Letzter Gottesdienst vor dem Abriss von St. Johannes 61 Jahre alte Kirche in Werne wird entweiht

Letzter Gottesdienst in der Kirche St. Johannes: 61 Jahre erzählen viele Geschichten
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Es ist ein komisches Gefühl. Und es tut auch ein bisschen weh. Daraus machen Josef Meinke, Reinhard Bergmann und Norbert Wenner keinen Hehl. Alle drei haben die Kirche St. Johannes lange Jahre begleitet. Am Samstag findet nun der aller letzte Gottesdienst statt.

Schon lange ist klar, dass die Kirche abgerissen werden wird. Eigentlich bedürfte es einer umfangreichen Renovierung des Heizungssystems, die vom Bistum aber nicht mehr getragen wird. Deswegen ist nun Schluss, lediglich ein Raum im Pfarrheim wird zu einer kleinen Kapelle.

Am Samstag lädt die Kirche St. Johannes noch ein letztes Mal ein. Dann findet um 18 Uhr der letzte Gottesdienst statt. Weihbischof Stefan Zekorn profaniert, also entweiht die Kirche. „Ich kenne viele, die nicht kommen. Denen ist das zu hart“, sagt Jürgen Meinke, stellvertretender Vorsitzender der Kirchengemeinde St. Christophorus, zu der auch die Kirche St. Johannes gehört.

Die katholische Kirche will anstelle der maroden Kirche St. Johannes im Pfarrheim eine kleine "Tiny-Kapelle" einbauen.
Die katholische Kirche will anstelle der maroden Kirche St. Johannes im Pfarrheim eine kleine „Tiny-Kapelle" einbauen. © Jörg Heckenkamp

Gemeinsam mit Reinhard Bergmann und Norbert Wenner traf er sich einige Tage vor dem letzten Gottesdienst in der Kirche. Alle drei Männer haben die Kirche lange begleitet - in unterschiedlichen Funktionen. Wenner war sogar zur Errichtung der Kirche im Vorstand. Die drei erinnern sich an viele Geschichten.

Von 1959 bis 1962 war die Kirche gebaut worden, 2013 wurde sie in die Kirchengemeinde St. Christophorus aufgenommen. Die Kirche war der Vorläufer zu dem heutigen Wohngebiet. „Damals gab es hier nur wenige Nachbarn“, erinnert sich Norbert Wenner. „Bei der großen Prozession sind wir hier durch die Wiesen gezogen“, ergänzt Josef Meinke.

Eine Besonderheit der Kirche St. Johannes war von Beginn an, dass Kirchturm und Kirchhalle unabhängig voneinander stehen – ein Bild, das man sonst so nicht kennt. „Der Architekt hat dadurch eine besondere Möglichkeit bekommen, die Kirche zu bauen“, erklärt Wenner. „Die Kirche ist als typische Hallenkirche gebaut worden. Sie hat zum Beispiel weil sie keinen Kirchturm hat, auch keine Orgelbühne.“

Die Kirche St. Johannes hat vor allem eine Besonderheit: Kirchturm und -halle stehen getrennt voneinander.
Die Kirche St. Johannes hat vor allem eine Besonderheit: Kirchturm und -halle stehen getrennt voneinander. © www.blossey.eu

Eine weitere Besonderheit, die so an anderen Kirchen eher selten zu finden ist, ist das Kreuz an der Außenfassade. Es ist nämlich ein Holzkreuz. „Das ist aus den ehemaligen Gleitspuren der Zeche in Werne gebaut worden, die über ein Jahrhundert im Schacht gesessen haben“, so Wenner. „Das Holz ist täglich mit Salz und ähnlichem getränkt worden, das hat die Haltbarkeit gesichert.“ Lange hatte es an der Kirche nach dem Bau 1962 kein Kreuz gegeben. „Viele haben aber gesagt, dass das aussieht wie eine Halle. Und dann ist später eben das Kreuz gekommen“, so Bergmann.

Was die drei Männer aber in der Architektur zusätzlich noch einmal hervorheben wollen, ist das große Mosaikgemälde von Kirchenmaler Ludwig Baur, das seit 1965 hinter dem Altar hängt. In einer Mulde ist das Abendmahl dargestellt, darüber eine Szene aus der Apokalypse: die Anbetung des Lammes durch die Schar der Märtyrer. Das ganze Bild ist aus Glasmosaik entstanden. Es ist so etwas wie das Prunkstück der Kirche.

Deshalb macht es den Verantwortlichen auch jetzt schon ein paar Sorgen. „Dieses Bild ist eine ganz tolle Sache, aber was machst du damit, wenn die Kirche mal abgebrochen wird“, fragt Josef Meinke. Eine vorsichtige Idee wirft er ein: „Einige haben schon gesagt, man könnte es ja wie bei der Berliner Mauer machen. Wenn jemand Teile von dem Bild haben will, kann er die haben.“ Geklärt ist das noch nicht. Aber eine andere wichtige Entscheidung im Zusammenhang mit dem Abriss der Kirche ist schon gefallen.

Die Orgel in der St.-Johannes-Kirche konnte Dank Spenden so prächtig ausfallen.
Die Orgel in der Kirche St. Johannes konnte Dank Spenden so prächtig ausfallen. © Sylvia vom Hofe (A)

Denn einen Abnehmer für die Orgel gibt es bereits. „Sie ist eins der kostbarsten Güter in der Kirche“, sagt Norbert Wenner. Für den Kauf wurde gesammelt, ein Sponsor hatte am Ende auch noch geholfen. Bereits große Organisten wie der Franzose Daniel Roth spielten hier. „Man ist froh, dass die Orgel noch weiter gebraucht wird“, erklärt Josef Meinke.

Probleme gab es in der Kirche St. Johannes aber auch – neben dem Heizungssystem natürlich. „Die Tonalität ist ganz schlecht hier drin“, sagt Josef Meinke. „Wenn wenig Leute hier drin sind, gibt es ein Echo, das ist nicht zu bewältigen. Wir haben hier viel herumgedoktert mit den Lautsprechern. Das hallt leider extrem.“

Eine Figur des heiligen Josefs, seinem Namenspatronen, hat sich Meinke selbst gesichert – und auch schon einen besonderen Platz dafür gefunden. „Sie wird im Klostergarten angebracht“, sagt er. „Pater Norbert hatte erst Bedenken, aber hat am Ende zugestimmt.“

Auch Norbert Wenner sagt: „Es ist wichtig, dass solche Dinge weiter verwendet werden.“ Er selbst hofft, einen Kerzenleuchter aus der Kirche zu bekommen. „Dann würde ich mir ein Gestell machen lassen. Als Andenken an die Kirche“, sagt Wenner.

Einige Werner werden wohl ein letztes Mal den Weg in die Kirche St. Johannes finden. Aber nicht alle: „Viele sagen mir, am Samstag Abend werden sie nicht kommen“, sagt Josef Meinke. „Das würden sie nicht ertragen können.“ Er selbst und auch Reinhard Bergmann sind vor Ort, Norbert Wenner wird aber nicht da sein können. „Ich bin in Dresden, wäre aber sonst gekommen“, sagt er. Komisch fühlt es sich für alle drei an, dass nun Schluss ist. „Das Gefühl ist eigenartig“, sagt Josef Meinke. „Aber man hat viele Erinnerungen. Die wird man im Kopf behalten.“

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