsamt klarstellt.
Von dem lauten Pärchen mit der Vorliebe für den Getränkeparadies-Parkplatz haben die Sachbearbeiter im Stadthaus zwar noch nicht gehört. Wie Sex in der Öffentlichkeit zu bewerten ist, steht für sie aber fest.
„Grob ungehörige Handlung“
„Hierbei handelt es sich um eine grob ungehörige Handlung.“ Nach Paragraf 118 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) handelt ordnungswidrig, „wer eine grob ungehörige Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Allgemeinheit zu belästigen oder zu gefährden und die öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen“, teilt Petra Jäger von der Fachabteilung Öffentliche Sicherheit und Ordnung mit. Ob es sich um einen privaten Parkplatz handelt, wie in diesem Fall, oder einen öffentlichen, sei dabei vollkommen egal. Die Höhe der fälligen Geldbuße beträgt 35 Euro - pro Person, hinzu kommen 25 Euro Gebühren. Damit käme ein Pärchen noch gut weg. Denn Sex in der Öffentlichkeit kann noch deutlich happiger geahndet werden.
Grundsätzlich kommt dabei auch eine Straftat in Betracht: Erregung öffentlichen Ärgernisses nach Paragraf 183a Strafgesetzbuch (StGB). Dort heißt es: „Wer öffentlich sexuelle Handlungen vornimmt und dadurch absichtlich oder wissentlich ein Ärgernis erregt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bedroht.“ So weit will Petra Jäger in dem geschilderten Werner Fall aber nicht gehen: „Hat beispielsweise ein Pärchen Sex in einem Fahrzeug, so kommt es für den Straftatbestand der Erregung öffentlichen Ärgernisses entscheidend darauf an, wo sich das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Handlung befindet. Ein Platz in der hintersten Ecke eines Parkplatzes in der Dunkelheit und mitten in der Nacht fällt nicht darunter.“ Es bleibt also bei der „grob ungehörigen Handlung“.
Hundehaufen kosten mehr
Einmal hat das Werner Ordnungsamt bereits ein Bußgeld in Höhe von 35 Euro wegen einer grob ungehörigen Handlung festgesetzt - allerdings nicht wegen Parkplatz-Sex, sondern Wildpinkeln. Nachdem sich jemand nachts entblößt an der Straße erleichtert hatte, gab es das Knöllchen, wie Petra Jäger mitteilt. Zum Vergleich: 35 Euro zahlen muss auch, wer unbelehrbar Enten und Gänse im Park füttert. Einen Hund mit auf einen Spielplatz nehmen kostet dagegen nur 20 Euro. Bei der Gassirunde den Hundehaufen liegen lassen, kommt da künftig wesentlich teurer: 200 Euro.
Wie das Pärchen zueinander gefunden hat, bleibt offen. Ob es eine Alternative zu dem wenig bequemen und kalten Liebesnest zwischen Windschutzscheibe und Kofferraum hat, ebenfalls. Fest steht, dass es immer mehr einschlägige Internet-Foren gibt, auf denen sich Menschen für solche Begegnungen auf Parkplätzen verabreden. In der Regel aber abgelegene Parkplätze und keine mitten in der Stadt.