Gotthard Lodensträter (76) aus Werne-Stockum Seit 63 Jahren im Beruf und weiter geht’s

Gotthard Lodensträter ist seit 63 Jahren im Beruf und kein bisschen müde
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Gotthard Lodensträter stammt aus Werne. Genauer gesagt aus Stockum. Das ist seit 76 Jahren sein Lebensmittelpunkt. Genauso wie seine Familie. Und seine Arbeit. Die Arbeit als Schreiner und Zimmerer. Und als Bestatter. „Das hat mein Vater schon gemacht, das war damals als Schreiner so üblich“, sagt Lodensträter.

2023 hat er den Zimmerei-Betrieb aufgegeben. Zwangsläufig. „Mein letzter Mitarbeiter ging in Rente.“ Er aber noch nicht. Als Bestatter macht er weiter. 63 Arbeitsjahre weist seine Vita aus. Und es sollen noch ein paar Jährchen hinzukommen: „Solange es geht.“

Der Reporter hat sich mit Lodensträter an seiner Firma in Stockum verabredet. Doch das Werkstatt-Gebäude ist abgeschlossen, Klopfen bleibt ohne Erfolg. Plötzlich kommt jemand um die Ecke. Federnder Gang, kurze Hose, strahlend weißes Polo-Shirt, weiße Haare, freundliches Lächeln. „Wir gehen am besten ins Büro, um die Ecke“, sagt der Mann, der wohl Gotthard Lodensträter sein muss, und dreht sich um.

Der Stockumer mit einem Foto, das ihn vor einigen Jahren mit seiner Enkelin und dem Stockumer Schützenvogel zeigt.
Der Stockumer mit einem Foto, das ihn vor einigen Jahren mit seiner Enkelin und dem Stockumer Schützenvogel zeigt. © Jörg Heckenkamp

Viele Erinnerungsstücke im Büro

Im großen, hellen Büro steht nur ein Arbeitsplatz. Außerdem sind dort viele Erinnerungsstücke versammelt. Von altem Schreiner-Werkzeug bis Fotos von den Enkelkindern. Lodensträter bietet einen Kaffee an und setzt sich. Wir fangen das Interview mit den Grunddaten an. Geboren wann? „29. November 1947.“

Der Reporter will gerade das Alter ausrechnen, als er sagt: „76“. Wieder huscht ein Lächeln über sein Gesicht. Das macht er viel, während des gut einstündigen Interviews. Lächeln. Dabei erzählt er angeregt und locker. Gotthard Lodensträter vermittelt den Eindruck, dass er genau das Leben lebt, das er möchte. Dass er in sich ruht.

Schreinerei seit 1833

Die Schreinerei Lodensträter existiert bereits seit 1833. „Ein Familienbetrieb“, sagt er. Dass er einmal von Vater Bernhard den elterlichen Betrieb übernehme würde, war damals indes nicht klar. „Ich hab einen Bruder, der anderthalb Jahre älter ist. Der sollte der Nachfolger werden.“ Doch der Bruder wollte nicht so recht, schloss seiner Schreiner-Lehre ein Architektur-Studium an. „Ich hatte mit 14 Jahren eine Schreinerlehre begonnen und war letztlich eher fertig als mein Bruder.“ Als klar wurde, dass der Erstgeborene auf die Firmenleitung keinen Wert legte, „lief alles auf mich zu“.

Doch zunächst führte der Vater den Betrieb an der Werner Straße in Stockum weiter. Gotthard Lodensträter machte währenddessen seinen Meister, den er am 30. Oktober 1973 bestand. Mit etwas Verspätung zeichnete ihn die Kreishandwerkerschaft Hellweg-Lippe deswegen im Frühjahr 2024 mit dem Goldenen Meisterbrief aus.

