
Anika Hilsmann aus Werne mit ihren beiden Töchtern Hannah (6) und Sophie (6) auf dem Spielplatz der Uhlandschule. © Felix Püschner
Mutter aus Werne erklärt die Schwachstellen der Lippestadt
Nach Umfrage
Nach den Ergebnissen einer kreisweiten Umfrage könnte man meinen, Werne sei ein Paradies für Familien. Allerdings gibt es auch einige Baustellen. Darüber haben wir mit einer Mutter gesprochen.
In keiner anderen Stadt des Kreises Unna sind Familien so zufrieden mit ihrer Wohnsituation wie in Werne. Das hat eine kreisweite Umfrage ergeben. Diese Ergebnisse haben einige Menschen überrascht. Darunter ist auch Anika Hilsmann (41). Als wir uns mit ihr treffen, spielen ihre beiden sechsjährigen Töchter gerade auf dem Spielplatz der Uhlandschule. Nach den Sommerferien gehören sie hier zu den neuen i-Dötzchen.
Mit Blick auf das Umfrageergebnis sagt Hilsmann: „Ich sehe das nicht so euphorisch. Es kommt ja immer darauf an, wen man fragt. Und man muss auch an die Menschen denken, denen es nicht so gut geht.“ Denn wer in einem Plattenbau lebe und nicht viel Geld habe, würde das Leben in Werne wahrscheinlich nicht ganz so prickelnd bewerten.
Damit spricht Hilsmann unter anderem einen Punkt an, den die Politik zwar offiziell auf dem Schirm hat, bei dem die konkrete Umsetzung größtenteils aber noch aussteht. An bezahlbarem Wohnraum mangelt es in der Stadt. Die gute Nachricht: Neue Wohngebiete sollen nur noch realisiert werden, wenn sie mindestens 30 Prozent öffentlich geförderten Wohnraum vorsehen. Mehrere solcher Projekte stehen in Aussicht.
Jede Menge Apotheken - aber zu wenig Ärzte
Mit ihrer eigenen Wohnsituation sind Hilsmann und ihre Familie zufrieden. Allerdings gehört zum glücklichen Wohnen mehr als nur ein Dach über dem Kopf. Das ganze Umfeld, Schulen, Geschäfte und Co., spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Hilsmann sagt: „Werne ist immer noch eine Stadt der kurzen Wege. Das ist super. Und wir haben auch genügend Apotheken - dafür sind die Kinderärzte aber maßlos überlaufen.“
Ähnlich sei die Lage mit Blick auf die Schulen: „Fünfzügig und 30 Kinder pro Klasse ist alles andere als ideal.“ Die ÖPNV-Anbindung schwanke zwischen „ziemlich mau“ und „katastrophal“ - je nachdem, ob man sich innerhalb der Stadt bewegen oder in Nachbarstädte wie Hamm fahren wolle. Hilsmann, die als Krankenschwester in Dortmund arbeitet, nimmt lieber das Auto.
In der Werner Innenstadt fehlen ihr vor allem Geschäfte für Kinder: „Früher gab es das Spielwarengeschäft Weischer. Das war einfach toll.“ Weitere Kritikpunkte: eine schlechte Internetversorgung, fehlende Freizeitmöglichkeiten für die jüngere Generation sowie hohe Betreuungskosten im Kita- und OGS-Bereich.
Mutter scheint vielen aus der Seele zu sprechen
Bei Hilsmanns Aufzählung fällt auf: Viele der Punkte decken sich mit den Ergebnissen einer Umfrage des Werner Stadtmarketings, an der unter anderem 530 Familien teilgenommen hatten. Bezahlbarer Wohnraum, Angebote für Kinder und Jugendliche sowie der ÖPNV zählten sogar zu den am häufigsten genannten Schwächen. Viele Teilnehmer bezeichneten Werne sogar als „familienunfreundlich“.
Überraschend waren demgegenüber die Ergebnisse einer stichprobenartigen Blitzumfrage unserer Redaktion am Mittwoch (27. Juli). Zumindest im Hinblick auf einen ganz speziellen Aspekt: Denn auf die Frage, was ihnen an Werne besonders gut gefällt, nannten viele Familien die Spielplätze. An denen hatte es in der Vergangenheit aber immer wieder Kritik gegeben. Auch deswegen liegt der Stadt nun ein umfangreiches Spielplatzentwicklungskonzept vor.
Anika Hilsmann sieht viele Spielplätze in der Lippestadt in einem guten Zustand. Aber es gebe eben auch Plätze, die eher stiefmütterlich behandelt werden. Und ein entscheidendes Manko hätten im Prinzip alle von ihnen. „Es gibt keinen Spielplatz, der für ein behindertes Kind im Rollstuhl geeignet wäre“, gibt die Mutter zu bedenken. Es passt zu ihrer Kernaussage, die sie bereits am Anfang unseres Gesprächs getätigt hat: „Man muss auch an die Menschen denken, denen es nicht so gut geht.“
Geboren 1984 in Dortmund, studierte Soziologie und Germanistik in Bochum und ist seit 2018 Redakteur bei Lensing Media.
