Wer Familie Meyer zu Hause besuchen möchte, muss erstmal ein bisschen suchen, um die Wohnung, in der die Familie lebt, ausfindig zu machen. Geparkt wird an der neuen Feuerwehrwache in Stockum - auf dem Parkplatz neben der Fahrzeughalle, wo auch alle Einsatzkräfte in einer Einsatzlage parken würden. Ganz hinten in der Ecke des Parkplatzes versteckt sich eine Glastür. Die sieht am ehesten wie eine Eingangstür zu einem Wohnhaus aus. An der Klingel steht: Max Mustermann.
Die Eingangstür öffnet sich und oben am Ende einer Treppe öffnet sich eine Tür: Annalena Meyer kommt heraus. Bei der Frage nach den Eltern heißt es: „Die sind bestimmt in der Werkstatt.“ Annalena schlendert durch die gesamte Feuerwache, vorbei am Schulungsraum durch die Fahrzeughalle bis in die Werkstatt. Für Annalena gewohnte Gänge. Man merkt sofort, dass sich die 16-Jährige hier wohlfühlt.

In der Werkstatt ist Ulrich Meyer noch mit den letzten Aufgaben aus der Nacht zuvor beschäftigt. Er ist der Gerätewart der Feuerwehr Stockum. In der Nacht zuvor hatte die gesamte Werner Feuerwehr mit dem großen Brand der Doppelhaushälfte an der Körnerstraße zu tun. Wohnen in einer Feuerwehr? Wie ist es dazu gekommen?
Im Jahr 2011 wurden Diana und Ulrich Meyer vom ehemaligen Löschzugführer Jörg Mehringskötter gefragt, ob sie in die Wohnung in der alten Stockumer Feuerwache einziehen möchten. Der Vormieter, der ehemalige Gerätewart der Feuerwehr, zog aus. Und der Familie gefiel das Leben in der Wache in den vergangenen Jahren so gut, dass sie sich auch dazu entschieden haben, in die neue Feuerwache einzuziehen.
„Bereue nicht eine Sekunde“
„Ich bereue nicht eine Sekunde“, sagt Diana Meyer. „Das macht ja auch Spaß und es gibt ein gutes Gefühl, wenn man was Gutes tut.“ Denn ihr Mann Ulrich ist nicht nur Gerätewart, sondern auch ehrenamtlich in der Feuerwehr aktiv. Diana Meyer selbst ist in der Unterstützungsabteilung aktiv, kann aber aus gesundheitlichen Gründen nicht an Einsätzen teilnehmen. Sie kümmert sich zum Beispiel um Versorgung und Verpflegung der Feuerwehrkräfte bei Einsätzen. Der große Vorteil auch für die Feuerwehr: Das Ehepaar ist immer als Erstes zur Stelle, wenn der Pieper zum Einsatz ruft.
In der alten Wache hat Diana Meyer nachts die Tore für die Fahrzeuge geöffnet und sichergestellt, dass ankommende Feuerwehrkräfte und Einsatzfahrzeuge nicht miteinander kollidieren. Das sei ein großer Vorteil der neuen Wache, sagt sie: der neue Parkplatz neben und nicht mehr vor der Wache. Ulrich Meyer bereitet währenddessen den Einsatz vor. Und sitzt oft schon im Einsatzfahrzeug, wenn die Kollegen mit ihren Autos die Wache erreichen.
„Du lebst in der Feuerwache?“
Tochter Annalena ist mit zwei Jahren in die damalige Feuerwache eingezogen. Ihre Geschwister Bastian (25) und Lisa-Marie (21) sind mittlerweile aus der elterlichen Wohnung ausgezogen. Die 16-Jährige liebt das Leben in der Wache, auch weil alles so familiär ist. Wegen ihres Asthmas kann sie leider nicht selber aktiv im Dienst dabei sein.
Sätze wie „Du lebst in der Feuerwache? Das ist ja komisch“, habe sie schon von einigen gehört. „Für mich ist das nichts Besonderes. Ich kann mir auch kein Leben außerhalb der Feuerwehr vorstellen.“ Und ihren Schlaf scheinen die Einsätze auch nicht zu stören. In der alten Wache hatte sie ihr Schlafzimmer direkt über der Fahrzeughalle. Dass die Eltern zum Einsatz draußen waren, habe sie manchmal erst gemerkt, als ihre Eltern ihr davon erzählten, erinnert sich Diana und lacht ein bisschen.
Die Meyers sind froh, dass die Coronazeit vorbei ist. Denn damals durften die Einsatzkräfte nur Einsätze miteinander fahren. Alles Soziale wie Pizza- und Kartenabende, gemeinsames Fußballgucken und Zeit zusammen verbringen, war auf einmal nicht mehr möglich. Doch nun, so hofft die Familie, leben diese Traditionen wieder auf. Denn für Annalena Meyer seien die Kameraden wie Brüder, für die Meyers wie Familie. Einige wohnen sogar im Haus direkt neben der Wache.
Leben auf 130 Quadratmetern
Auf 130 Quadratmeter verteilen sich Wohnzimmer, Küche, Bad, Gäste-WC, zwei Kinderzimmer und ein Schlafzimmer. Alle Zimmer sind an einen langen Flur angegliedert. Sonnenstrahlen fallen von draußen in den weiß tapezierten Flur und erhellen die gesamte Wohnung. Es wirkt warm. Küche und Wohnzimmer sind ganz am Ende des Flures. Von beiden Zimmern aus gelangen die Meyers auf die geräumige Dachterrasse, die mit zur Wohnung gehört. Durch die überstehende Mauer sind sie abgeschirmt von der Straße und neugierigen Blicken.
In der alten Wache lebten sie auf rund 100 Quadratmetern und mussten zimmertechnisch etwas improvisieren, um allen Familienmitgliedern Platz zu bieten. Oft habe die Familie zu hören bekommen, wie man denn in der Feuerwache wohnen könnte. Aber für die Familie habe das trotz einiger Improvisation gut geklappt und alle seien zufrieden gewesen, erklärt Diana.
Würde sich einmal kein Mietnachfolger finden, der Teil der Feuerwehr ist, ist die Wohnung auch so angelegt, dass „normale“ Mieter hier wohnen würden. Doch ans Ausziehen denken die Meyers noch lange nicht. „Wir hoffen, wir werden hier noch alt und grau“, sagt Diana Meyer und ihr Mann Ulrich stimmt zu. Interessante Wohnungen haben die Meyers auf jeden Fall vorzuweisen. Denn vor der Feuerwache haben sie in einem der Häuser direkt gegenüber des Gersteinwerks gelebt.