Im Frühjahr 2024 überreichte Volker Stein (2. v. l.), Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Hellweg-Lippe,  Gotthard Lodensträter den Goldenen Meisterbrief. Mit dabei Ehefrau Irmgard (r.; 72) und Tochter Alexandra.
Im Frühjahr 2024 überreichte Volker Stein (2. v. l.), Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Hellweg-Lippe, Gotthard Lodensträter den Goldenen Meisterbrief. Mit dabei Ehefrau Irmgard (r.; 72) und Tochter Alexandra. © KH Hellweg-Lippe

Betrieb 1984 übergeben

Zurück zur Firmengeschichte, die auch die Lebensgeschichte des 76-Jährigen ist. 1984 schließlich raffte sich Vater Bernhard dazu auf, damals bereits 79 Jahre alt, seinen Betrieb an den Zweitgeborenen zu übergeben. „Damals waren noch mein Onkel in der Firma beschäftigt sowie zwei Angestellte.“

Der Laden lief gut. Gotthard Lodensträter stellte ein. „Zur besten Zeit hatte ich zwölf Angestellte, aber da habe ich mich schnell wieder verkleinert.“ Jetzt zeigt er wieder sein Lächeln. Denn je größer der Betrieb, desto mehr Bürokram. „Den musste ich abends oder am Wochenende erledigen.“ Das wollte er nicht mehr. Ehefrau Irmgard schon gar nicht. Also setzte sich die Traditions-Schreinerei Lodensträter an der Werner Straße in Stockum kleiner.

Wenn Gotthard Lodensträter die Zimmerei auch an den Nagel gehängt hat, so fertigt er doch nach wie vor den Schützenvogel fürs Schießen in Stockum. Hier mit seinen drei Enkelkindern.
Wenn Gotthard Lodensträter die Zimmerei auch an den Nagel gehängt hat, so fertigt er doch nach wie vor den Schützenvogel fürs Schießen in Stockum. Hier mit seinen drei Enkelkindern. © Gotthard Lodensträter

Zimmerei statt Schreinerei

Der Chef schwenkte zudem arbeitsmäßig um. „Zu Beginn haben wir noch Fenster und Türen gemacht.“ Doch das konnten größere Betriebe mit teuren Maschinen besser. „Wir haben uns dann auf die Zimmerei spezialisiert“. Also Dachstühle bauen?, fragt der Reporter. „Genau, oder mal eine Gaube draufsetzen.“ Was immer nebenbei lief, was das Bestattungsgewerbe. „Hatte schon mein Vater gemacht“, sagt Lodensträter.

Nach und nach verkleinerte sich der Betrieb, Mitarbeiter gingen in Rente. Auch Lodensträter ist mit seinen 76 Jahren schließlich schon längst im Rentenalter. Doch noch bis im vergangenen Jahr war er in der Zimmerei aktiv. „Mir hat das immer Spaß gemacht. Trotz der schweren Arbeit.“ Als auch der letzte Mitarbeiter ging, beendete Gotthard Lodensträter das Kapitel Schreinerei/Zimmerei. „Auch deswegen, weil keines unserer drei Kinder Interesse daran hat“, sagt er. Jetzt lächelt er leicht. Aber man kann sich vorstellen, dass er gegen eine Fortführung der Familientradition keinerlei Einwände gehabt hätte.

Arbeit als Bestatter

Doch noch macht er ja weiter, mit Bestattungen. Wenn auch nicht mehr mit Dachstühlen oder Gauben. Etliche seiner Kunden könnten noch gar nicht richtig glauben, dass er die Zimmerei aufgegeben hat. „Es kommen immer wieder mal Anfragen.“ In einer besonderen Holzsparte macht er auf jeden Fall weiter: Er baut seit vielen Jahren den Schützenvogel fürs Vogelschießen des Stockumer Schützenvereins. „Die hatten schon die Befürchtung, dass ich damit aufhöre“, sagt er. Damit hört er natürlich nicht auf.

Das Interview neigt sich dem Ende zu. Lodensträter geht mit dem Reporter für ein Foto nach draußen. Fester Gang, feste Stimme. 63 Jahre ist der Stockumer nun im Beruf. Ob er jemand sei, der nicht so gut aufhören kann? „Ich weiß nicht, wie lange ich noch mache. Solange es geht, denke ich.“ Dann schaut er den Reporter an, lächelt, und sagt: „Um auf Ihre Frage zu antworten: Nein, ich kann nicht so gut aufhören.“

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