Hetze, Prügel und Zerstörung - das, was die jüdischen Bürger von Werne in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 über sich ergehen lassen mussten, zählt zum dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte. Auch in der Lippestadt wütete in der Pogromnacht ein Mob aus gut 100 Menschen. Der von antisemitischer Propaganda und Fanatismus geschürte Hass entlud sich in jener Nacht auf grausame Weise.
Antisemitismus und Rassismus sind auch mehr als 80 Jahre später noch präsent in der Gesellschaft - und das auf vielfältige Weise. Darauf wies auch Wernes Bürgermeister Lothar Christ bei seiner Rede am einstigen Standort der Werner Synagoge hin. Letztere war in der Pogromnacht ebenfalls verwüstet und im Jahre 1940 abgerissen worden.
Viel Engagement gezeigt
Christ betonte die Wichtigkeit der Aufarbeitung und Aufklärung - nicht nur mit Blick auf die Vergangenheit sondern auch auf die Gegenwart. Er sagte aber auch: „Bei uns in Werne, so glaube ich, sind wir insoweit schon seit einiger Zeit auf dem richtigen Weg.“
Seitens der Kommune erinnere man seit langem an die Verbrechen der Nazizeit, vor allem an die Judenverfolgung, habe Gedenkveranstaltungen und Ausstellungen durchgeführt, Erinnerungstafeln angebracht und Stolpersteine verlegt. „Zeitzeugen schilderten in eindringlicher Weise ihre schrecklichen Erlebnisse während der Nazidiktatur, etwa Ivar Buterfas, Marga Spiegel oder Leslie Schwarz. Oft waren dabei die Werner Schulen beteiligt, mal in Kooperation mit der Stadt, mal aufgrund eigener Initiativen“, so Christ.
Noch stärker Position beziehen
Auch die Feierstunde zum Gedenken an die Ereignisse des 9.11.1938 sei mehrfach von Schülerinnen und Schülern mitgestaltet worden. Und so könne man heute sagen, dass man einige Anstrengungen unternommen habe, „um die Folgen von Antisemitismus in der Vergangenheit, aber auch die diesbezüglichen Gefahren in der Gegenwart deutlich aufzuzeigen. Darauf dürfen wir uns jedoch nicht ausruhen“, appellierte Wernes Bürgermeister.
Denn der gegenwärtig zunehmende Antisemitismus mache es notwendig, noch mehr aufzuklären und noch stärker Position zu beziehen: „Vielleicht müssen wir dabei auch neue Wege gehen. Wurde bisher bei Erinnerungstagen wie heute oder auch bei anderen Gelegenheiten fast ausschließlich die Opferrolle der Juden beleuchtet, die Einschränkungen ihrer Rechte, ihre Verfolgung und schließlich ihre Ermordung, so sollte zukünftig neben diesen notwendigen Erinnerungen auch grundlegendes Wissen über das Judentum vermittelt werden: über die Eckpunkte ihres Glaubensverständnisses, ihre Riten und Feiertage.“
Die Veranstaltungen im Zuge des Gedenkjahres „1700 Jahre Judentum in Deutschland“ haben einen Teil dazu beigetragen. Und ein Stück jüdischer Kultur konnten im Anschluss an die Gedenkveranstaltung in diesem Zusammenhang auch noch die Besucher des Kolpingsaals bekommen - beim Konzert des Duo Nurith.
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