Andreas Drohmann im Gespräch mit einem Handwerker auf der Baustelle.

Andreas Drohmann im Gespräch mit einem Handwerker: Der Geschäftsführer des Wohnprojekts „Gemeinsam Wohnen an den Linden" und seine Mitstreiter mussten einige Hürden nehmen, um den Traum von der Klimaschutzsiedlung Wirklichkeit werden zu lassen. © Felix Püschner

Klimaschutzsiedlung in Werne: Erste Bewohner sind schon eingezogen

rnImmobilien in Werne

Der Bau der Klimaschutzsiedlung am Becklohhof geht in die finale Phase. Die ersten Bewohner sind schon eingezogen – trotz Baustellenatmosphäre. Wir haben uns dort umgeschaut.

Werne

, 03.08.2022, 11:05 Uhr

Im Innenhof zwischen den Gebäuden der neuen Klimaschutzsiedlung am Becklohhof hat sich eine kleine Gruppe von Menschen versammelt. Bauherren, Handwerker und Architekten tauschen sich über den Baufortschritt aus. Immer dienstags steht dieser Termin im Kalender. „Da koordinieren wir dann die Arbeiten von rund zehn Firmen, die hier gerade tätig sind - vom Fliesenleger über den Dachdecker bis hin zum Elektriker“, sagt Andreas Drohmann.

Während der Geschäftsführer des Wohnprojekts „Gemeinsam Wohnen an den Linden“ den aktuellen Stand der Dinge erläutert, steigt der Geräuschpegel um ihn herum. Es wird gehämmert und gesägt, im Hintergrund läuft Musik im Radio - und gefühlt muss Drohmann alle 30 Sekunden einem Mann mit Schubkarre ausweichen. Es wirkt im ersten Moment schwer vorstellbar, dass einige der 33 Wohnungen bereits bezogen sind.

Doch genau das ist der Fall. Für eines der drei Gebäude gibt es bereits eine entsprechende vorläufige Genehmigung. „Die Wohnungen sind eingeschränkt nutzbar, haben allerdings noch Mängel, die man mit der Zeit abarbeiten muss“, erklärt Drohmann. In diesen Wohnungen dürfen die Bewohner bereits übernachten. Die anderen Wohnungen dürfen zumindest eingerichtet werden. Auch Drohmann selbst schleppt gerade kartonweise sein Hab und Gut ins neue Domizil.

Baupreise stiegen während Bauzeit drastisch an

Mit der Genehmigung für die anderen beiden Gebäude rechne man in der kommenden Woche: „Insgesamt sind wir aber auf der Zielgeraden. Die Balkone sind aktuell unsere Achillesferse. Da gab es einen Baufehler und wir werden wohl noch drei Monate darauf warten müssen.“ Ansonsten stehe es gut um das Projekt.

Nur noch Restarbeiten seien zu erledigen. Der Innenausbau ist im Prinzip abgeschlossen. Im Außenbereich müssen unter anderem noch Elektrik und Bodenplatten verlegt werden. Auch die Brandschutztüren lassen noch auf sich warten. Fassade, Geländer und Treppen sind hingegen fertig.

Ein Handwerker verlegt Bodenplatten an einem Aufzug.

Ein Handwerker verlegt Bodenplatten an einem Aufzug. © Felix Püschner

„Ich bin froh um jede Schraube und jeden Nagel, der lieferbar ist und verbaut werden kann“, sagt Drohmann. Dabei ist die Erleichterung in seiner Stimme deutlich zu hören. Denn beim Timing hätte es das Bauprojekt kaum schlechter treffen können. Ende 2020 begannen die Arbeiten auf dem Gelände am Becklohhof - und ziehen sich seither durch die komplette Pandemie.

