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Mit Video: Digitale Kerzen, lebendige Geschichte - Stolperstein-App zeigt jüdisches Leben in Werne
Juden in Werne
Sie soll erinnern und jüdische Vergangenheit wieder lebendig machen: Die neue App Stolpersteine NRW hat alle 15.088 Stolpersteine digitalisiert und erzählt zu vielen interaktive Geschichten.
Sie will jüdisches Leben erlebbar machen, aber vor allem etwas gegen das Vergessen der Gräueltaten des Zweiten Weltkrieges durch die Nationalsozialisten tun. Die neue App Stolpersteine NRW, entwickelt vom Westdeutschen Rundfunk (WDR), hebt Geschichte auf eine neue, digitale Ebene. 15.088 Stolpersteine hat der Künstler Gunter Demnig in NRW verlegt, vor den letzten frei gewählten Wohngebäuden, die jüdischen Familien einst ihr Zuhause nannten. Diese Stolpersteine und Schicksale sind jetzt in der App gebündelt.
Tag des Gedenkens
- Der 27. Januar ist der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus.
- Am 27. Januar 1945 wurde das Vernichtungslager Auschwitz von sowjetischen Soldaten befreit.
So wie die Geschichte der Simons, die in einem sogenannten Judenhaus am Roggenmarkt untergebracht waren. „Nichtjuden sei das Zusammenleben mit Juden nicht zuzumuten, so wurde argumentiert, um per Gesetz die Zwangsumsiedlung jüdischer Bürger in sogenannte Judenhäuser anweisen zu können“, schreibt die Bürgermeister Harzer Stiftung auf ihrer Internetseite. Denn trotz innovativer App ist sie nicht das erste digitale Angebot, dass es in Werne gibt.
Auf der Internetseite www.verwischte-spuren.de/juedisches-leben-in-werne der Stiftung gibt es neben einer interaktiven Karte viele Fotos und Hintergrundtexte zur jüdischen Stadtgeschichte, kurze Biografien über die jüdischen Familien in der Stadt und ihre Schicksale sowie die jüdischen Einrichtungen in der Stadt wie die Synagoge, den Friedhof und die jüdische Schule. Noch heute erinnern Einrichtungen wie die Marga-Spiegel-Schule an die einstigen Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt.
„Die Lebensbedingungen in den Judenhäusern waren oft katastrophal: Man wohnte auf beengtem Raum mit nicht selten völlig Fremden. Nicht immer durften die Familien an ihrem Heimatort bleiben. Viele Werner Juden wurden in Judenhäuser in Hamm, Dortmund oder Münster geschickt, bevor sie deportiert wurden“, heißt es auf der Stiftungsseite weiter. Andere Familien wie die Gumperts, die ein Wäsche- und Putzmachergeschäft auf der Bonenstraße führten, wohnten in eigenen Häusern.
In der neuen App des WDR kann man sich einen Rundgang zu den einzelnen Stolpersteinen anzeigen lassen und auch unter dem Reiter „Augmented Reality“ [erweiterte Realität] vor Ort eine digitale Kerze entzünden, die vor digital Ort platziert wird und für alle anderen sichtbar ist. Leider bietet die App nicht zu jeder jüdischen Familie über die Basisdaten hinaus Informationen, unter anderem aber zu Albert Heimann, der 1939 mit seiner Familie flüchtete und überlebte.
Auch Bilder, Video- und Audiodateien sowie gezeichnete Kurzgeschichten sind in manchen Fällen zu zu finden. „2 komplette Ess-Service“, „1 Teeservice“, „1 komplette Wohnzimmereinrichtung“, „1 Klavier“ schreibt das Projekt, habe der Werner in den USA in einem Vorort von New York mit seiner Schreibmaschine auf ein Blatt Papier geschrieben, um Entschädigung aus Deutschland zu erhalten.
Der wütende Mob ließ Louis Gumpert auf der Straße liegen
Während der Reichspogromnacht zog ein Mob zu den jüdischen Häusern, er zerstörte das Zuhause der Menschen. „Louis Gumpert floh vor den Tätern aus dem Fenster des ersten Stocks und versuchte, auf das Nachbarhaus zu gelangen“, heißt es auf der Bürgermeister Harzer Stiftungsseite. Er rutschte ab und fiel auf die Straße. Er wurde einfach liegen gelassen, bis einige Umstehende die Polizei dazu veranlassten, ihn ins Krankenhaus zu transportieren.
Herunterladbar ist die App im Google Play Store sowie im Apple App Store. Wer sich das Projekt lieber am Desktop anschauen möchte, kann das unter https://stolpersteine.wdr.de/web/de/ tun. Für mehr Barrierefreiheit kann die App die Texte auch vorlesen. Laur WDR werde man das Angebot fortlaufend erweitern. Vor allem jüngere Leute sollen mit der App angesprochen werden, das Projekt Stolpersteine NRW ist auch für den Gebrauch im Schulunterricht gedacht.
Gebürtige Münsterländerin, seit April 2018 Redakteurin bei den Ruhr Nachrichten, von 2016 bis 2018 Volontärin bei Lensing Media. Studierte Sprachwissenschaften, Politik und Journalistik an der TU Dortmund und Entwicklungspolitik an der Philipps-Universität Marburg. Zuletzt arbeitete sie beim Online-Magazin Digital Development Debates.
