Sommer, Sonne, Entspannung und Erholung - das ist es, was man eigentlich aus dem Urlaub mitnehmen möchte. Das war größtenteils für Thorsten Schröer, Schulleiter des Gymnasiums St. Christophorus in Werne, auch der Fall. Doch in einer Hinsicht hat er aus dem Sommerurlaub in einem südlichen Mittelmeerland eher ernüchternde, wenn nicht gar bestürzende Erinnerungen mitgebracht.
Ihm geht es um den „Trend zur medialen Berieselung bei allen Mahlzeiten“, wie er in einer Mail aus dem Urlaub an die Redaktion schreibt. Wir haben uns daraufhin mit ihm nach Urlaubsende getroffen.
„Trend zur medialen Berieselung“
„Wenn mich etwas stark beschäftigt, dann muss ich das aufschreiben, das hilft“, erklärt Schröer seine Mail aus dem Urlaub an die Redaktion. Im Gespräch mit ihm, wenige Tage nach Ende der NRW-Sommerferien, sagt er, dass „bereits Kinder im Hochstuhl und Kinderwagen mit allerlei Hilfsmitteln“ ausgestattet worden seien. „Da wurden regelrechte Konstruktionen gebaut, damit der Nachwuchs im Hochstuhl schön auf das Tablet beim Essen schauen kann.“
Schröer versichert, dass diese Beobachtung kein Einzelfall gewesen sei. Überall an den Tischen wären beim Familienessen elektronische Helferlein im Einsatz gewesen. „Ein Gespräch, wie früher üblich, war bei diesen Mahlzeiten nicht möglich.“

Kind quengelt - ab vors Handy
„Ich würde meinem Kind mit vier Jahren nicht zur jeder Mahlzeit, ob Frühstück, Mittag- oder Abendessen, das Handy oder Tablet herausholen“, sagt der Schulleiter. Selbst wenn die Bildschirme nicht von Anfang an zum Einsatz gekommen seien - „spätestens wenn die Kinder quengelten, holten Mama oder Papa reflexartig das Handy hervor“.
Diese, zugegeben subjektive, Beobachtung stütze die Aussage seiner 19-jährigen Tochter, die Lehrerin werden möchte und bei Praktika erlebt hat, welch großen Raum Handys und Co einnehmen. Medien hätten heutzutage eine viel größere Bedeutung für Kinder als noch vor wenigen Jahren - Generation Z 2.0.

Geringe Aufmerksamkeits-Spanne
Eine Expertin stützt diese Aussage. Bianca Wirtz hat Psychologie studiert, ist Familiencoach und beschäftigt sich unter anderem mit Selbstbehauptungs-Training bei Kindern und Jugendlichen. Beim jüngsten IHK-Wirtschaftsgespräch in Werne referierte sie unter anderem über die Generation Z, also die 13- bis 28-Jährigen. Viele negative Attribute für die GenZ seien nicht gerechtfertigt, aber ein (Vor-)Urteil sei zutreffend: Die Aufmerksamkeits-Spanne dieser Generation sei deutlich gesunken.
Wirtz zitierte einen Auszubildenden, der in einer Befragung angegeben habe: „Mit manchen meiner Freunde kann ich nicht ins Kino gehen. Die schlafen nach 10 bis 15 Minuten ein. Die können sich nicht länger auf eine Sache konzentrieren.“ „Das hat mich wirklich beunruhigt“, sagt die Expertin.
„Schweigen bei den Mahlzeiten“
Womit wir wieder bei den Kindern und Jugendlichen sind, denen nicht wenige Eltern es direkt nahelegen, sich lieber mit diversen Apps und Filmchen auf Handy und Tablet zu beschäftigen, als ein Familiengespräch zu führen. Oder gar ein Buch zu lesen. „Da herrscht Schweigen am Tisch bei den Mahlzeiten“, hat Schröer beobachtet.
Und wie geht das Gymnasium St. Christophorus mit dem Thema Mediennutzung um? „Es gibt zwei wichtige Bausteine bei uns: Ein Handyverbot während der Schulzeit, das von der Schülervertretung eingefordert und mitgetragen wird; zweitens das Thema Mediennutzung, das insbesondere im Informatik-Unterricht ab der Klasse 5 thematisiert wird“. Besonders hilfreich seien hier ältere Schüler, die zum Medienscout ausgebildet wurden, „die zu den jüngeren Schülern einen ganz anderen Zugang haben, als wir Lehrer“.
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