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Die habe den Zeitplan quasi „pulverisiert“. Wobei man letztlich noch mit einem blauen Auge davon gekommen sei. Das gilt vor allem mit Blick auf die Kosten. „16,7 Prozent“, sagt Drohmann und wiederholt diese Zahl noch einmal langsam und in aller Deutlichkeit: „Um 16,7 Prozent ist der Baupreisindex innerhalb eines Jahres gestiegen. Da liegen wir weit drunter. Wir hatten die großen Gewerke schon vor der Pandemie ausgeschrieben. Und die Firmen halten sich zum Glück an die Angebote.“

Blick in die Klimaschutzsiedlung: Die Häuser stehen bereits, aber noch gibt es hier eine Baustelle.

So sieht es Anfang August 2022 in der Klimaschutzsiedlung am Becklohhof aus: Die Häuser stehen, sind teils sogar schon bewohnt. Dennoch gibt es noch eine Menge zu tun. © Felix Püschner

Die Mehrkosten tragen die beauftragten Unternehmen also selbst. Ausgenommen davon sind natürlich Zusatzarbeiten, die im ursprünglichen Vertrag nicht vereinbart waren. „Wir haben jetzt beispielsweise zusätzliche Datenkabel verlegen lassen. Und der Kupferpreis hat sich in der Zeit, in der wir bauen, verdoppelt. Das merkt man also schon“, sagt Drohmann.

Die Beziehung zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber ist derzeit vor allem durch gegenseitiges Verständnis geprägt. Dabei geht es insbesondere um die Verfügbarkeit von Ressourcen. Der Materialmangel halte sich momentan zwar in Grenzen, doch fehle es den Firmen teils erheblich an Personal.

Andreas Drohmann trägt einen Karton in seine neue Wohnung.

Andreas Drohmann ist im Umzugsmodus. Nicht alle Bewohner dürfen bereits in ihrem neuen Zuhause übernachten. Dafür fehlt noch die Genehmigung. © Felix Püschner

„Da kommt dann ein Arbeiter alleine, weil drei seiner Kollegen erkrankt sind. Dann geht es natürlich nicht so recht voran“, erklärt Drohmann. Das wiederum bringe erneut den Zeitplan durcheinander. Und weil die Gewerke bekanntlich aufeinander aufbauen, muss die nächste Firma sich in Geduld üben. Alles andere als optimal.

Überhaupt ist die Planungssicherheit spätestens seit Beginn der Pandemie vielerorts verloren gegangen. Das gilt auch für einzelne Punkte beim Wohnprojekt am Becklohhof. „Bei den ersten Decken hieß es, sie kommen entweder in acht Wochen oder in acht Monaten. So genau wusste man das nicht, weil nicht klar war, ob es genügend Holz gibt“, erinnert sich der Geschäftsführer. Die Wartezeit für die Brandschutztüren beträgt aktuell übrigens acht bis zehn Wochen - wenn alles glatt läuft.

Kartons stehen auf dem Boden in einem Flur.

Kartons - wahlweise mit Baumaterial oder dem Hab und Gut der neuen Eigentümer - machen deutlich, dass der Bau der Klimaschutzsiedlung in den letzten Zügen ist. © Felix Püschner

Und wann soll die Klimasiedlung nun tatsächlich fertig sein? Drohmann schmunzelt. Das komme darauf an, wie man das Wort „fertig“ definiere. Bis die Blumen im Garten blühen, wird es definitiv noch eine ganze Weile dauern - zumal die Eigentümer besagten Garten in Eigenarbeit anlegen wollen. Auch bis die Carports stehen, wird wohl noch ein bisschen Zeit ins Land streichen.

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Drohmann hofft jedoch darauf, dass spätestens an Weihnachten beim Blick aus dem Fenster nichts mehr an eine Baustelle erinnert. Ob das klappt? Fest steht für den Bauherren gerade nur eines: „Noch so ein Projekt mache ich auf keinen Fall. Ich habe dadurch zwar viel gelernt - von der Buchhaltung bis zu Koordinationsaufgaben -, aber das bringe ich vielleicht irgendwo anders ein.“

Baugerüste stehen an den Häusern am Becklohhof.

Ein Großteil der Gebäude ist noch von Baugerüsten "geschmückt". © Felix Püschner

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