
© Felix Püschner
Rauchende Schlote oder grüne Oase - beim Industriegebiet werden alle getäuscht
Meinung
Horrorszenario oder Bilderbuch-Look: Wie würde das neue Industrie- und Gewerbegebiet in Werne wohl aussehen? Definitiv nicht so, wie es Gegner und Befürworter darstellen, meint unser Kommentator.
Oftmals hat der erste Eindruck einen erheblichen Einfluss darauf, was wir von einem Menschen oder einer Sache halten. Sympathisch oder nervig. Wunderschön oder abscheulich. Beim Blick auf ein mögliches neues Industrie- und Gewerbegebiet an der Nordlippestraße hat der Betrachter die Wahl zwischen Bilderbuch-Malerei und Horrorszenario. In etwa so stellen es nämlich Befürworter und Gegner des Kooperationsstandorts dar.
Mein Tipp: Leute, jetzt haltet mal die Füße still! Auch oder gerade weil nun die heiße Wahlkampfphase vor dem Bürgerentscheid am 12. Dezember begonnen hat. Ich verstehe die Argumente von Befürwortern und Gegnern durchaus. Aber die Bilder, die sie im wahrsten Sinne des Wortes von der Zukunft zeichnen, kommen eher einer Täuschung als einer Aufklärung gleich.

Diese Maßnahmen sind laut Stadt in einem "nachhaltigen Gewerbepark" möglich. © Stadt Werne
Die Stadt hat mit ihrer Informations-Broschüre dem Ganzen mittlerweile die Krone aufgesetzt. Wer das Heft aufschlägt - oder den Flyer aufklappt -, findet dort die bunte Zeichnung eines „nachhaltigen Gewerbeparks“. Blühende Wiesenflächen, Nisthilfen, Bienenstöcke, Baumpflanzungen und Fassadenbegrünung sind darin beispielsweise aufgeführt. Die Zeichnung ist so bunt, dass man sich fragt, wo denn da noch Platz für Gewerbe sein soll.
Trotz des kurzen Hinweises am Rande, dass es sich hierbei lediglich um eine Illustration der vielfältigen Möglichkeiten eines nachhaltigen Gewerbegebiets handle, kann sich dem Betrachter durchaus der Eindruck aufdrängen, die Stadt habe hier eine Art Hochglanz-Entwurf eines parkähnliches Gewerbegebiets geliefert.
Raffinerien wird es in Werne nicht geben
Die Stadt hat sich mit dieser Zeichnung keinen Gefallen getan. Sie hat sich ins eigene Fleisch geschnitten. Sie hat - ob beabsichtigt oder nicht - genau das getan, was die Befürworter des Kooperationsstandorts den Gegnern - meiner Meinung nach zurecht - immer vorgeworfen haben: ein falsches und übertriebenes Bild von der Zukunft zu vermitteln.
Die Plakate der Gegner konnte man schon vor Monaten bestaunen. Allen voran die Zeichnungen und Fotos von rauchenden Schornsteinen, von Schwerindustrie, von Raffinerien oder dergleichen. Ernsthaft? So könnte das aussehen? Glaube ich nicht. Allein schon aus dem Grund, dass Politik und Verwaltung einpacken könnten, wenn sie so etwas nach all den Versprechungen wirklich zulassen würden.
Sollte das Industrie- und Gewerbegebiet tatsächlich irgendwann kommen, dann liegt die Wahrheit also wahrscheinlich irgendwo in der Mitte. Zwischen Bilderbuch und Horrorstreifen. Zwischen rauchenden Schloten und grüner Oase. Zunächst einmal liegt jedoch alles in der Hand der Wähler. Und die lassen sich hoffentlich nicht so leicht täuschen.
Geboren 1984 in Dortmund, studierte Soziologie und Germanistik in Bochum und ist seit 2018 Redakteur bei Lensing Media.
