Das ehemalige Schlunz-Haus ist eine große Baustelle. Kurz nach dem Kauf zweier Investoren wurde das Gebäude an der Steinstraße 1 als denkmalgeschützt eingestuft. Das liegt an den alten Stützbalken. Weil diese aber marode und nicht erhaltenswürdig sind, wie die Investoren glauben, wollen sie das Gebäude lieber abreißen. © Florian Habersack

Ehemaliges Haus von Schlunz

Inhaber möchten Gebäude am Marktplatz abreißen und neu bauen

Das Gebäude an der Steinstraße 1 steht seit Anfang Mai leer. Die Inhaber des ehemaligen Haus von Schlunz suchen bewusst nicht nach einem Nachmieter. Denn sie haben mit der markanten Immobilie viel größere Pläne, wenn sie sie endlich abreißen dürfen. Das Bild des Marktplatzes in Werne würde sich dann radikal ändern.

von Andrea Wellerdiek

Werne

, 17.06.2018 / Lesedauer: 5 min

Die Adresse Steinstraße 1 bringen viele Werner seit 40 Jahren mit der Familie Schlunz in Verbindung. Und mit dem Fleischerhandwerk. Seit 1876 war hier immer ein Metzgereibetrieb ansässig. Noch viel älter ist das Gebäude, das am Marktplatz steht. Erstmals wurde es 1528 erwähnt. Das ist laut Denkmalpflegern Grund genug, um es unter Schutz zu stellen. Das durchkreuzt die Pläne der Investoren, die das marode Haus abreißen wollen, um dort ein Hotel zu errichten.

Balken verraten das Alter des Hauses

Ulf Klaverkamp und Thomas Hölscher aus Werne kauften das Haus in exponierter Lage am 5. Januar 2016 – unter der Prämisse, das Gebäude abreißen oder sanieren zu dürfen. Erst nach dem Antrag auf einen Abriss ging ein Sachverständiger durch das Haus, ließ die Decken freilegen. Die dann entdeckten Stützbalken verrieten, wie alt das Haus tatsächlich ist.

Daraufhin stellte die Denkmalschutzbehörde das Gebäude unter Schutz – zum Entsetzen der neuen Inhaber. „Wir haben nichts gegen alte Gebäude. Aber das Denkmal muss man auch ablesen können“, erklärt Klaverkamp. Und das sei hier nicht der Fall, wie man beim Gang durch das Gebäude an der Steinstraße 1 erkennt. Während im Erdgeschoss noch alles an den zuletzt ansässigen Feinkost-Handel Mediterráneo erinnert, ist die erste Etage eine Baustelle.

Balken stützen nicht

Die Wände sind freigelegt, die Böden teilweise entfernt, das einstige Badezimmer der Familie Schlunz verkommen. Die Rückstände eines Wasserrohrbruchs sind zu sehen. Und die Decken sind freigelegt. Erst dahinter zeigt sich, was dem Gebäude das Prädikat Denkmal verpasst hat: zehn alte Stützbalken, die zwar diesen Namen tragen, aber nicht fähig sind, das Gebäude zu halten. Sie sind an einigen Stellen so dünn, löchrig oder porös, dass Klaverkamp mit einem Zollstock ganz leicht tief hineindrücken kann. Staubige Stücke fallen auf den Boden.

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„Diese Balken sind meiner Meinung nach nicht erhaltenswert – zumal sie eigentlich nicht freigelegt sind und man sie gar nicht sehen kann. Warum sollte man so etwas erhalten?“, sagt der 53-Jährige. Er möchte das dreigeschossige Haus, das „so schiefe Wände hat, das es bald auseinander kippt“, am liebsten abreißen lassen.

Gebäude sind miteinander verbunden

Ein Abriss war von der Volksbank, die die Immobilie vermarktet hat, selbst als Möglichkeit ins Spiel gebracht worden. Vor allem an dem dahinter liegenden Gebäude an der Klosterstraße 10, das 1979 errichtet wurde, waren die beiden Investoren interessiert.

Dies haben sie bewusst mit dem Haus an der Steinstraße zusammen gekauft. „Man weiß ja nie, was ansonsten mit diesem Gebäude hier vorne passiert“, sagt Klaverkamp. Außerdem hängen beide Gebäude durch die gemeinsame Heizungsanlage zusammen. Durch die Garagen (ehemals die Schlachterei) sind die Häuser zudem miteinander verbunden.

Neue Einordnung nach Abriss-Antrag

Während das Dreifamilienhaus an der Klosterstraße 10 etwa 300 Quadratmeter misst, verfügt das Gebäude an der Steinstraße 1 über eine Nutzfläche von 450 Quadratmetern. Beim Kauf war Denkmalschutz noch kein Thema. Bereits Ende der 80er-Jahre habe die Denkmalbehörde das Gebäude analysiert - ohne es dementsprechend einzuordnen.

