Werne steht zusammen am Jahrestag des Ukraine-Kriegs „Wollen uns an solche Bilder nicht gewöhnen“

Mahnwache in Werne zum Ukraine-Krieg: „Wollen uns an solche Bilder nicht gewöhnen“
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Den gemeinen Schneeball sieht man mit seinen knallroten Beeren fast in ganz Europa. Aber für die Ukraine ist er nicht nur eine Zierpflanze, sondern auch ein patriotisches Symbol. In einem bekannten Volkslied heben die Ukrainer den Schneeball auf, halten ihn hoch und erfreuen so ihre ruhmreiche Ukraine. Dieses Volkslied ertönte voller Kraft und Mut am Freitagabend (24. Februar) auf dem in gelb und blau getauchten Werner Marktplatz. Der Internationale Club Werne (ICW) hatte zur Mahnwache eingeladen, um an den Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine zu erinnern und an die Opfer der Gewalt zu denken.

Neben der Flagge von Werne leuchteten am Alten Rathaus auch die Farben Blau und Gelb. Mit Teelichtern in den Händen und den ukrainischen Farben am Körper bekundeten nicht nur Wernerinnen und Werner ihre Solidarität mit der angegriffenen Ukraine – auch Menschen aus der Ukraine, die in Werne Zuflucht vor Krieg und Gewalt gefunden haben, waren vor Ort. Gemeinsam haben sie mit Musik und Worten an ihre Heimat gedacht und sich unter der Flagge „Werne – Stand with Ukraine“ versammelt.

Die ukrainischen Farben blau und gelb waren präsent bei der Mahnwache.
Die ukrainischen Farben blau und gelb waren präsent bei der Mahnwache. © Luca Vazgec

„In ganz Deutschland gibt es am Jahrestag solche Aktionen, etwa zwischen Münster und Osnabrück“, erklärt der ICW-Vorsitzende Benedict Dammermann am Rande der Veranstaltung mit Blick auf die Menschenkette zwischen den beiden Städten, an der sich rund 20.000 Menschen beteiligt haben. „Aber natürlich ist uns schon vor mehreren Wochen in den Sinn gekommen, dass wir unsere Unterstützung und unsere Solidarität mit den Überfallenen zeigen wollen, auch nach über einem Jahr noch“, so Dammermann weiter.

Diese Überzeugung richtete der ICW-Vorsitzende auch an die Versammelten: „Wir stehen fassungslos vor den vielen Opfern sinnloser Gewalt und Krieg. Wir stehen hier zusammen, weil wir uns an solche Bilder nicht gewöhnen wollen“. Der Club aber belässt es nicht nur bei Appellen und Worten, sondern setzt sich auch mit Taten für die Ukraine ein. Zusammen mit der polnischen Partnerstadt Wałcz organisierte man bereits die Verteilung von Hilfsgütern wie Stromaggregate in die Ukraine.

Lothar Christ, Bürgermeister von Werne, fand in seiner Rede deutliche Worte.
Lothar Christ, Bürgermeister von Werne, fand in seiner Rede deutliche Worte. © Luca Vazgec

Mit musikalischer Gestaltung

Das hat auch Bürgermeister Christ in seiner Rede anerkannt: „Viele weitere Aktionen mit einem Spendenaufkommen von einem hohen fünfstelligen Betrag schlossen sich daran an, etwa der Verkauf von Friedenskerzen, die Herstellung von Ukraine-Schleifen durch die Gymnasien und die Sammlungen von lokalen Organisationen wie der Feuerwehr und dem Schützenverein“. Putin, so Christ weiter, missachte täglich alle Regeln der Menschlichkeit. Auch wenn man auf der lokalen Ebene die Frage nach Waffenlieferungen nicht beantworten könnte, sei es wichtig, Solidarität zu bekunden und konkret zu helfen.

Besonders lobte der Bürgermeister das Engagement bei der Integration der rund 250 Flüchtlinge in Werne. Die wäre wohl ohne Margarita Lebedkina nicht denkbar. Die Klavierlehrerin, selbst Russin, arbeitet in ihrer Musikschule mit ukrainischen Flüchtlingen und untermalte die Mahnwache musikalisch zusammen mit ihren Schülern und Kollegen. Neben der ukrainischen Hymne und dem Volkslied „Kalina“ über die Schneebälle machten die Songs der Band „Try Sun“ Mut. Mikita Poltavzew, Gitarrist und Sänger, sang auf Ukrainisch und rief die Versammelten, sichtlich aufgelöst, zu einer Schweigeminute auf.

Von den Versammelten richtete sich die sechsjährige Dascha an die Mahnwache: „Wir lieben alle Selenskij“, sagte sie. Ein Lichtblick war die Stimme einer Russin: „Viele Russen unterstützen Putin nicht, aber sie können in seinem System nichts dagegen machen“. Sie selbst lebe schon seit längerer Zeit in Werne und wünsche sich, dass sich auch die Russen einheitlich gegen das Regime stellen. „Ich bin optimistisch, dass irgendwann eine Lösung gefunden wird.“ Diese Hoffnung kann Mut geben – aber bis dahin müssen die Ukrainer weiterhin den Schneeball hochheben und so ihr ruhmreiches Land erfreuen.