Hotel-Verkauf in Werne Die traurige Geschichte von Euphorie, Streit und Enttäuschung

Die traurige Hotel-Geschichte von Euphorie, Streit und Enttäuschung
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Zum zweiten Mal innerhalb von fünf Jahren steht die Millionen-Immobilie an der Stockumer Straße 8 in Werne zum Verkauf. 1,2 Millionen Euro hat Makler Helmut von Bohlen für das 4-Sterne-Hotel „Time4U“ mit rund 770 Quadratmetern nutzbarer Fläche aufgerufen. Der neue Besitzer kauft ein Hotel, das nie so recht Strecke machte; das 2006 mit hochfliegenden Ambitionen an den Start ging; das immer wieder Zank und Ärger erlebte; das ganz aktuell mit einem Aufsehen erregenden Prozess in Verbindung steht.

Den Grundstein, zumindest im übertragenen Sinne, legte der rührige Unternehmensberater und IT-Dienstleister Dr. Jörg Suplie im Jahre 2004. Er ließ mit viel Eifer und Aufwand eine bestehende Immobilie an der Stockumer Straße 8 zum „kleinen, aber schnuckeligen“ Hotel aus- und umbauen. Doch mit klein und zurückhaltend gab sich Suplie nie ab.

Alles etwas dick aufgetragen

Schon zur Eröffnung im Juli 2005 gab der Macher die Devise von „Kulinarik, Kunst und Kultur“ aus. Eine Innenarchitektin habe im Komplex auf Harmonie im Feng-Shui-Stil geachtet. Man wolle den Gästen etwas Besonderes bieten. Ins Bild passte, dass der Hotelname „Villa Suplie“ lautete. Das klang in den Ohren vieler Werner alles etwas zu dick aufgetragen.

Immerhin: Die 4-Sterne-Klassifizierung hatte die Neueröffnung erreicht. Die hat sie bis heute. Obwohl die Betreiber mehrfach wechselten und das Hotel seit einiger Zeit öffentlich nicht zugänglich ist.

An der Spitze sollte auch die Küche des Hotels rangieren. Doch im Laufe der Jahre wechselten mehrfach die Chefköche. Einer, Dieter Gerdes, ging 2010 nach gerade einmal einem Jahr am Herd der Villa Suplie im Streit, wie öffentlich bekannt wurde. Da hatte Suplie bereits den Spaß an seinem Hotel-Kind verloren, das er zu Beginn noch als „meine Liebhaberei bezeichnete“.

Das auf diesem Archivfoto offenkundige Einvernehmen zwischen Dr. Jörg Suplie (l.) und Küchenchef Dieter Gerdes hielt nicht lang. Nach einem Jahr ging man im Streit auseinander.
Das auf diesem Archivfoto offenkundige Einvernehmen zwischen Dr. Jörg Suplie (l.) und Küchenchef Dieter Gerdes hielt nicht lang. Nach einem Jahr ging man im Streit auseinander. © Helga Felgenträger

Nachlassendes Interesse

Sein offenbar nachlassendes Interesse an der Hotellerie drückte sich auch im geänderten Namen des Beherbergungs-Hauses aus. Aus der „Villa Suplie“ wurde das „Romantikhotel Sim-Jú“ (ja, es wurde mit einem französischen Accent aigu geschrieben). Das Restaurant firmierte fortan unter dem Namen „Lippekuss“. Die bodenständigen Werner hielten das alles für ein wenig überdreht. Wenn sie damals schon gewusst hätten, was noch alles folgen sollte, hätten sie den Betrieb wohl keines Blickes mehr gewürdigt.

Die Jahre danach gab es immer wieder Versuche, durch besondere Kunst- und Kulinarik-Aktionen etc. das Geschäft in Schwung zu bringen. Eine Zäsur erfolgte im Jahre 2016. Elf Jahre nach der Eröffnung zog sich Suplie mit seiner GmbH ganz aus dem Hotel- und Restaurantbetrieb zurück und übergab es an völlig andere Betreiber. Diese Redaktion schrieb damals über den Neustart: „Bio-Bettwäsche statt Romantik, leichte vegane Küche statt Vier-Gang-Menüs, Re statt Sim-Jú – die neuen Pächter des Romantikhotels krempeln das Haus an der Stockumer Straße um.“