Erst mit der Antragstellung auf einen Abriss des Gebäudes wurde erneut ein Gutachter durch die Räume geschickt. Erst da habe man das Haus 2016 unter Denkmalschutz gestellt. „Wir haben vermutet, dass es älter ist, als gedacht“, sagt Klaverkamp. Wie alt die Balken tatsächlich sind, ist unklar. Erkennbar ist aber, dass einige Stützen erst nachträglich eingebaut wurden.

Pläne der Investoren durchkreuzt

Dass das Gebäude, das wohl 1528 errichtet wurde, nun als Denkmal durchgeht, durchkreuzt die Pläne der Inhaber. „Im Moment bremst uns die Denkmalschutzbehörde aus“, sagt Thomas Hölscher. Ein Termin am 26. Juli mit den Verantwortlichen der Praktischen Denkmalpflege des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) soll das ändern.

Die Liste der Gründe, wieso das Gebäude an der Steinstraße 1 unter Denkmalschutz gestellt wurde, ist lang. „Es stammt aus dem Jahr 1528. Das sagt schon einiges über die Wertigkeit dieses Gebäudes für die Stadt aus. Es gibt nicht viel Vergleichbares im Münsterland oder in der Hellwegregion“, sagt Markus Fischer aus der Pressestelle des LWL.

Immer eine Metzgerei

Das Gebäude zeigt etwa, wie man seinerzeit gewohnt und gearbeitet hat und wie es sich baulich stetig verändert hat. Außerdem zeigt es auf, welchen Bedarf es an Fleischereien gab. Seit dem 19. Jahrhundert war hier stets ein Metzgerei-Betrieb ansässig. Ebenso gäbe es städtebauliche Gründe für den Schutz dieses Gebäudes: „Das Haus ist recht prägend im Stadtbild und gleich an den Marktplatz angeschlossen“, sagt Fischer.

1904 übergab Angelkort den Laden an seinen Schwiegervater Ferdinand Hawers. © Repro Helga Felgenträger

Er möchte die Chancen, ob der Denkmalschutz an der Steinstraße 1 in Werne wieder gestrichen werden könnte, nicht kommentieren. Nur wenn dem Eigentümer es aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr zumutbar wäre, das Gebäude zu erhalten, wäre das möglich. Oder wenn ein öffentliches Interesse darin bestehen würde, könne der Schutz gestrichen werden. Fischer nennt ein Beispiel: Wenn ein denkmalgeschütztes, leer stehendes Gebäude auf einer Wiese für eine Autobahn abgerissen werden soll.

Marode Substanz

Wenn der Denkmalschutz aber fällt, wird sich das Gesicht des Hauses am Marktplatz extrem verändern. Denn die Inhaber möchten das 450 Quadratmeter große Gebäude abreißen. „Es komplett zu entkernen und zu sanieren, würde genauso viel kosten wie ein Neubau“, sagt Hölscher.

Allein um die erste Etage zu sanieren, rechnen die beiden Inhaber mit Kosten von 150.000 bis 200.000 Euro. „Und wer will denn dann diese Wohnung hier mieten?“, fragt Ulf Klaverkamp. Zu wenig Fenster sind in der Wohnung, die 160 Quadratmeter misst., und zu dünn die Wände Die Substanz des Hauses sei aber generell viel zu marode, um es zu sanieren.

Wunsch nach Hotelbetrieb

Deshalb möchten die Inhaber lieber neu bauen. „Dann könnte man gleich auch eine intakte Heizung installieren“, erklärt Klaverkamp aus energetischen Gesichtspunkten. Hätte das Haus eine schöne Fachwerkfassade oder würde man das Denkmal ablesen können, würden sie es auch nicht abreißen wollen, erklärt der Investor.

Für einen möglichen Neubau haben die neuen Inhaber schon ein konkretes Konzept. Eine neue Gastronomie oder gar ein Hotel mit zwölf Gäste-Appartements mit einer Fläche von jeweils 30 Quadratmetern können sie sich hier vorstellen. Dafür soll auf dem insgesamt 250 Quadratmeter großen Grundstück ein deutlich kleineres Gebäude entstehen, „um noch Platz für einen Außenbereich oder einen Innenhof zu haben“, erklärt Klaverkamp.

Gewerbebetrieb im Erdgeschoss

Jetzt erstreckt sich das Gebäude noch sehr lang in die Tiefe, wie der 53-Jährige erklärt. Die Investoren wollen es in der Länge von 17 auf 12 Meter reduzieren und ein dreigeschossiges Staffelgebäude, in das viel Tageslicht scheinen soll, errichten. „Die Fassade könnten wir zum Beispiel komplett mit Glas ausstatten“, sagt Thomas Hölscher.

Im Erdgeschoss soll in jedem Fall wieder ein Gewerbebetrieb einziehen. Das sei auch von der Stadt so vorgegeben, erklärt Hölscher. Die Pläne der neuen Inhaber haben die Verantwortlichen der Stadt jedenfalls schon abgesegnet. Bleibt abzuwarten, wie die Denkmalpfleger reagieren.

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