Einsatzkräfte der Feuerwehr retteten das Tier am 9. September vor dem Ertrinken. Es soll nach Angaben der Feuerwehr schwach und völlig unterkühlt gewesen sein. Eine Spaziergängerin vermutet, dass es bei dem Versuch zu trinken ins Wasser gefallen war. © Freiwillige Feuerwehr Werne

Nach Feuerwehr-Einsatz

Pferd in der Lippe: War der Fluss die einzige Wasserquelle für das Tier?

Ein Pferd treibt am 9. September durch die Lippe – zu schwach, um von alleine an Land zu kommen. Monate vorher riefen Spaziergänger erstmals das Veterinäramt. Die Tiere hätten nicht genügend Wasser.

Werne

, 21.09.2018 / Lesedauer: 4 min

Im Bereich Gedembergstraße/Schlagt lag am 9. September ein Pferd in der Lippe. Kanuten hatten an diesem Tag versucht, das Tier aufs Trockene zu treiben, aber von alleine kam es nicht mehr an Land. Schließlich war es die Feuerwehr, die es vor dem Ertrinken rettete. Ende der Geschichte? Nicht ganz. Einen Tag später meldet sich Susanne Hetmann aus Werne in unserer Redaktion: „Ganz ehrlich? Es war nur eine Frage der Zeit, bis das passiert“, sagt sie.

Veterinäramt am 7. Mai verständigt

Susanne Hetmann erzählt von Anrufen beim Veterinäramt und von Pferden, die auf der Weide Probleme hätten, an ausreichend Wasser zu kommen. Sie vermutet, dass das Tier bei dem Versuch, aus dem Fluss zu trinken, an der steilen und unebenen Stelle hineingefallen war – nur eine Vermutung. Fakt sei aber, dass eine Freundin von Hetmann den Pächter der Weide im Mai dieses Jahres auf „die fehlende Versorgung“ angesprochen hätte. „Er wollte sich drum kümmern, passiert ist aber nichts.“

Am 7. Mai habe sie dann das Veterinäramt des Kreises Unna verständigt. Einen Tag später wird laut Hetmann eine Tränke mit Pumpe installiert. Aus Kreisen des Pächters heißt es, dass es diese Wasserpumpe schon seit Jahrzehnten gäbe, sie in den Wintermonaten aber – wenn die Tiere nicht auf der Weide stehen – abgebaut werde. „Es war warm im Mai und da war keine Pumpe, darum geht es doch“, sagt Hetmann.

Weidepumpe funktioniert nicht

Mit ihrem Hund gehe sie regelmäßig an der Lippe spazieren, in Absprache mit dem Pächter gingen sie und ihre Freundinnen auch mal über die Weide, weil sie dort manchmal den Müll beseitigen würden, den Leute dort hinterlassen. „Das ist ein tolles Gelände, es ist schön, wenn Tiere so viel Auslauf haben“, sagt sie. „Das mit dem Wasser aber hat uns nun mal Sorgen gemacht.“

Nach dem Vorfall am 9. September wurden die Tiere vorerst von der Weide geholt. © Vanessa Trinkwald

Denn die im Mai installierte Pumpe, deren Schlauch in den Fluss verläuft, funktioniere auch gar nicht. „Ein Pferd pumpt nicht zigmal, bis überhaupt mal ein Tropfen Wasser kommt“, sagt sie. „Die Tiere brauchen aber ausreichend zu trinken, gerade bei der Hitze, die wir diesen Sommer hatten.“ Die vielen Brennnesseln vor der Tränke seien nicht zertrampelt – für Susanne Hetmann ein Indiz dafür, dass die Pferde dort auch nicht trinken. Vor Ort bestätigt sich die Situation von der Stelle aus, von der man über den Weidezaun die kleine grüne Weidepumpe sieht.

Gelände an der Lippe sehr steil

Ein kleiner Nebenarm der Lippe unweit der Tränke führe mal mehr, mal weniger Wasser. An den Hufspuren sei zu erkennen, dass es die Pferde wohl zwischendurch dorthin verschlägt. „Bei hohen Temperaturen ist da aber kein Wasser“, sagt Hetmann. „Die Tiere gehen dann zur Lippe“ – das würde auch die Pferdeäpfel erklären, die dort liegen. Nur sei die Stelle, an der das Gelände an die Lippe grenzt, nun einmal sehr steil. Die Fotos der Feuerwehr, die am 9. September von dem Einsatz gemacht wurden, stützen diese Aussagen.

Das Foto zeigt die Stelle, an der das Tier aus dem Wasser gezogen wurde. © Freiwillige Feuerwehr Werne

Der Kreis Unna bestätigt auf Anfrage, dass die Pumpe im Mai auf der Weide aufgestellt wurde. Sonst sei aber alles in Ordnung, sagt Pressesprecher Max Rolke. Der Mitarbeiter des Veterinäramtes äußerte sich laut Rolke positiv über den Pächter: „Der behandelt seine Tiere gut.“

Pferdezuchtverband: „Diese Tränken sind keine Ideallösung“

Susanne Hetmann gehe es auch nicht um platte Schuldzuweisungen, sondern eher um die Tatsache, dass man sich ein paar Gedanken um die Situation vor Ort macht. „Dass das Pferd in der Lippe lag, war für mich keine Überraschung“, sagt sie. Wäre das Tier am 9. September ertrunken, wäre der Aufschrei groß gewesen. Das Veterinäramt soll im Vorfeld verneint haben, dass das steile Ufer eine Gefährdung für die Tiere darstellt.

Beim Hannoveraner Verband teilt man auf Anfrage mit, dass ein Pferd, egal ob Kalt- oder Warmblüter, 20 bis 30 Liter pro Tag trinkt. „Bei enormer Hitze auch mal 40 Liter am Tag“, sagt eine Sprecherin des Pferdezuchtverbandes aus Verden. „Wie oft ein Pferd an so einer Tränke pumpt, bis es enttäuscht abzieht, wenn kein Wasser kommt, vermag ich nicht zu sagen. Aber unter uns: Diese Tränken sind keine Ideallösung.“ Es könne natürlich sein, dass das Tier bei großem Durst aus dem Fluss trinken wollte. „Pferde brauchen genug zu trinken, das darf man nicht unterschätzen. Haben sie es nicht, werden sie irgendwann von ihrem Überlebensinstinkt getrieben.“

Pächter: Hunde haben Tier ins Wasser gedrängt

Dass die Pferde aus der Lippe trinken, streitet man in Kreisen des Pächters auch gar nicht ab – im Gegenzug heißt es, dass Hunde das Tier beim Gassi gehen ins Wasser gedrängt hätten. Auch den Einsatzkräften, die das Tier am 9. September aus der Lippe zogen, habe der Pächter das nach Angaben der Feuerwehr erzählt. Das sei Unsinn, sagt Hetmann. „Unsere Hunde sind entspannt, die scheuchen kein Pferd in den Fluss. Warum sollten sie das tun?“

Sie und ihre Freundinnen hoffen indes, dass man die Situation ernst nimmt, damit nicht noch einmal ein Pferd in der Lippe landet und dort womöglich ertrinkt. Im Sommer sei ihr außerdem ein krankes Kaltblut am Boden aufgefallen, dass überhaupt keine Reaktion gezeigt hätte. „Pferde haben durchaus eine Tiefschlafphase, während der sie auch mal seitwärts auf dem Boden liegen“, sagt die Sprecherin des Hannoveraner Verbandes. Wenn ihnen Eiter aus den Nüstern laufe, sei das aber nicht normal. Genau das, sagt Susanne Hetmann, sei hier aber leider der Fall gewesen.

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