Bundestagswahl 2017

Prognose: Thews (SPD) knapp vor Jörrißen (CDU)

Noch gut vier Wochen bis zur Bundestagswahl. Im Wahlkreis Hamm-Unna II kristallisiert sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Michael Thews (SPD) und Sylvia Jörrißen (CDU) heraus. Das sagt zumindest eine aktuelle Prognose. Worauf stützt sich diese Vorhersage und welche Bedeutung haben die Kandidaten überhaupt für die Abgabe der Erststimme?

von Daniel Claeßen, Rolf Langenhuisen

WERNE/LÜNEN/SELM

, 25.08.2017 / Lesedauer: 3 min

Im Wahlkreis 145 (Hamm-Unna II) hat der SPD-Direktkandidat Michael Thews derzeit einen äußerst knappen Vorsprung. Das sagt eine Wahlkreisprognose des Hamburger Datenanalytikers Matthias Moehl. Sein Unternehmen election.de sieht den Sozialdemokraten Michael Thews bei 40 Prozent der Erststimmen, seine Konkurrentin Sylvia Jörrißen (CDU) bei 38 Prozent.

Auf Rang 3 liegt Pierre Jung (AfD) mit 7 Prozent, knapp vor Sven Kleine-meier (Die Linke) und Eckhard Kneisel (Grüne) mit je 5 Prozent der Erststimmen. Beate Oertel (FDP) könnte laut der Prognose von election.de auf drei Prozent kommen. 

40 zu 38 – für den Statistiker ist diese Vorhersage ein „Vorsprung“. Denn: Die „Unschärfe“ liege für jede Prognose „bei plusminus 3 oder 3,5 Prozentpunkten“, so Moehl. Heißt also: Das Erststimmen-Rennen im Wahlkreis Hamm-Unna II ist noch längst nicht gelaufen.

Wer steckt eigentlich hinter election.de?

Matthias Moehl (50) ist Diplom-Informatiker. Seit 2002 arbeitet er als Politikberater und Wahlanalyst. Unter dem Firmennamen election.de bietet er Erststimmen-Vorhersagen für jeden der 299 Bundestagswahlkreise an. Der Hamburger füllt damit eine Nische, die die großen Meinungsforschungsinstitute nicht besetzen.

Die müssten, um eine Prognose abgeben zu können, im jeweiligen Wahlkreis Umfragen durchführen. Der Aufwand käme zu teuer. Moehl macht es günstiger und ist folglich gut im Geschäft. Die Liste seiner Referenzen reicht von den im Bundestag vertretenen Parteien über Rundfunk und Fernsehen bis hin zu den Redaktionen von The Economist, Der Spiegel oder den Ruhr Nachrichten.

Worauf stützt sich die Prognose?

Die Erststimmen-Prognosen von election.de beruhen nicht auf eigenen Umfragen. Moehl ist kein Meinungsforscher. Er ist das, was man neudeutsch „Data-Miner“ nennt: einer, der in Datenbergen buddelt mit dem Ziel, neue Querverbindungen und verborgene Zusammenhänge zu entdecken.

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Der Datenberg, den Moehl mit seinem Algorithmus durchforstet, besteht aus den Ergebnissen bisheriger Bundestags-, Landtags- und Europawahlen im jeweiligen Wahlkreis, aus den aktuellen Ergebnissen von repräsentativen Wählerbefragungen der großen Demoskopie-Institute, aus Daten über die zur Wahl stehenden Kandidaten und den Zuschnitt des jeweiligen Wahlkreises sowie aus Erkenntnissen über Stimmen-Splitting (unterschiedliche Abgabe von Erst- und Zweitstimmen) und Wählerwanderungen.

Welche Bedeutung haben die Kandidaten?

So ernüchternd das für den Einzelnen sei: „Der Faktor Individuum ist sehr überschaubar. Nur bis zu fünf Prozentpunkte kann ein Kandidat selbst bewegen.“ Das heißt: Wenn die SPD in einem Wahlkreis 30 Prozent der Zweitstimmen bekommt, schafft ein sehr guter Bewerber vielleicht 34 Prozent der Erststimmen, ein eher schwacher Kandidat muss sich mit 27 Prozent begnügen.

Was ist die Prognose wert?

Kritiker monieren, das Umrechnen bundesweiter Zweitstimmen-Trends auf Erststimmen in einzelnen Wahlkreisen könne nur mit Unsicherheiten behaftet sein. Matthias Moehl kontert mit dem Hinweis auf eine hohe Treffsicherheit. Bei der Bundestagswahl 2013 sagte election.de das Erststimmen-Ergebnis in 279 der 299 Wahlkreise richtig voraus – eine Quote von 93 Prozent.

Vor der Landtagswahl in NRW am 14. Mai 2017 hat der Hamburger Daten-Experte in 117 der 128 Wahlkreise den Sieger korrekt vorhergesagt. Das entspricht einer Quote von 91 Prozent. Seine NRW-Prognose, brüstet sich Moehl, habe näher am Wahlergebnis gelegen „als alle Umfragen, die vor der Wahl von den großen Instituten veröffentlicht wurden“.

Wie sah das Ergebnis im Wahlkreis 145 bei der Wahl vor vier Jahren aus?

2013 holte Michael Thews mit 43,2 Prozent der Erststimmen das Direktmandat für die SPD. Die Christdemokratin Sylvia Jörrißen lag knapp vier Prozentpunkte dahinter (39,3), zog aber über die Liste ebenfalls in den Bundestag ein. Udo Gabriel trat damals für die Linke an und holte 5,6 Prozent, Marie Dazert schaffte für die Grünen 5,0 Prozent. Die AfD trat 2013 nicht an, stattdessen holte Hans-Jochen Voß für die NPD 1,8 Prozent der Erststimmen.