Kuriosestes Straßenbauprojekt in Werne in der Endlos-Schleife? Bezirksregierung nennt Gründe

Schotter und Wetter bremsen umstrittenen Straßenbau aus
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Eigentlich bräuchte es die neue Straße im grünen Außenbereich von Werne gar nicht zu geben. Denn es gibt bereits eine - nur knapp 200 Meter weiter: die Straße Am Romberg. Sie biegt von der Varnhöveler Straße ab und führt in die Tiefe der Bauerschaft. Über sie geht es auch links ab ins Nierfeld, einer ländlichen Idylle aus wenigen Anwesen, die sich unmittelbar anschließt an das Gewerbegebiet Wahrbrink mit dem Versandriesen Amazon. Dass jetzt fast parallel zu dieser Straße eine zweite gebaut wird, geht auf einen vertrackten Streit zurück. Dass die Baustelle schon seit Monaten verwaist ist, lässt sich damit aber nicht erklären.

Die Ursachensuche führt nach Arnsberg, zur Bezirksregierung. Bei der Behörde laufen die Fäden zusammen, nachdem ein 2017 entfachter Nachbarschaftsstreit eskaliert war. Auslöser war die Sperrung der Zufahrt von der Straße Romberg ins Nierfeld durch einen Anwohner, der damit seine acht Nachbarn weiter hinten aufgebracht hat.

Zuvor hatte er ihnen immer erlaubt, das fragliche Straßenstück - auf 200 Metern sein Privateigentum - zu nutzen. Weil die landwirtschaftlichen Fahrzeuge immer größer und schwerer, der Straßenunterbau und die Bankette aber nicht besser wurden, hat er damit Schluss gemacht und einen Absperrpfosten aufgestellt, an dem sich seitdem nicht rütteln lässt, auch nicht für die Müllabfuhr. Bis heute müssen die Nierfeld-Anwohner ihre Mülltonnen über hunderte von Metern zu einem Sammelplatz schieben.

Dornröschenschlaf seit Monaten

Der Bau der 280 Meter langen und 3,50 Meter breiten neuen Asphaltstraße soll das Problem lösen: eine Entscheidung, die im Zuge eines Flurbereinigungsverfahrens fiel, das die Bezirksregierung 2019 eingeleitet hatte. Diese Zusammenlegung von Grundstücken ordnete nicht nur die Situation rund um die kleine Kreuzung neu, sondern in einem 53 Hektar großen Gebiet darum herum. Alle 22 Eigentümer mussten dafür zusammen kommen. Zwei von ihnen hatten sich zwar gegen diese Umverteilung der Flächen - die Voraussetzung zum Straßenbau - ausgesprochen, waren aber vorm Oberverwaltungsgericht gescheitert. Damit war der Weg frei für die Straßenbauarbeiten, die jetzt in einen Dornröschenschlaf gefallen zu sein scheinen. Dabei sollte bereits seit fast einem Vierteljahr der Verkehr dort rollen: Autos, Trecker und Müllwagen.

Es werde lediglich auf die frostfreie Zeit gewartet, hatte eine Behördensprecherin aus Arnsberg noch Anfang 2024 gesagt. Dann könne das beauftragte Unternehmen die Asphaltschicht aufbringen. Mit Temperaturen unter dem Gefrierpunkt ist schon länger nicht mehr zu rechnen. Dennoch tut sich seit Monaten gar nichts auf der Baustelle. Warum?

Verdrückungen als Preistreiber

„Hauptgrund für die Verzögerung war das weiterhin anhaltend schlechte und unbeständige Wetter, welches sich auf die Tragfähigkeit des Weges ausgewirkt hat“, sagt Hannah Scherz, Sprecherin der Bezirksregierung, auf Anfrage. Selbst wenn jetzt beständig die Sonne scheine, braucht der Asphaltfertiger aber erst einmal nicht zu kommen.

Tragfähigkeitsuntersuchungen seien vorgenommen worden, sagt Scherz. Dabei habe sich gezeigt, dass „nachgearbeitet“ werden müsse. Sie spricht von „Verdrückungen im Erdreich“ - auch eine Folge der hohen Niederschlagsmengen. Diese „Verdrückungen“ machten es erforderlich, mehr Schotter als geplant einzubauen, „was zu höheren Baukosten führt“ - nicht der einzige Preistreiber. Unter anderem seien auch die Materialkosten gestiegen. Mit den ursprünglich kalkulierten 300.000 Euro - 75 Prozent bezuschussen EU, Bund und Land, den Rest teilt sich die 22 Eigentümerversammlung - werden die Straßenbauer nicht auskommen. Wie hoch die neue Summe am Ende sein wird, bleibt offen. Scherz spricht lediglich von einer „verhältnismäßig moderaten“ Steigerung.

Mit einem Fertigstellungsdatum hält sich die Behördensprecherin ebenfalls zurück. Dafür sagt sie, wann es endlich weitergehen soll: nach Rücksprache mit der ausführenden Baufirma Otto aus Hopsten ab Mitte Juni.

Weite Wege müssen die Anwohner Im Nierfeld zurücklegen, um ihre Mülltonnen zum Sammelplatz an der Straße am Romberg zu bringen beziehungsweise abzuholen. Müllfahrzeuge können ihre Grundstücke nicht mehr anfahren. Das Archivbild entstand kurz nach der Sperrung.
Weite Wege müssen die Anwohner Im Nierfeld zurücklegen, um ihre Mülltonnen zum Sammelplatz an der Straße am Romberg zu bringen beziehungsweise abzuholen. Müllfahrzeuge können ihre Grundstücke nicht mehr anfahren. Das Archivbild entstand kurz nach der Sperrung. © Jörg Heckenkamp