Kostenexplosion beim Jugendamt Werne Steigende Fallzahlen sind nur einer der Gründe

Mehr Fälle, höhere Kosten: Jugendamt prognostiziert Budget-Defizit
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Die Zahlen sind tiefrot, vor ihnen prangt ein dickes Minuszeichen: Als Wernes Jugendamtsleiter Maik Rolefs und Dezernent Frank Gründken am Donnerstag (16. Mai) in der Sitzung des Jugendhilfeausschusses den aktuellen Controllingbericht vorstellten, machte sich die ein oder andere Sorgenfalte auf der Stirn der Politiker breit. Das lag einerseits an den besagten roten Zahlen, vor allem aber an den Ursachen für die Kostenexplosion im Jugendamt.

Die Verwaltung hatte im Vorfeld der Sitzung ihre Prognose für das Jahr 2024 angepasst. Demnach übersteigen die erwarteten Ausgaben den Budgetansatz um rund eine Million Euro. Geplant hatte die Stadt ursprünglich mit 7,6 Millionen Euro - das entspricht in etwa den tatsächlichen Ausgaben im vergangenen Jahr. Die neue Prognose für 2024 beläuft sich nun auf fast 8,6 Millionen Euro.

Für die Diskrepanz gibt es mehrere Gründe. Unter anderem seien die Kosten für Personal und stationäre Unterbringung stärker gestiegen als erwartet, hieß es. Zudem seien die Fallzahlen deutlich gestiegen.

„Wir haben eine herausfordernde Situation - gerade im Bereich der Kindeswohlgefährdung. Aktuell kann es jeden Tag eine Krise geben, mit unterschiedlichen Facetten. Das ist genau das, was andere Kommunen auch haben“, betonte Gründken. In den Vorjahren habe man in einigen Bereichen historisch niedrige Fallzahlen verzeichnet. „Jetzt entwickeln wir uns in Richtung Normalität für die Größe unseres Jugendamtes“, ergänzte Rolefs.

Mehr ambulante Hilfen für Jugendliche

Im ersten Quartal 2024 verzeichnete das Jugendamt insgesamt 350 Fälle. Im ersten Quartal des Vorjahres waren es lediglich 308. Die Zahl beinhaltet allerdings nicht nur Kindeswohlgefährdungen, sondern alle Bereiche beziehungsweise Fälle, in denen Hilfen erforderlich waren. Dazu zählen beispielsweise auch Kosten für Familienpflegekinder oder Heimkinder.

Deutlich gestiegen ist im Vergleich zu 2023 die Zahl der ambulanten Hilfen für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Im ersten Quartal 2023 gab es 108 Fälle. Ein Jahr später waren es bereits 126. Hierbei nimmt das Jugendamt quasi eine Steuerungsfunktion ein. Die Mitarbeiter eruieren in Abstimmung mit den Erziehungsberechtigten, welche Unterstützungsformen im Einzelfall benötigt werden. Die aufsuchende Arbeit in den Familien - also gewissermaßen die Betreuung vor Ort - übernehmen dann freie Träger der Jugendhilfe, etwa Mitarbeiter des Caritas-Verbandes.

Frank Gründken ist Jugenddezernent der Stadt Werne.
Frank Gründken ist Jugenddezernent der Stadt Werne. © Felix Püschner

Mit Blick auf die Kalkulation stellte Wernes Jugenddezernent fest, dass der Etat „auf Kante genäht“ gewesen sei, der Controllingbericht aber auch nur eine Momentaufnahme. Man werde versuchen, bei den Kosten gegenzusteuern und das Defizit zu reduzieren. Klar sei aber auch, dass man nicht an der falschen Stelle sparen wolle. Das bekräftigte Jugendamtsleiter Maik Rolefs am Freitag (17. Mai) auf Nachfrage unserer Redaktion noch einmal: „Wir begreifen den Haushalt als gesamtstädtische Aufgabe. Natürlich schauen wir auch in unserer Abteilung darauf, dass wir angemessen haushalten. Aber wir werden nicht dort sparen, wo es unklug wäre.“

Dass die Verwaltung diese Ansicht nicht exklusiv hat, wurde im Ausschuss deutlich. „Die Jugendlichen sind unser wichtigstes Gut für die Zukunft. Da dürfen wir nicht sparen. Wenn es erforderlich ist, dass sie betreut oder in einer Einrichtung untergebracht werden, dann müssen wir das Geld dafür bereitstellen“, erklärte etwa Rainer Hotz (Grüne).

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