Gingen voller Tatendrang die Renovierung des Hotels an und fühlten sich wenig später böse übers Ohr gehauen: Ulrike Terbeck und Oliver Benz.
Gingen voller Tatendrang die Renovierung des Hotels an und fühlten sich wenig später böse übers Ohr gehauen: Ulrike Terbeck und Oliver Benz. © Jörg Heckenkamp (A)

Neue Pächter bereuten es bald

Auch wenn der Hotelname „Re“ etwas gewöhnungsbedürftig war (war „Sim-Jú“ schließlich auch), zeigten die neuen Betreiber, Ulrike Terbeck und Oliver Benz, vollsten Einsatz. Mit großem Enthusiasmus, viel Eigenleistung und nicht wenig Geld peppten sie die Immobilie auf, die weiterhin Dr. Jörg Suplie gehörte. Doch ihr Renovierungs-Engagement wurde nicht belohnt. Ganz im Gegenteil. Das Paar sollte seinen Einsatz schon bald bereuen.

Nicht einmal ein Jahr konnte sich das Duo an der Selbstständigkeit an der Stockumer Straße 8 erfreuen, als eine Immobilien-Annonce wie eine Bombe in seine Pläne platzte. Denn Dr. Jörg Suplie hatte das Objekt zum Verkauf gegeben. 1,9 Millionen Euro sollte die Immobilie kosten. Das war für Terbeck/Benz unerschwinglich. Aber noch viel niederschmetternder war ein bestimmter Satz in der Immobilien-Anzeige.

Blick ins Romantikhotel Sim-Jú im Jahre 2010.
Blick ins Romantikhotel Sim-Jú im Jahre 2010. © Helga Felgenträger

„Geschockt über die Nachricht“

„Wir waren geschockt über die Nachricht“, sagte im Mai 2017 Oliver Benz im Gespräch mit der Redaktion. Den Schock löste folgender Satz der Anzeige aus: „Das (...) Anwesen ist derzeit an einen Betreiber verpachtet. Der Pachtvertrag kann auf Wunsch kurzfristig aufgehoben werden.“ Mit dem Betreiber waren Terbeck und Benz gemeint.

Tatsächlich hatten die beiden wohl in Vorfreude auf das neue Projekt den Pachtvertrag nicht genau gelesen und diesen Passus unterschrieben. Suplie war also formal im Recht. Moralisch sah die Sache allerdings anders aus. So meinte damals ein Werner im Gespräch mit der Redaktion: „Da hat er sich von enthusiastischen Pächtern auf deren Kosten die Bude renovieren lassen, und nun verkauft er sie teuer.“ Die Pächter fühlten sich übers Ohr gehauen, gaben kurze Zeit später auf und zogen fort.

Vorhang auf für das nächste Hotel-Kapitel, das mit einem Aufsehen erregenden Prozess in Verbindung steht.

Statt Villa Suplie, Romantikhotel Sim-Jú beziehungsweise kurzfristig "Re" heißt das Haus aktuell "Time4U". Geöffnet hat es nie richtig, nun steht es zum Verkauf für 1,2 Millionen Euro.
Statt Villa Suplie, Romantikhotel Sim-Jú beziehungsweise kurzfristig "Re" heißt das Haus aktuell "Time4U". Geöffnet hat es nie richtig, nun steht es zum Verkauf für 1,2 Millionen Euro. © Jörg Heckenkamp

Verbindung zum Pflegeskandal-Prozess

Es geht dabei nicht um das Hotel selbst, sondern um den Besitzer. Derjenige, der die Immobilie von Suplie gekauft und in das Hotel „Time4U“ verwandelt hat. Beziehungsweise verwandeln wollte. Er muss sich momentan in einem Mammutprozess für einen vermeintlichen Pflege-Skandal seiner Firma in Bönen vor dem Landgericht Dortmund verantworten.

Ihm wird neben Urkundenfälschung ein gewerbs- und bandenmäßiger Betrug in 423 Fällen vorgeworfen. Er soll mit dem Pflegedienst falsche Abrechnungen an die Krankenkassen gestellt und so einen Schaden von 8,1 Millionen Euro verursacht haben.

So könnte der Mann aus Bönen den Verkaufserlös aus dem Hotel in Werne, 1,2 Mio. Euro sind aufgerufen, vermutlich gut gebrauchen.

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