Mit einer Schubkarre geht Ralf Moschkau (52) üblicherweise nicht zum Angeln. Doch am Sonntag (10. März) kam ihm die Transporthilfe mehr als gelegen. Er hatte einen dicken Fisch an der Angel. Genauer gesagt einen Wels von 1,82 Metern Länge und 35 Kilo. So ein großer Fisch ist in der Regel etwa 11 Jahre alt.
„Für Werner Verhältnisse absolut spitze“, sagt Moschkau. „Ich wüsste nicht, dass einer meiner Kollegen jemals einen Wels in der Größe hier gefangen hätten.“ Üblicherweise seien die Tiere in der Region zwischen 80 und 120 Zentimeter lang. Von einem harten Kampf berichtet er, wie sich die Angel immer mehr bog, um den Baum wickelte und dann, nach 30 Minuten, der Brocken endlich am Haken hing. Einem Gummifisch-Köder war der Raubfisch auf den Leim gegangen.
Ein Nachbar hatte das Spektakel in Höhe des Fischerhofs mit angesehen und war mit der Schubkarre herbeigeeilt. Anschließend hievten beide das Tier ins Auto. Bei dem stürmischen Wetter hatte Moschkau am Sonntag eigentlich gar keine Lust zum Angeln. „Der Wind vertreibt die Bisse an der Wasseroberfläche, dann sieht man sie nicht so gut“, spricht er aus seinem langjährigen Erfahrungsschatz. Mit 13 Jahren machte er schon die Fischerprüfung und seit vielen Jahren ist er Fischerei-Aufseher und Mitglied im Angelsportverein Werne-Lippetal (ASV).
„Für Werne eine Ausnahme“
Zu Hause erlebte Moschkau beim Ausnehmen des Fisches eine böse Überraschung. Im Magen des Tieres befanden sich nicht nur zwei unverdaute Ratten, sondern auch ein Tetra-Pack. Warum nehmen die Menschen ihren Müll nicht wieder mit nach Hause, fragt er sich. Sein Angler-Kollege Werner Zicke, Geschäftsführer des Angelsportvereins, hat dafür ebenfalls kein Verständnis. Der Plastikmüll an den Uferzonen sei ein echtes Problem. Der Angelverein hatte daher für Februar eine Müllsammelaktion an der Lippe angesetzt, konnte die Aktion aber wegen des schlechten Wetters nicht durchführen. „Die Ufer waren so schlammig, da war es uns zu gefährlich, dass einer ins Wasser abrutscht“, erläutert Zicke. Auch er ist beeindruckt von Moschkaus Prachtexemplar. „Für Werne ist das schon eine Ausnahme“, sagt er. Tatsächlich sei zwischen Datteln und Olfen mal ein 2,40 Meter langer und 70 Kilogramm schwerer Wels geangelt worden.

Der Raubfisch hat sich in den heimischen Gewässern in den letzten Jahren breit gemacht. Mit seinem feinen Gehör spürt er die Beute auf, die an der Wasseroberfläche schwimmt. Junge Enten, Ratten, Wasserhühner, kleine Nutrias. Je nach Größe des Welses kann es auch schon mal ein schwimmender Dackel sein. In manchen Regionen sollte man seinen Terrier nicht nach Stöckchen suchen lassen, empfiehlt Dr. Olaf Niepagenkemper vom Landes-Fischereiverband Westfalen und Lippe. „In Frankreich machen sich die Welse über trinkende Tauben her“, sagt er im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten.
Hohes Müllaufkommen am Kanal
Dass sich der Wels in Werne ausgerechnet die Mülltüte geschnappt hat, sieht Niepagenkemper mehr als Zufall. „Welse reagieren auf Bewegung und Reflektion, vielleicht schwamm ein Wasservogel nebenher und der flog dann weg.“ Ob der Fisch an der Tüte hätte verenden können, vermochte er generell nicht bestätigen. Aber auch er sieht in den Müllansammlungen am Ufer ein großes Problem. Regelmäßig führt der Landesfischerei-Verband daher „Catch and Clean-Days“ durch, mehrere Säcke Zivilisationsmüll kämen dabei zusammen, sagt er. Vor allem am Kanal sei das Müllaufkommen sehr hoch.

Was machen die Angler nun mit dem Riesenfang? Nachdem Moschkau den Fisch ausgenommen hatte, brachte er ihn nach Stockum in die Tiefkühltruhe des Angelsportvereins. Irgendwann landet er bei den Vereinsmitgliedern als Fischfilet oder Frikadelle bei einen der nächsten Frühschoppen auf dem Teller. „Wenn man den Fisch ordentlich würzt, dann schmeckt er auch“, erklärt Zicke. Im Gegensatz zu andern Fischen habe der Wels keine großen Gräten.