Mammutaufgabe für die Werner Politik Diese Baustellen warten 2024 auf die Volksvertreter

Mammutaufgabe in 2024: Diese Baustellen warten auf die Politik
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Kein nervenaufreibender Bürgerentscheid, keine strengen Corona-Regeln und auch kein so plötzlicher Anstieg der Zahl geflüchteter Menschen wie noch kurz nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs – man könnte meinen, das Jahr 2023 sei für Werne vergleichsweise ruhig verlaufen. Tatsächlich endete es mit einer Hiobsbotschaft, die die Politik - genauso wie die Stadtverwaltung - vor eine echte Mammutaufgabe stellt.

Denn als in der letzten Ratssitzung der Haushaltsplan für 2024 vorgestellt wurde, war klar: Viel Spielraum ist da nicht. Ganz im Gegenteil. Unterm Strich steht ein Rekord-Minus von fast 14 Millionen Euro. Die Inflation, gestiegene Zinsen und Personalkosten sowie die erhöhte Kreisumlage hinterlassen ihre Spuren im Stadtsäckel. „Daher werden wir Prioritäten setzen müssen. Wir sollten nur noch das tun, was unbedingt notwendig ist, um unsere Stadt gut zu gestalten“, machte Bürgermeister Lothar Christ deutlich.

Was genau das ist – wofür man Geld in die Hand nimmt und auf was man lieber verzichtet –, wird sich noch zeigen müssen. Eine Sache lässt sich aber schon jetzt mit ziemlicher Sicherheit sagen: Der Abwägungsprozess wird hart. Und Wernes Volksvertreter werden mit ihren Entscheidungen wahrscheinlich bei vielen Menschen anecken.

Das wird unbequem und wohl auch nicht immer sachlich bleiben. Ein Beispiel dafür lieferte der jüngste politische Beschluss, beim Erweiterungsbau der Wiehagenschule auf die von der Schulleitung und Verwaltung gewünschte - aber eben auch kostspielige - Verbindungsbrücke zu verzichten. Kindeswohlgefährdung wurde den Mandatsträgern deswegen vorgeworfen.

Bei einer Ratssitzung fotografiert ein Bürger die Politiker mit dem Smartphone.
Die Entscheidungen der Politik wird manch ein Bürger auch 2024 genau im Blick behalten. © Felix Püschner (Archiv)

Die Erweiterung der Wiehagenschule wird die Stadt auch ohne besagte Brücke einen ordentlichen Batzen Geld kosten. Aktuell sind dafür sieben Millionen Euro eingeplant. Hinzu kommt der Sporthallen-Neubau an der Klöcknerstraße. Bei dem gibt es nach wie vor allerdings die Befürchtung, dass die vom Bund zugesagten 3,4 Millionen Euro Fördermittel doch noch dem Rotstift zum Opfer fallen könnten. Also abwarten und Daumen drücken.

Die Liste mit Projekten, die man im kommenden Jahr angehen möchte, ist lang: Die Neugestaltung des Klostervorplatzes und die Planung eines Kreisverkehrs zwischen Stadthaus und Marga-Spiegel-Schule stehen unter anderem darauf. Das Anne-Frank-Gymnasium braucht neue Räume, das alte Rathaus sowie das Stadthaus und das Museum benötigen einen zweiten Rettungsweg. Straßen sollen saniert und Dächer kommunaler Liegenschaften mit PV-Modulen bestückt werden.

Wohnungsmarkt bleibt große Baustelle in Werne

Und dann gibt es da noch ein paar Baustellen, die sich zumindest nicht direkt im Haushaltsplan wiederfinden. Bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, hat sich die Politik beispielsweise schon vor Jahren auf die Fahne geschrieben. Gemeint waren damit in erster Linie Wohnungen, für die man einen Wohnberechtigungsschein benötigt. Beim öffentlich-gefördertem Wohnungsbau muss man nun am Ball bleiben. Denn in den kommenden Jahren fallen in Werne viele solcher Wohnungen aus der Mietpreisbindung. Für ausreichend Ersatz zu sorgen, wird zwar sportlich, erscheint aber machbar. Zumindest in der Theorie.

Auf dem "Hühnerhof"-Areal am Rande der Werner Innenstadt steht ein verfallenes Haus.
Das "Hühnerhof"-Areal und die künftige Werne City Mall werden wichtig für die Attraktivität der Innenstadt. © Laura Oswald-Jüttner

Wenn es darum geht, bezahlbaren Wohnraum für die Mittelschicht zu schaffen, klaffen Wunsch und Wirklichkeit weit auseinander. In Sachen Wohneigentum ist Werne ein (zu) teures Pflaster. Laut einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft ist Wohneigentum für Familien mit durchschnittlichem Haushaltseinkommen in der Lippestadt nicht mehr erschwinglich - Förderprogramm hin oder her. Und daran wird sich voraussichtlich auch so schnell nichts ändern. Denn welcher Investor eines Neubaugebiets würde seine Immobilien schon freiwillig günstiger anbieten wollen? Zumal Werne in Sachen Attraktivität und Lebensqualität einen höheren Stellenwert genießt als so manche Nachbarkommune.

Die Lippestadt noch attraktiver machen

„Attraktivität“ ist auch eines der Zauberworte, wenn es um die künftige Gestaltung der Innenstadt geht. Die Bürgerbeteiligung bei der Planung für das „Hühnerhof“-Areal war beachtlich. Das zeigt das Interesse der Menschen an ihrer Stadt. Verwaltung und Politik müssen - gewiss wieder mal mit Unterstützung eines externen Dienstleisters - aus den Vorschlägen nun ein vernünftiges Gesamtkonzept basteln. Das ist jetzt Pflicht. Erst recht, weil man hier die Zügel selbst in der Hand hält - anders als bei so manchem Gammelhaus, das die hübsche Altstadt in ein schlechtes Licht rückt.

Bürger hören Wernes Planungsdezernenten bei einer Infoveranstaltung zu.
Die Bürger "mitzunehmen" - wie hier bei einer Veranstaltung zum geplanten Neubaugebiet Bellingholz-Süd - bleibt wichtig. © Felix Püschner

Werne muss attraktiv für die Bürger bleiben und vor allem das Angebot für Jugendliche ausbauen. Der Bikepark kann als Blaupause dafür dienen, wie Partizipation von Zielgruppen bei der Gestaltung der Stadt funktioniert. Aber Werne muss auch für Arbeitgeber attraktiv bleiben. Wollen ansässige Betriebe ihre Produktion erweitern, kann das bedeuten, dass mehr Gewerbeflächen geschaffen werden müssen, nicht zwangsläufig jedoch ein komplett neues Gewerbegebiet.

Letztlich wird 2024 ein Jahr werden, in dem der Spagat zwischen Wunsch und Wirklichkeit, zwischen Handeln und Haushalten so mühsam und groß ist wie nie zuvor. Oder kurz gesagt: eine echte Mammutaufgabe.

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