Seit Montag (31. Juli) erhebt der Discounter Penny, der zur REWE-Gruppe gehört, für neun seiner mehr als 3000 Produkte eine Woche lang die „Wahre-Kosten-Preise“ - auch in Werne, An den 12 Bäumen. Darunter versteht er den Betrag, den ein Produkt kosten müsste, wenn alle durch die Produktion verursachten Umweltschäden in die Berechnung des Endpreises einfließen. Das macht Käse, Joghurt und Fleisch um bis zu 94 Prozent teurer. Wie finden das die Kunden vor Ort?
„Ich sehe immer zu, dass ich keine Markenprodukte kaufe, sonst bezahle ich den Namen mit“, sagt Marlies Adolph. Die 74-Jährige aus Werne hat selbst lange im Einzelhandel gearbeitet und weiß daher um die Dynamik in der Preisentwicklung. Dass Penny mit der Aktion Bewusstsein für den Aufwand an Ressourcenverbrauch in der Lebensmittelproduktion schaffen möchte, sei ein richtiger Ansatz, aber die Umsetzung „schlecht durchdacht“, findet sie. Das ausgerechnet an Grundnahrungsmitteln zu demonstrieren, könne ja nur Beschwerden nach sich ziehen.

Kein Verständnis
Genauso sieht das Bernd Schettler. Der gelernte Koch sagt: „Man macht die Leute nur wild. Es ist Unsinn, irgendwelche Aufschläge zu verlangen.“ Die „Wahre-Kosten-Preise“ kommen für ihn willkürlich daher. „Natürlich sollen die Bauern auch leben, aber da steigen die Auflagen ja auch immer weiter. Wer soll das denn alles bezahlen?“ Das ist der Knackpunkt. Die Aktion erweckt offenbar den Eindruck, dass sich bald nur noch Besserverdiener Fleisch und Käse leisten könnten.
Konkret geht es um Wiener Würstchen, bei denen die 400-Gramm-Packung in dieser Woche 6,01 anstatt 3,19 Euro kostet; Maasdamer Käse für 4,84 statt 2,49 Euro; Fruchtjoghurt für 1,44 Euro statt 0,99 Cent; Veganes Schnitzel für 2,83 statt 2,69 Euro; Mozzarella für 1,55 Euro statt 0,89 Cent; Bio Fruchtjoghurt für 1,56 statt 1,19 Euro; Bio Würstchen für 5,36 statt 3,29 Euro; Bio-Mozzarella für 1,92 statt 1,29 Euro und Bio Maasdamer für 3,70 statt 2,19 Euro. Die Artikel gehören fast alle zur Penny-Hausmarke.
Kundin Funda Durmaz (29) hat kein Verständnis für die Aktion. „Aber ich habe keine Wahl, ich muss das kaufen, wenn wir nicht auf Fleisch und Milch verzichten wollen“, sagt sie. Die Aktions-Waren kaufe sie nicht, solange die Preise nicht regulär auf das hohe Niveau steigen.
In Werne ist von positivem Feedback wenig zu merken. Hans Georg Kock ist zwar der Meinung, dass auf die Problematik der Umweltschäden aufmerksam gemacht werden müsse, aber nicht so. Für ihn sei es keine Option, die verteuerten Preise zu kaufen. „Moderate Preiserhöhungen sind okay“, sagt der 79-Jährige.

Bio-Produkte kaum verteuert
Auch im Internet melden sich mehr Gegner als Befürworter. „Total daneben“ und „der größte Schwachsinn“ ist dort unter anderem zu lesen. Am dritten Tag der Aktion gibt es allerdings auch noch immer Kunden, die von der Aktion nichts wussten und über die Preisverdopplung nur ungläubig den Kopf schütteln.
In einem Telefonat mit der Redaktion gibt Verkaufsleiter Carsten Hohmann an, dass ihm die Angst vor generellen Preissteigerungen aufgefallen sei. „Ich habe die Kunden aber beruhigen können, dass der Käse nächste Woche wieder weniger kostet.“ Die Reaktionen auf die Aktion fielen auch in seiner Wahrnehmung sehr gemischt aus. „Das liegt unter anderem daran, dass man nie dazu kommt, sie ausführlich zu erklären“, sagt er. Es habe Kritik und Unverständnis gegeben, aber auch positives Feedback. So habe eine Kundin sich gefreut, zu sehen, dass der „wahre“ Preis für Bio-Produkte deutlich niedriger ist.
Ganz besonders freut Hohmann sich, dass am ersten Tag der Aktion „auch Kunden gezielt nach den teuren Produkten gefragt haben“, um die Differenz zu spenden. Penny verspricht nämlich auf seinem Plakat zur Aktion: „Den Umweltausgleich geben wir komplett an das Projekt Zukunftsbauer für eine klimafreundlichere Landwirtschaft weiter.“
Umfrage: Nur wenige Menschen wollen „wahre Preise“ zahlen
Penny verkauft Waren zum „wahren Preis“: Fröndenberger Kunden halten sich zum Start zurück